PFLEGE & RESTAURIERUNG

Altes Schiff, was nun?

Versuch einer Standortbestimmung für Schiffs-Restaurierungen und maritime Denkmalpflege
von Joachim Kaiser

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Zauberworte schwirren durch die Szene, ohne die kein Vortrag, kein Aufsatz mehr auskommt: Restaurierung, Denkmalschutz und Rekonstruktion. Oder für Fortgeschrittene: Solitäre oder seriengebundene Objekte, quellengerechte Bewahrung und Echtheitskritik. Gern sieht man es als Eigner, wenn die Beschreibung einer mühevollen, üblicherweise viel zu teuren Schiffsinstandsetzung mit dem Attribut „originalgetreu restauriert“ geschmückt werden kann. So gern und viel all diese Begriffe und Begriffsinhalte benutzt werden, so wenig wird leider ihre Bedeutung und ihre - am Objekt zu prüfende - Richtigkeit hinterfragt.

Entlehnt sind sie allesamt aus den Hilfswissenschaften der Geschichte, vorwiegend dem Denkmalschutz, aber auch der Kunstgeschichte und der Industrie- Archäologie, wo sie recht genau umrissene Bedeutungen haben. Die meisten entstammen der Gebäudedenkmalpflege, sind also für den Umgang mit Bauernhäusern, Barockschlössern oder auch Wassermühlen zugeschnitten. Ihre Übertragbarkeit auf historische Schiffe, gar auf solche, die intensiv genutzt werden, ist naturgemäß begrenzt, nirgendwo aber wurde bisher definiert, wie sie in diesem Bereich zu verstehen sind. Der Erfolg ist, daß die Begriffsinhalte reichlich schwammig sind und die Bandbreite dessen, was gegenwärtig als „Restaurierung“ dahergesegelt kommt, mit der strengen Ursprungsbedeutung des Begriffs nur noch wenig zu tun hat.

Anlaß genug, sich einmal genauer mit den so viel gebrauchten Begriffen auseinanderzusetzen und nachzulesen, wie ihre Bedeutung in den Disziplinen verstanden wird, aus denen sie entlehnt sind.


Die Quelle

In den Geschichtswissenschaften bezeichnet man Quellen im weitesten Sinn als die ursprünglichen Zeugnisse, aus denen jegliche Geschichtsschreibung und nachträgliche Interpretation schöpft. Man unterscheidet dabei zwischen Schriftquellen, Bildquellen, mündlichen Quellen und Sachquellen, jeweils unterteilt nach Primärquelle und Sekundärquelle. Um immer gleich die Brücke zu schlagen: Ein altes Logbuch ist natürlich eine Schriftquelle, und zwar eine Primärquelle, ein darauf fußender, später verfaßter Reisebericht dagegen eine Sekundärquelle. Ein historisches Photo der METEOR, ganz klar, ist eine Bildquelle, Primärquelle; hat Willi Stöwer danach einen Ölschinken gepinselt, so ist der nur als Sekundärquelle einzustufen..

Was mündliche Quellen sind, ist klar. Wir alle bedienen uns ihrer, wenn wir alte Fischer, Werftleute oder Dampfmaschinisten nach ihren Erfahrungen ausfragen. Wie mit diesen flüchtigen Quellen normalerweise umgegangen wird, steht auf einem anderen Blatt geschrieben (beziehungsweise gerade nicht...).

Schier unübersehbar ist, welche Objekte die wissensdurstigen Historiker und ihre Kombattanten als Sachquelle verstehen: Mal eine Urne aus der Bronzezeit, mal der Schminktisch einer Renaissancefürstin, mittelalterliche Folterwerkzeuge oder das historische Modell einer Schiffsmühle usw. Die Aufbewahrung solcher Kleinobjekte ist Aufgabe der Museen und Sammlungen, für ihre Bestandserhaltung beschäftigt man Konservatoren, für ihre Instandsetzung Restauratoren.

Großobjekte sind alles das, was nicht mehr in ein Magazin paßt, sondern qua Freilanderhaltung bewahrt werden muß, meist in situ1: Kirchen und Burgen, Schiffshebewerke und gründerzeitliche Wassertürme. Oder eben auch Schiffe.

Zum Charakter von Quellen gehört es, daß sie von Forschern aller Fachrichtungen mit immer neuen Fragen befragt werden; man denke hier nur an die aktuellen Quantensprünge in der Materialanalyse. Bestünde gar keine Aussicht mehr auf einen zukünftigen Erkenntnisgewinn, dann könnte man aufwendig zu erhaltende Quellen irgendwann getrost vernichten, wenn man sie für hinreichend dokumentiert und ihren Aussagewert für erschöpft hielte. Ein wesentliches Argument für die Erhaltung von Sachquellen besteht aber gerade darin, daß ihre Originalsubstanz im ursprünglichen Gefüge erhalten bleiben muß für zukünftige Fragestellungen, die wir uns heute noch nicht einmal ausmalen können.


