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Square Metre Rule Jubilee 2008

Der Schärenkreuzer, Schwedens Beitrag für die Seglerwelt, feiert seinen 100. Geburtstag. Hier finden Sie die Hintergrundinformationen.


Kurze Erläuterung der Schärenkreuzerregel:

Die Schärenkreuzerregel wurde 1908 angenommen und 1925 überarbeitet. Es gibt folgende neun Klassen: 15, 22, 30, 40, 55, 75, 95, 120 und 150 Quadratmeter. Die Zahl gibt die maximale vermessene Segelfläche an. Der Gedanke ist, dass die Segelfläche begrenzt ist, während der Rumpf innerhalb gewisser Regeln frei gestaltet werden kann.
Die Regeln für den Rumpf greifen vier wichtige Maße auf, welche die Geschwindigkeit des Bootes beeinflussen: das Gewicht, die Kiellänge, die mittlere Breite und die Freibordhöhe.
Diese Maße stehen alle im Verhältnis zu einer Wasserlinienlänge, die einige Centimeter über dem Wasserspiegel gemessen wird. Die Wasserlinienlänge bestimmt die erzielbare Geschwindigkeit, wenn man sie verlängert, wird folglich das Boot schneller. Der Gedanke ist, dass man die Länge vergrössern kann und dadurch ein schnelleres Boot zeichnet; aber dann muss man auch die geschwindigkeitshemmenden Größen im Verhältnis steigern.
In jeder Klasse gibt es eine Mindestgröße für die verschiedenen Maße. Wenn man folglich eine Yacht mit einer Wasserlinienlänge länger als das Mindestmaß zeichnet, muss man die vier anderen Grössen auch steigern.


Die Schärenkreuzer in Deutschland im Überblick

“Der Ausgang des 1. Weltkrieges stellte den Deutsche Seglertag im Jahre 1919 vor eine schwierige Aufgabe. Eine Teilnahme an internationalen Segelwettfahrten war durch das Diktat der Siegermächte und durch den Ausschluss des D.S.Vb. aus der International Yacht Racing Union unmöglich geworden. Daher bestand von deutscher Seite kaum noch Interesse an dem internationalen Messverfahren der Meter-Formel. Um international regattieren zu können, musste sich der deutsche Segelsport nach neuen Partnern umsehen. Man fand sie schließlich in den neutralen Ländern des Ostseeraumes, insbesondere Schweden, wo die Schärenkreuzerklassen bevorzugt wurden.” (Klaus Kramer im “Yachtsportarchiv” über die Hintergründe der “Schärenkreuzerpolitik” des Seglerverbandes)

Folglich wurde 1920 auf Bestreben des Hamburger Segelvereins und der Kieler Seglervereinigung versuchsweise der 40-qm-Schärenkreuzer eingeführt und unter der Bezeichnug 40-qm-Rennkreuzer zu Wettfahrten zugelassen. Beim Seglertag 1925 gelang es den Küstenvereinen, eine Zulassung der schwedischen 40-qm, 30-qm und 22-qm Schärenkreuzerklassen nach den im Herbst 1925 vom Schwedischen Seglerverband neu überarbeiteten Bestimmungen durchzusetzen.
Schon 1924 gewann Erich Laeisz, Eigner der berühmten „Flying P-Liner“, mit seiner Schäre “Pan” vor dem ostschwedischen Sandhamn den begehrten Ostseepokal. Zwei Jahre später gelang es Prinz Heinrich, der mit seinem Schären 30er “Sphinx” für den Norddeutschen Regatta-Verein antrat, den Pokal unter großem Jubel erneut nach Deutschland zu holen.

Die sogenannten „rasenden Zahnstocher“ entwickelten sich in Deutschland zu den beliebtesten Rennklassen. Sie galten als hervorragende Fahrzeuge für Küstengewässer und gleichzeitig, wie Konstrukteur Henry Rasmussen resümierte, als „ein Boot für hohen feinfühligen segelsportlichen Genuss, kurz ein Rennkreuzer in bestem Sinne des Wortes.“ Große Flotten entstanden nicht nur an der Küste, auch auf den Binnenrevieren, insbesondere auf den Gewässern um Berlin. Die Nationalen Kreuzer- und die 30-qm-Rennklassen wurden von den Schärenkreuzern verdrängt.

1929, nach Beendigung des zehnjährigen Sportboykotts durch die International Yacht Racing Union, wurden die „Amerikarennen“, die vor dem Kriege mit der Sonderklasse vor Marblehead/ USA ausgetragen wurden, mit den 30er Schärenkreuzern fortgesetzt. Bei diesen deutsch-amerikanischen Vergleichs-regatten schlugen die Schären 30er “Hathi”, “Glückauf” und “Kickerle” die amerikanische Konkurrenz. Die siegreichen deutschen Boote mussten sich nur dem Schweden Eric Lundberg geschlagen geben, der im Anschluss an die deutsch-amerikanischen Wett-kämpfe an einigen weiteren Rennen teilnahm. In der deutschen Presse wurden die Ereignisse vor Marblehead als internationaler Segelsieg Deutschlands euphorisch gefeiert. Die “Yacht” berichtete ausführlich über den Hoover Cup. 1930 in Sandhamn gelang es den deutschen Booten mit Teamchef Erich Laeisz, diesmal auch die schwedische Konkurrenz zu besiegen. „Zum ersten Mal seit Bestehen des Länderwett-kampfes sind die Schweden mit ihren eigensten Booten im eigenen Segelrevier geschlagen“, frohlockte die “Yacht” (Heft 30/1930).

