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Klassenmeisterschaft der 15er Rennjollen

Ein völlig subjektiver Erlebnisbericht mit ein bisschen geschichtlichem Drumherum über die Internationale Klassenmeisterschaft der 15m²-Rennjollenklasse auf dem Ratzeburger See
17/18. August 2013 im Segler Club Hansa von 1898 e.V

Wann es das letzte Mal eine internationale oder nationale Klassenmeisterschaft in der 15qm Rennklasse (M) gab, konnte ich bisher nicht herausfinden. Vermutlich in den 40iger Jahren.

Eigentlich gab es ja bereits in den letzten Jahren immer wieder Artikel und Belebungsversuche der M-Jolle – sogar einen Neubau mit Designansprüchen. Leider blieb die Dynamik für eine geschlossene Klasse aus. Was bei N, Z und J in Sachen einer jährlichen Meisterschaft möglich wurde, wollte bei den M Rennjollen nicht so recht gelingen.
Die letzten historischen M-Jollen wurden jedenfalls in den 50iger Jahren gebaut.

Und wo??
Eben genau dort, wo dieses Jahr, nach jahrzehntelanger Pause, eine Internationale Klassenmeisterschaft für die 15qm Rennklasse ausgeschrieben stand - im nicht minder jungen Segler Club Hansa von 1898 e.V. in Ratzeburg nahe Lübeck, der nach dem 2. Weltkrieg den Willen zeigte, die M-Jolle wieder zu forcieren. Dieser Wille dazu scheint offenbar ungebrochen und hat, ich nehme es vorweg, sich letztlich durchgesetzt.

Zu verdanken ist dieses M-Ereignis in erster Linie dem Engagement von Steffen Thiemann (H 161), der bereits im Jahr zuvor mit den Vorbereitungen dafür im Zuge der "Schanzenberg Klassik" begonnen hat.
Der geschichtsträchtige Ort und Veranstalter, auch die Motivation für eine 15er IKM waren gefunden – wunderbar - jetzt fehlten nur noch die M-Jollen. Kein Problem, es wurden ja ohnehin über 850 Stück gebaut. Doch Halt – schon ein Problem – Wo sind die dann alle geblieben?

Dirk Frischmuth mit seiner AEUMORPHIA M 226 hat sich schon vor Jahren auf die Suche nach den letzten Familienmitgliedern der M‘s gemacht und meine Wenigkeit – eigentlich im Clan der Z und N aufgewachsen – habe Österreich abgesucht. Das Ergebnis war ernüchternd.
Bis dato wurden 14 Stück im deutschsprachigen Raum gefunden. Die letzte in Berlin von Max Reichhardt. Der wusste vor 6 Jahren noch gar nicht, dass es M-Jollen überhaupt gab – geschweige denn, wie eine M-Jolle aussieht. Das soll aber keine Kritik sein, sondern den Hinweis geben, dass Rennjollen aus einer einstigen Hochburg Berlin bis vor 7 Jahren gänzlich von der Wasseroberfläche verschwunden waren. Dafür erfreut sich Berlin jetzt wieder umso mehr eines regen Zulaufes an Regattateilnehmern mit Rennjollen im Zuge der jährlichen Havel Klassik. Von den 14 gefundenen M’s stellten sich jedenfalls leider nur 7-8 Stück als segelbar heraus...

Jedenfalls am Vortag der nun ausgeschriebenen Regatta standen FÜNF 15qm Rennjollen, nebeneinander, eine schöner als die andere, in der ersten Reihe am Ufer des Segler Club Hansa von 1898 e.V. zum Segeln bereit.
Vier aus Hamburg und eine aus Mondsee. Alle bereits über 70 Jahre alt.
M 9 WILDFANG III
M 10 BERLIN BILL
M 12 WILDFANG
M 226 AEUMORPHIA
M 766 WEEF
Ein gemütlicher Grillabend gibt den Einstieg zu einem spannenden Segelwochenende gemeinsam mit den Seglern von 29 weiteren Holzbootklassikern H, Z, J, Hansajolle, Folke Junior, Jollenkreuzern….