Das Denkmal

Ursprünglich verstand man unter einem Denkmal zum Beispiel ein Reiterstandbild, eine Stele, einen Gedenkstein, der an eine berühmte Person oder ein großes Ereignis erinnerte, vom Ursprung her eigentlich also eine künstlerisch gestaltete Sekundärquelle. Erst im 19. Jahrhundert weitete sich der Denkmalsbegriff allmählich auf große Sach- und Primärquellen aus, die unmittelbare Rückschlüsse auf Personen, Ereignisse oder Zeitumstände gestatten: Die Frankfurter Paulskirche für die Revolution von 1848, oder, um gleich ein problematisches Beispiel zu nennen, Goethes Geburtshaus in Frankfurt (Im Zweiten Weltkrieg zerbombt und später wieder komplett neu aufgebaut; 130 000 Besucher pro Jahr.)

Die Eintragung eines wie auch immer gearteten Objekts in die Denkmalsliste seines jeweiligen Bundeslandes ist ein hoheitlicher Akt. Sie ist Ausdruck des öffentlichen Interesses an der dauerhaften Erhaltung des betreffenden Objekts, begründet in dessen Quellenwert in geschichtlicher, künstlerischer oder wissenschaftlicher Hinsicht. Mit der Unterschutzstellung wird dem Eigentümer eine Erhaltungsverpflichtung auferlegt und sein Recht zur beliebigen Veränderung oder Zerstörung eingeschränkt. Zum Ausgleich kann er auf öffentliche Zuschüsse hoffen (momentan eher nicht), zumindest aber seine Aufwendungen zum Erhalt des Denkmals steuerlich absetzen. (Denkmalschutz ist Ländersache und wird in jedem Bundesland unterschiedlich praktiziert.Die Fachbehörden sind häufig unterteilt in Denkmalschutz (zuständig für Inventarisation, Unterschutzstellungsverfahren, Erforschung von Denkmalen, Gutachten etc.) und Denkmalpflege (fachliche Betreuung von Erhaltungs- und Restaurierungsmaßnahmen, begleitende Dokumentationen ect.))

Ein Denkmal ist nicht nur durch bloßes Alter gekennzeichnet, es muß repräsentativ sein für die Epoche, den Umstand, wofür es steht. Die Masse an alter Bausubstanz - und alles, was nicht rechtzeitig umgehauen wird, ist ja auch irgendwann alt - zwang die damit befaßten Historiker zur Entwicklung schlüssiger Definitionen.

Heute gelten im Denkmalschutz für die Unterschutzstellung historischer Einzelobjekte folgende Kriterien:
- Ein Denkmal zeichnet sich aus durch original erhaltene Substanz,
- durch Singularität (Einzigartigkeit, Besonderheit)
- und durch geschichtliche Bedeutung.

Vor allem die erste Forderung ist dabei entscheidend. Ein Objekt, das durch Veränderungen und Erneuerungen gleich welcher Art seine Originalsubstanz eingebüßt hat, taugt bei genauer Hinsicht nur noch sehr eingeschränkt als Sachquelle,
als ursprüngliches Zeugnis. Erste Aufgabe des Denkmalschützers ist es also, die stoffliche Identität des Ursprungsobjektes mit dem vorliegenden zu vergleichen. Diese ist in der Regel nie hundertprozentig, was seinen Quellenwert durchaus nicht vermindern muß, ein Denkmal kann sich auch dadurch auszeichnen, daß es zeittypische Veränderungen widerspiegelt. Ein Denkmal ohne Originalsubstanz wäre ein Widerspruch in sich. Oberstes Ziel der Denkmalpflege, der Konservatoren und Restauratoren muß es also immer sein, erhaltene Originalsubstanz für die Nachwelt zu bewahren.

Was schließlich unter „geschichtlicher Bedeutung“, „Singularität“ und „öffentlichem Interesse“ zu verstehen ist, haben die Zeitgenossen in allen Epochen unterschiedlich verstanden. Im Wilhelminischen Zeitalter war man fasziniert vom Hochadel und restaurierte alles an Residenzen und Kaiserpfalzen, was übriggeblieben war. Die Sozialgeschichtler der 70er Jahre dagegen wandten der „Geschichte der Herrschenden“ den Rücken zu und interessierten sich vorrangig für die Alltagskultur der einfachen Bevölkerung. Folglich wurden nun einfache Wohnhäuser aus Arbeitersiedlungen, Nissenhütten und Plattenhäuser unter Denkmalschutz gestellt. Frühere Generationen hätten ihnen jegliche geschichtliche Bedeutung abgesprochen.