Der Schärenkreuzer hatte in Deutschland seinen Höhepunkt erreicht, das Segelestablishment konzentrierte sich nun, nach Aufhebung des IYRU-Boykotts und wieder möglicher Teilnahme an den Olympischen Spielen, auf die mR-Yachten. Der “normale Segler” suchte in den 30ern nach günstigeren Booten, Entwürfe für Einheitsklassen entstanden...

Renaissance der 30er
Mitte der 60er Jahre kam in Deutschland wieder Leben in die 30er Klasse, Fredi Winterhalter, Geselle bei der Werft Beck auf der Insel Reichenau, baute aus Holz einen von Reimers gezeichneten 30er als Meisterstück - die „Bijou I”. “Anders als die älteren Konstruktionen ist ‘Bijou I’ etwas breiter, hat ein voller geschnittenes Vorschiff und einen breiteren Spiegel. Bevor das zweite Schiff mit den erfolgreichen Linien, ‘Bijou II’, in die USA an den Lake Michigan verkauft wurde, nahm Winterhalter eine Form vom Rumpf für spätere GfK-Bauten ab, ‘Bijou’ wurde zum Modell der heutigen Bauvorschriften am Bodensee: Ab 1984 wurden als Neubauten nur noch der 30m2 Schärenkreuzer Onedesign nach der Konstruktion von Knut Reimers zugelassen. Aus der Konstruktionsklasse nach der 30er Schärenkreuzerregel wurde in Deutschland eine Einheitsklasse.” (Erdmann Braschos in “Eleganz aus den Zwanzigern”, siehe rechte Spalte) Die 30er-Klassenvereinigung am Bodensee hatte mit ihrer Einheitsklassenpolitik Erfolg, zahlreiche Kunststoffneubauten entstanden, verabschiedete sich aber vom Prinzip der Konstruktionsklasse.
www.30sk.com

Die Renaissance der 40er
Speziell auf dem Starnberger See entwickelte sich im Einklang mit der Renaissance der Holzboote eine große Flotte von 40er Schären. Die Klasse war wieder interessant geworden. Um die Boote vergleichbar zu machen, versahen nahezu alle Eigner ihre Schären wieder mit der alten Takelage und machten sie zu 40ern mit gültiger Segelvermessung.
Zudem waren etliche interessierte Segler bereit, 40er aus Skandinavien nach Süddeutschland zu holen, zehn an der Zahl.
Anfang der Segelsaison 1997 wurde die Klassenvereinigung der 40er Schärenkreuzer neu gegründet.
www.40qmschaerenkreuzer.de

Eine Neugründung neben den genannten Klassenvereinigungen ist die SESCA, die South European Skerry Cruiser Association: In Absprache mit dem Schwedischen Schärenkreuzerverband (SSKF) wurde 2006 dieser neue Schärenkreuzerverband gegründet. Der Verband soll durch seine Struktur die Möglichkeit bieten, dass alle Schärenkreuzer-Typen und -Segler bei einer
Dachorganisation “Unterschlupf” finden und je nach Anzahl und Aktivi-tät sich selbst weiter organisieren. Ein weiteres Ziel ist es, unter Mitwirkung der SSKF entsprechend den geltenden schwedischen Klassenvorschriften Neubauten zu fördern, zu unterstützen und mit Rat und Tat zu begleiten. Dies gilt auch für Restaurierungen alter Konstruktionen.
www.sesca-online.eu

Wilfried Horns


Schärenkreuzerinfos:

Viele interessante Materialien zur Geschichte der Schärenkreuzer lassen sich im Yachtsportarchiv des Freundeskreises finden:

“Eleganz aus den 20ern”
Erdmann Braschos schildert die “ganze Geschichte” der Schärenkreuzer und ihrer Konstrukteure,
veröffentlicht im Mitgliederblatt des Freundeskreises Klassische Yachten 7/97
www.fky.org/yachtsportarchiv/klassennotizen/

290 (zweihundertneunzig!) spannende Risse, Fotos, Artikel zum Thema Schärenkreuzer aus der “Yacht” bringt die Suchanfrage “Schärenkreuzer” im “Yacht”-Archiv ans Licht!
www.fky.org/prestodata/search.php4?mask=presto

Im “Register klassischer Yachten” sind schließlich eine Vielzahl der heute noch existierenden Schären beschrieben.
www.fky.org/yachtregister.htm


Neu: "100 Jahre Faszination Schärenkreuzer"

Christa-Maria Krüger hat gründlich recherchiert und auf 70 Seiten die reich bebilderte Geschichte der Konstruktionsklasse 30er Schärenkreuzer im deutschsprachigen Raum aufgezeichnet.

Seit vielen Jahren ist Christa-Maria Krüger mit der Renaissance der 30er-Klasse eng verbunden, zunächst lange Jahre im Vorstand der 30er-KV, seit 2006 als Vorstandsmitglied der SESCA.

Das Buch ist als Privatdruck erschienen.


Link-Tipps:

Schärenkreuzer-Internetseiten
Filmchen







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