Freundeskreis Klassische Yachten

Die Anstricharbeiten 

Wie man's in den 50er Jahren machte - zusammengetragen aus Artikeln der "Yacht"

Die Farben bestimmen den Gesamteindruck des Bootes

Welche Farben für den Anstrich eines Bootes gewählt werden, gilt als eine Angelegenheit des persönlichen Geschmackes. Das stimmt nur zum Teil. Sehr stark spielt die gerade herrschende Mode hier eine Rolle. Der weiße Anstrich, der lange Zeit fast ausschließlich herrschte, ist sehr stark von der Naturlackierung, die den Farbton und die Maserung des Holzes erhält, verdrängt worden. Daneben trifft man immer häufiger Boote mit bunten Anstrichen. Neben dem eleganten Schwarz wird vielfach ein schönes Rot, ein leuchtendes Blau und auch ein dunkleres Grün verwandt. Gegen die Verwendung bunter Farben für den Anstrich der Außenhaut spricht eigentlich nur die fest eingewurzelte Gewohnheit. Bei Einheitsklassen, wie bei den Star-, Drachen- oder Haibooten, wo die bunten Farben bisher am meisten Verwendung gefunden haben, erleichtern sie das Unterscheiden der sonst ja völlig übereinstimmenden Boote und geben dem Eigner die Möglichkeit, seinem Boot bei aller sonstigen Gleichheit ein besonderes Gesicht zu geben, ohne mit den sehr scharfen Bauvorschriften dieser Klasse in Konflikt zu geraten.

Wichtiger ist aber, dass man durch eine geschickte Wahl der Farben die Möglichkeit hat, den Gesamteindruck eines Bootes zu verändern. Wie groß diese Möglichkeiten sind, kann jeder selbst feststellen, wenn er einmal Berufsfahrzeuge miteinander vergleicht. Ewer, Fischkutter, Tjalken, Motorsegler von demselben Typ bekommen durch die verschieden gewählten Anstriche ein völlig verschiedenes Gesicht. Im allgemeinen lässt ein schwarzer Lackanstrich ein Schiff größer erscheinen, während es durch einen weißen Anstrich lichter und damit kleiner wirkt. Man wird die schönen schlanken Linien einer rassigen Rennyacht durch einen schwarzen Anstrich zu erhöhter Wirkung bringen. Ein dicker klobiger Pott aber wird durch die schwarze Farbe noch plumper wirken. Daher sollte man solche dicken Schiffe weiß streichen.

Daneben gibt es noch zahlreiche andere Möglichkeiten, um unschöne Formen eines Bootes zu mildem oder die schönen Linien zu betonen. Ein schmaler oder breiter weißer oder andersfarbiger Strich im Wasserpass, der das Überwasserschiff scharf von dem Unterwasserschiff trennt, kann bei einem schlanken Boot die Schönheit der Linien steigern. Er kann aber auch bei einem Boot mit weniger schlanken Linien diese Form noch besonders betonen und dadurch die entgegengesetzte Wirkung erreichen. Allgemein kann man sagen, dass solche farbigen Striche in der Horizontalen das Boot niedriger erscheinen lassen. Das ist wichtig für hochbordige Fahrzeuge, die man daher meistens mit einer goldenen oder andersfarbigen Hohlkehle oder mit einer möglichst andersfarbigen Scheuerleiste versehen wird. Man kann dadurch z. B. einem Jollenkreuzer oder einem kurzen hochbordigen Seekreuzer viel von der Plumpheit nehmen. Oft wird durch die Hohlkehle oder durch die Scheuerleiste, die eine Bronzeschiene tragen kann, dieses Ziel allein nicht erreicht; manchmal wird es auch nicht ratsam sein, eine Scheuerleiste aufzusetzen, da sie die Breite und Dicke des Bootes unterstreicht. Dann wird es sich empfehlen, den Schergang (oberster Plankengang) eines weiß lackierten Bootes natur zu lackieren oder andersfarbig zu streichen und bei einem natur lackierten Boot den Schergang entsprechend farbig zu halten. Umgekehrt empfiehlt es sich, Booten mit sehr geringem Freibord einen durchgehend einfarbigen Anstrich zu geben. Vielfach wird bei weiß lackierten Booten der Wasserpass höher gelegt, damit die Außenhaut unten nicht, wenn das Boot länger still liegt, den unangenehmen Schmutzstreifen bekommt. Aber dadurch, dass man den Wasserpass höher legt, wirkt das Boot wieder hochbordiger. Wer Wert auf einen gefälligen Gesamteindruck seines Bootes legt, wird das also nur machen, wenn sein Schiff ohnehin einen geringen Freibord hat.

Nicht unwichtig ist weiter die Wahl des Anstriches für das Kajütdeck. Es wird sich meistens nicht empfehlen, dieselbe Farbe wie für das Gesamtdeck des Bootes zu wählen. Statt des üblichen gelben oder grauen Decksanstriches wird man für das Kajütdeck einen weißen Anstrich vorziehen, weil der Aufbau dadurch weniger betont wird und kleiner erscheint.

Erwähnt sei, dass man durch die Wahl des Anstriches die Raumstimmung einer Kajüte entscheidend bestimmen kann. Durch den weißen Anstrich der Kajütdecke erreicht man eine große Helligkeit in der Kajüte. Ob man z. B. auch die Wände des Aufbaues weiß lackieren kann, hängt von den jeweiligen Verhältnissen ab. Es dürfte sich nur empfehlen, wenn die Aufbauten im Verhältnis zur ganzen Kajüte klein sind. Durch Betonung der Waagerechten durch einen farbigen heraushebenden Anstrich oder auch durch Zierleisten wird meistens der Eindruck einer größeren Ausdehnung in der Länge entstehen, der oft bei hohen Kajüten zu erstreben sein wird. Gefährlich wird es aber meistens sein, die Wegerung und die Außenhaut innen weiß zu streichen, weil dadurch die Kajüte zwar an Helligkeit gewinnt, aber an Behaglichkeit einbüßt. Auf jeden Fall wird man aber die Unterseiten des Decks weiß streichen, weil das die Kajüte heller macht. Ob man die Decksplanken und die Balkenknie ebenfalls weiß streicht und dadurch absetzt und besonders hervortreten lässt, wird von den gegebenen Verhältnissen abhängen.

Bei der Wahl des Innenanstriches stehen allerdings den Forderungen der Schönheit praktische Gesichtspunkte gegenüber, die entscheidend sein können. So würde es sich z. B. oft empfehlen, dass die Außenhaut innen zugunsten größerer Helligkeit und einer besseren Raumstimmung einen Anstrich mit weißer Ölfarbe erhält. Der Eigner wird aber oft trotzdem die Außenhaut innen nur ölen, damit die Planken, die an ihrer Außenhaut bereits einen dichten Lacküberzug tragen, nicht auch an ihrer Innenseite durch einen dichten Farbfilm zu stark abgeschlossen werden. Ein Deckshaus, der Raum an Bord, den man zuerst mit nassem Zeug betritt, wird man besser natur lackieren, weil man dann den hier unvermeidbaren Schmutz nicht so sieht wie z. B. auf weiß lackierten Türen und Seitenwänden.


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