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Kurz berichtet: 5. Classic Yacht Symposium

Teil 1: Der Zauberkasten des Konstrukteurs

Im ersten Teil des Classic Yacht Symposiums öffnete Torsten Conradi, dritter Partner im Konstruktionsbüro judel/vrolijk & co, den Zauberkasten eines Yachtkonstrukteurs. Es wurden die grundsätzlichen Unterschiede zwischen Boxrules und Handicap Rules erklärt und die wichtigsten Bestandteile einer Vermessungsregel wurden erläutert. Danach führte uns Torsten Conradi durch die Entwicklung der Konstruktionsformeln, die mit steigendem physikalischem Wissen aber auch mit steigender Erkenntnis über die daraus entstehenden Yachten immer komplexer wurden. Anhand der IOR Formel wurden dann wie Wirkprinzipien der einzelnen Regel-Komponenten (wie Länge, Breite, Gurtmaße, Segelfläche, ...) erklärt. Letztendlich ging es um die Frage, wie der Konstrukteur innerhalb einer Formel die Lücken erkennt und die schnellen Schiffe daraus entstehen. Dies erfolgte ausnehmend kompetent anhand von konkreten Beispielen und ausgeführten Konstruktionen. Die an den Vorschlag anschließende Diskussion und Fragerunde beleuchtete dann etliche Detailfragen und auch Aspekte wie Zeitgeist, technisches und physikalisches Verständnis sowie Ästethik wurden angesprochen.

Teil 2: Der Technik-Teil

Den Start machte Dr. Niko von Bosse, er gab einen Überblick zum Thema Korrosion mit der Zielsetzung, einmal zu klären, was ist gesichertes Wissen und müsste künftig nicht weiter vertieft werden und was ist andererseits noch nicht so klar und sollte daher auf dem nächsten Symposium weiter behandelt werden. Grundlage des Vortrages war die Auswertung verschiedener Fachbücher und Veröffentlichungen.
Es zeigte sich, dass über die verschiedenen Materialien von verzinktem Stahl über Edelstahl bis zu den verschiedenen Bronzen eigentlich alles sehr genau bekannt ist. Die Neigung von Edelstahl zu Lochkorrosion und die Vorzüge mancher Bronzen wurden dargestellt, aber auch die katastrophalen Korrosionsfolgen, wenn verschiedene Metallen in Kontakt zu einander stehen oder geraten.
Als Fazit ergab sich, dass man genau hinsehen muss, welche Situation am Einbauort des Materials herrscht und welchen Anspruch man an das Ganze hat. Es ist also neben der Wissensfrage vor allem eine Bewertungsfrage und in Folge eine Entscheidungsaufgabe, welches Material man wo einsetzt. Weitere Klärungen könnten zum Thema Isolation bei Mischbauweise, Bezugsquellen für Materialien und Erfahrungen von Bootsbauern erfolgen. (Dieser Vortrag kann - mit einer Tonspur versehen - per eMail an info@fky.org angefordert werden.)

Im zweiten Technik-Vortrag ging es um die Ursachen galvanischer Korrosion auf Yachten auf Grund von gewollten oder ungewollten elektrischen Verbindungen, außerdem um elektrolytische Korrosion durch externen Stromfluss. Vortragender war Thomas Dührkop, er leitet die Arbeitsgruppe Yachtelektriker des DBSV und ist Geschäftsführer der Global Maritime Management GmbH. Im Fall der galvanischen Korrosion sollten möglichst gar keine Verbindungen zwischen verschiedenen metallischen Komponenten an Bord vorhanden sein, aber es bleibt dann noch die Wirkung von feuchtem Holz. Bei der elektrolytischen Korrosion entstehen die Probleme durch vagabundierende Ströme, verursacht durch Landstromanlagen ohne Trennung, falsche Erdung an Bord und benachbarte Yachten. Kritisch ist, wenn metallische Einbauten an Bord durch einen Potentialausgleich miteinander verbunden sind und dabei Fehler gemacht wurden oder Verbindungen sich lösen. Andererseits sollten starke Verbraucher an Bord mit einander verbunden sein, es ist also eine nicht ganz einfach zu verstehende Materie und daher sollte möglichst ein Fachmann hinzugezogen werden.

