Freundeskreis Klassische Yachten

Diskussionsbeiträge: Die klassische Yacht
  
Keine Berufsfahrzeuge?

Ein Beitrag zum Thema: 'Klassische Yachten" . von Jürgen Chr. Schaper

Der Autor David Ryder-Turner zieht in seinen lesenswerten Ausführungen einen deutlichen Strich zwischen Fahrzeugen, die 'ausschließlich zum Zwecke des Lustsegelns konstruiert und erbaut werden" und Arbeitsschiffen. deren Zweck ursprünglich ein anderer war, nämlich Berufstätigkeiten auf See und Flüssen, wie beispielsweise Fischerei oder Frachtfahrt, zu ermöglichen. Im Prinzip mag er damit auch recht haben, obwohl doch in vielen Fällen ein engerer Zusammenhang zwischen beiden Zweckbestimmungen erkennbar war bzw. ist.

So räumt er ja auch ein, dass viele Arbeitsschiffe erfolgreich zu Yachten umgebaut wurden. Allerdings - wie er meint • oft unter mehr oder umfangreichen (und wie er damit offenbar ausdrücken will 'entstellenden" Veränderungen). Das ist oder war sicher leider auch häufig der Fall. muss es aber nicht unbedingt notwendig sein, wie es zum Beispiel unzählige norwegische Fahrzeuge vom Reißbrett Colin Archers oder Küstenfahrzeuge unserer näheren Heimat bezeugen. Man denke nur an den von Max Oertz gezeichneten und auf seiner Werft in Hamburg l 92 l gebauten yachtähnlichen Fischkutter "Holstentor", mit dem Kircheiß 1925/26 als "Hamburg" um die Welt segelte. Danach war das Schiff noch viele Jahre beim Deutschen Hochseesport-Verband als Yacht in Dienst.

Sicher gibt es Unterschiede. So ist einzusehen, dass sich zum Beispiel ein von Colin Archer konstruierter Lotsenkutter nahezu ohne Umbauten hervorragend -wenn auch unter Verzicht auf so genannten Komfort - als "Lustfahrzeug" eignet, ein Fischerboot jedoch erst nach Entfernung der Bünn. Viele Umbauten von Frachtschiffen, ich denke da besonders an zahlreiche Ewer der Unterelbe oder dänische Jagden, haben gezeigt, dass sich die hacht- verhältnismäßig leicht - jedenfalls ohne große konstruktive Änderungen zu Kajütsräumen umbauen lassen, ohne dass dies äußerlich erkennbar ist. Natürlich werden die Schiffe damit im strengsten Sinne immer noch keine Yachten. Aber wo liegt die Grenze? Der Begriff der Yacht läßt sich letztendlich - wie bei allen Schiffen - nicht aus der Konstruktion, sondern ausschließlich aus der Zweckbestimmung des Eigners definieren. Gute Beispiele hierfür sind übrigens nicht auf Europa beschränkt. Auch die US-amerikanischen und kanadischen Fischereischoner eigneten sich nicht nur als Yachten, sondern ihre Konstruktionen befruchteten in besonderer Weise den früheren Yacht- besonders den Rennschonerbau. Ja, meist waren es auch dieselben Konstrukteure. Auch Oertz und Rasmussen konnten mit ihren Werften allein vom Yachtbau nicht leben.

Ein weiteres Beispiel (natürlich nur eins von vielen) dafür ist - oder war - auch die im selben Heft zum Thema " 100 Jahre Segelclub Eckernförde" auf Seite 26 ohne Kommentar abgebildete Kutter "Nordfriesland." Auch in der zugrunde liegenden sehr informativen Jubiläums-Festschrift des SCE ist das Bild ohne weiteren Hintergrund der Schiffs-Geschichte abgebildet.

Dieses Schiff hat in seinem langen Leben mehrfache Veränderungen vom Arbeitsschiff in eine Segelyacht und zurück erfahren und somit ein gutes Beispiel dafür, dass sich viele frühere Arbeitsschiffe auch als Yacht eigneten, 1888 bekam Johann Junge an der Stör den Auftrag zum Bau von zwei Dienstfahrzeugen mit scharfen Linien und einem eisernen Mittelschwert. Die beiden 13,25 m über Deck messenden, yachtähnlichen und als Kutter getakelten Fahrzeuge wurden als Fischereiaufsichtsfahrzeuge an Nord- und Ostsee eingesetzt und waren allen vergleichbaren Berufsfahrzeugen an Geschwindigkeit, Wendigkeit und Seetüchtigkeit weit überlegen. An einem Halbmodell der "Ostfriesland" im Altonaer Museum kann man deren harmonische Linien studieren. Nur der - gewässerbedingte -geringe Tiefgang mit dem Schwert unterschieden den Riss von den zur selben Zeit in England gebauten Rennkuttern.


"Nordfreisland"

Während die "Ostfriesland" in den Mündungen von Weser, Ems und Jade für Ordnung sorgte, wurde die "Nordfriesland" nach Eckernförde verlegt. Die Technik machte schnelle Fortschritte, und so wurden beide Segelfahrzeuge nur wenige Jahre später durch motorgetriebene ersetzt und als Yachten an private Eigner verkauft. Die "Nordfriesland" an Glasau in Borby (später Eckernförde). Von diesem erwarb mein Onkel Hans Schaper (1888-1 953) das schöne Schiff Anfang 1913, nannte es "Welle III" und segelte mit ihr bis zum Ausbruch des l. Weltkrieges Fahrten und auch Regatten mit Erfolg. Er ließ alles wie es war. 1918 wurde es verkauft und später zum Krabbenkutter umgebaut. Es fuhr unter dem Namen "Fortuna" von Büsum und zuletzt von Friednchskoog und wurde Ende 1964 abgewrackt. Nur der winzige Dienstschreibtisch in meinem Hause erinnert noch an dieses Schiff, eins von vielen guten Beispielen eines erfolgreichen Wechsels von Arbejts-schiffen in Yachten - und umgekehrt.

Als Fazit bleibt: Wie die Bedürfnisse der Berufsschifffahrt den frühen Yachtbau, so hat dieser auch stets die Konstruktion von Bemfsschiffen befruchtet, und ein ständiger Austausch hat seit jeher statt gefunden.. Einfacher gesagt: Wenn Hein mit seiner Emma auf einer ausrangierten Hafenbarkasse zum Spaß auf der Elbe herum tuckert, dann ist das eben jetzt eine Yacht. Kauft sich Fiete eine Jolle zum gewerblichen Stellen von Aalreusen, ist diese flugs zum Fischerboot mutiert - mit oder ohne Umbau, in

Quellen: Herbert Karting "Schiffe aus Wewelsfleth" Band III, (l 985), Lloyds Register oft Yachts (1914), Kalender Küstenszenerie (1982) (Verlag Heinemann), Hans Schaper "Logbuch WELLE III," Korrespondenz mit Herbert Karting (l 986), Carl Kircheiß "Meine Weltumsegelung mit dem Fischkutter HAMBURG, (1928).





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