Der erste Regattatag beginnt mit einem reichhaltigen Frühstück – noch schnell eine Generalversammlung für die M-Segler einberufen, konzentrierte Diskussionen – rasche Entscheidungen – wir fahren alle ohne Trapez - M 226 mit Gennaker und M 9 mit Spi , die anderen ohne Vorwindwäsche – Vergütungsbewertung abgestimmt – M-Schnitten verteilt und rein in die Boote, die wie unruhige Vollblutrennpferde in den Boxen die innere Spannung anmerken lassen.
Beruhigend hingegen wirkt der „Grillgeruch“ einer Dampfbarkasse, die am Steg daneben mit trockenem Buchenholz betriebsbereit gehalten wird.
Mit einer guten Brise und freundlichem Wetter fährt das Feld hinaus auf den Ratzeburger See bei Südwind an einen klassischen Kurs.
Nach einem gelungenen Start die erste Kreuz. M 9 kann als erster die Luv Boje runden, dicht gefolgt von M 226. Sofort erfolgt der erbarmungslose Angriff von M 226 unter Gennaker, und übernimmt rasch die Führung. Bei der Lee-Boje zerreißt M 9 beim Bergemanöver der Spinnaker. M 226 baut die Führung aus und bringt den ersten Wettfahrtsieg auch nach Vergütung sicher nachhause –gefolgt von M 9, M 12, M 10 und M 766
Im Anschluss bei weiterhin guter Brise die 2te Wettfahrt als Lange Wettfahrt angesetzt. Beim Start gibt es Einzelrückruf – doch es ist keine M – M 226 gewinnt das Match gegen Z 113 an der ersten Bahnmarke gefolgt von M 9, dann geht es in einem langen Schlag mit den drei führenden Rennjollen in Richtung nächster Bahnmarke. M 9 setzt den Kurs tiefer und vermutet dort einen besseren Windstrich. Die Rechnung geht auf.

Humorvolles Erstaunen macht sich hingegen unter den Führungsteams breit, als die Bahnmarke sich auf einmal zu bewegen beginnt und dem Fahrwasser des Bojenlegerbootes folgend, in Richtung 100 Meter nach Luv abwandert. M 9 hat zu diesem Zeitpunkt eine Position eingenommen, die für dieses „passive Bojenmanöver“ begünstigende Auswirkungen zeigt und kann daher als erster runden. Mit noch immer kaputtem Spi muss M 9 zusehen wie Z 113 und M 226 entspannt die lange Vorwindstrecke vorbeiziehen und entwischen. In der M-Wertung ein weiterer Wettfahrtsieg für M 226 gefolgt von M 9, M 12, M 10 und M 766.
Ein gemütlicher Abend folgt. Mit reichhaltigem Buffet, Bier,.. und geselligem Beisammensein wird die Kulisse mit Live-Musik abgerundet. Man blickt durchwegs in zufriedene Gesichter, die meisten keine Unbekannten – so gesehen eben sehr familiär.
Der 2te Regattatag bringt etwas sorgenbehaftete Falten in das Gesicht des Wettfahrtleiters. Er Ruft mit so einer kuhgeräuschmachenden Schleudermaschine, einem alten englischen Nebelhornkasten, die Teilnehmer zusammen.
Auch wenn sich der See bei starker Brise von seiner, das Seglerherz erfreuenden Seite zeigt, weiß er bereits, es kommt eine Unwetterzelle ganz rasch auf uns zu. Es gilt daher die Weisung, alles festzumachen und abzuwarten. Geduldig wird die Front abgewartet, vorbeigelassen und sofort ausgelaufen.
Der Wind ist nicht verschwunden und so geht es zur letzten Wettfahrt. Alle gut über den Start. Wieder haben sich M 226 und M 9 gut positionieren können, auch die beiden Z im Feld und eine H sind ganz vorne dabei. M 9 wendet bei 2 Winddrehungen mit, verpasst aber dadurch einen Lift, der sich unter Land für M 226 und die beiden Z 224 und Z 113 als günstig erweist.
M 226 geht in gewohnter Manie diesmal bereits früher in Führung und lässt auch diesmal nichts anbrennen. Mit exzellenten drei Einsern werden Dirk Frischmuth und Jonathan Huth auf Ihrer M 226, AEUMORPHIA zum Internationalen Klassenmeister der 15qm Renkklasse gekürt.
Der Vizetitel geht an Artur u. Ernst Vlasaty auf M 9, Wildfang III.
Dritter wird: Rainer Enßlin und Hardi Hübner auf M 10, Berlin Bill
Punktegleich gefolgt von: Manfred Möller und Heike Ritt auf M 12, Wildfang
und: Manuela Schrader und Carl Christian Wulff auf M 766, Weef
Bei der Preisverteilung und Siegerehrung gab es nebst Erinnerungspreisen vor allem reichlich Wanderpreise (Anm.: nicht nur „Wanderbojen“)
Alles in allem kann man sagen, einen besseren Auftakt für die M´s hätte man sich nicht träumen lassen und die geschichtsträchtigen M-Jollen, so denke ich, haben es auch nicht anders verdient. Mit diesem Tag scheint es, so wie einst, gelungen zu sein, dass nun jede Rennjollenklasse jährlich zu einer Internationalen Klassenmeisterschaft zusammenkommen wird.
Danke! Steffen - und Danke! an die Hansa Clubmitglieder.

a.v.



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