Teil 3: Zwei Restaurierungsprojekte

Zwei erfolgreiche Restaurierungen wurden vorgestellt, die jede für sich eine hohes Maß an Leidenschaft, Individualität und Einsatz kennzeichnen. Detlef Lutz berichtete über seine LILL, einem dänischen Folkeboot von 1947. Er gab Einblicke in sein Nähkästchen, wie er LILL, zu einem zweiten Leben verhalf - durch "Gartenarbeit!" Dort waren die Wege zum Boot kurz und so konnte viel Zeit für Eigenleistung eingebracht werden. Ein Umstand, der nicht bei jeder Restaurierung möglich ist. Das Projekt zeigt auch, dass sogar Arbeiten am Rückrad durch handwerkliches Geschick, Fleiß und das Bewahren der Maxime vieler Hafenmeister "im Sommer segeln, im Winter arbeiten“ möglich wurde. Es ist nicht verwunderlich, dass Detlef - sensibilisiert durch mehrere Restaurierungen anderer Fahrzeuge - die Restaurierungs-Philosophie des FKY "Bewahren" vor "Erneuern" lebte, ohne die Charta zu kennen.

Ganz anders ergab sich die Erkenntnis bei Eigner Sigi Rittler und Jörg Mossnang vom Starnberger See mit der weltgereisten Sonderklasse TILLY XV, die 1912 in Hamburg bei Willy von Hacht vom Stapel lief. Nach einer ersten „Schnell-Restaurierung“ mit Umbauten zum technisch optimierten, sehr siegreichen Regattaboot kam der 100ste Geburtstag näher. Das gab auch Anlass zur Rückbesinnung auf das Segeln der Sonderklasse von 1912 ohne die zahlreichen modernen Umbauten und Veränderungen, was eine neue Herausforderung schuf - Rückbau in den Originalzustand zum 100sten Geburtstag ! Das moderne hochgetakelte Alurigg mit Mylar Garderobe wich der Gaffeltakelung mit vielen originalen Details. Das freistehende Ruder wich dem angehängten Ruderblatt am Originalballast. Das Deck wurde erneuert und mit Leinen aus dem Künstlerbedarf bespannt uvm. Und so nahm TILLY XV zum 100sten Geburtstag wie 1912 der an der Kieler Woche teil - mit 2 Mann Crew, viel Stollergrund-Wasser im Boot und Sonderapplaus auf der Bahn. Die Glücks-Wellen auf der Förde bei frischem Ost schlugen bei der Crew so hoch, dass man zur Birthday Party kurzerhand nach Düsternbrook zum KYC lief, um das Stegbier wie die damaligen Crewmitglieder u.a. Seine Hoheit Prinz Heinrich zu Preussen zu zelebrieren. Zum Bewahren zählt eben auch die Kultur - sagt auch die "Charta", die Jörg und Sigi erst seit wenigen Wochen kennen.

Detlef und Jörg haben übrigens ihre Restaurierungen nach den "Charta"-Kriterien selbst eingestuft. Die Möglichkeit eines "Charta"-Profils soll für alle Boote ermöglicht werden. Hierzu ist eine "Charta"-Checkliste entworfen, die eine standardisierte Einstufung jedes Bootes hinsichtlich des Boots-Zustand und des kulturhistorischen Wert ermöglicht. Dazu mehr auf dem 6. Symposium im Februar 2020 - zusammen mit einem spannenden und ausführlichen Restaurierungsvortrag über ein bedeutsames Boot englischer Herkunft, soviel sei schonmal verraten.



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