Das Argument der Singularität, also Einmaligkeit, ist in sich etwas fragwürdig. Ohne Zweifel muß das letzte erhaltene Exemplar einer ansonsten ausgestorbenen Gattung unter Schutz gestellt werden - aber muß man denn immer erst so lange warten, bis nur noch ein einziges übrig ist? Gedanken über Schutzmaßnahmen muß man sich viel früher machen, denn der Bestand an historischen Objekten reduziert sich ganz von selbst und unabhängig von deren rechtlichen Status. Unfälle wie Feuer, Kollision und Untergang geschehen unbeeindruckt von Verwaltungsakten, und besser, es bleiben am Ende drei wunderbare, aber leider ähnliche Objekte übrig als gar keins. Aber der institutionelle Denkmalschutz möchte es eben vermeiden, Dubletten zu sammeln, was unter dem Gesichtspunkt der sparsamen Mittelverwendung ja auch sinnvoll ist.

Seit Mitte unseres Jahrhunderts kümmert sich der Denkmalschutz verstärkt auch um sogenannte Technische Kulturdenkmäler. Um die Erhaltung von Wind- und Wassermühlen hatte man sich früher schon bemüht, nun rückten ganze Fabrikanlagen, auch Eisenbahnbrücken, Schleusen und Wasserwerke in den Mittelpunkt des Interesses. Der Begriff „Industrielle Archäologie“ war geboren, und man erkannte, daß die frühen Sachzeugen des Industriezeitalters auf ihre Weise ebenso aussagekräftige Denkmäler waren wie gotische Dome oder klassizistische Herrenhäuser. Auch die UNESCO folgte diesem Trend und nahm die Völklinger Eisenhütte (Saarland) in die Liste des „Weltkulturerbes“ auf, gleichberechtigt neben dem Mont Saint-Michel, der Kathedrale von Canterbury oder dem Kloster St. Gallen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Im Bereich der Technik- und Industriegeschichte hat man den Versuch unternommen, die vielen unterschiedlichen Denkmale bestimmten Kategorien zuzuordnen, eine Unterteilung, die auch für unser eigentliches Betrachtungsgebiet hilfreich ist:
- Historisch typische Objekte
- Historisch einzigartige Objekte („Solitäre“)
- Anfangs- und Endglieder einer technischen Entwicklungsreihe
- Sozialgeschichtliche Strukturen aufzeigende Objekte.
All diese Bewertungskriterien für technische Kulturdenkmale können einzeln oder kombiniert an den jeweiligen Objekten auftreten.

Eine weitere Untergruppe besonderer Art stellen die beweglichen Denkmale dar, wozu Fahrzeuge aller Art, aber auch Maschinenaggregate zählen. Sie machen den Denkmalschützern schon deshalb Probleme, weil ihnen die Unart zu eigen ist, Ländergrenzen überschreiten und damit Amtszuständigkeiten wechseln zu können. Wird für solch ein zweifelhaftes Objekt Denkmalschutz beantragt, so erfolgt zunächst, was unschlüssige Amtsinhaber stets vorzuschalten pflegen: Die Zuständigkeitsprüfung. Warum sollte auch ein Schiff, das nach Brandenburg gehört, in Hamburg unter Denkmalschutz gestellt werden (oder gar eins aus Norwegen)? Es hat sich dazu die Praxis eingebürgert, ein gewisses Minimum an Gemeinsamkeiten zwischen dem beweglichen Objekt und seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort einzufordern. Gute Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung sind gegeben, wenn das Objekt an seinem jetzigen Aufenthaltsort hergestellt wurde oder dort lange seinen Dienst versehen hat.

Schiffe, die in situ erhalten oder sogar in Fahrt gehalten werden, sind erst in jüngster Zeit zu Objekten des Denkmalschutzes geworden, und dies auch nur in wenigen Bundesländern. Die unterschiedliche Kulturgesetzgebung der Länder tat sich oft sehr schwer mit mobilen Objekten, in deren Erhaltungskonzept sogar das planmäßige Überschreiten der Landesgenzen verankert ist - denn natürlich sollen Denkmäler normalerweise gerade nicht außer Landes gebracht werden. Die großzügigste Praxis ist in Schleswig-Holstein auszumachen, wo eine ganze Reihe historischer Schiffe in die Liste der technischen Kulturdenkmale aufgenommen worden ist: An stationären die frisch restaurierte Viermastbark PASSAT in Travemünde, während in Itzehoe der hölzerne Fracht-Ewer HERMANN vorm dortigen Rathaus traurig vor sich hingammelt. Aber auch eine ganze Reihe mobiler Denkmäler: Der Eisbrecher STETTIN (der sogar einen Teil des Jahres im Bundesland Hamburg verbringt), der Flensburger Fördedampfer ALEXANDRA, die Kieler Hafenfähre STADT KIEL und in Glückstadt der hölzerne Segel-Zollkreuzer RIGMOR, noch ohne Mast und Segel.

In Niedersachsen ist die Praxis uneinheitlich je nach Regierungsbezirken. Die Bezirksregierung Lüneburg, zuständig für die südliche Elbseite, hat ohne viel Federlesens den hölzernen Frachtschoner HERMINE in Cuxhaven unter Schutz gestellt (steht dort auf dem Trocknen), den stählernen Frachtewer mit Holzboden MARGARETHA von Buxtehude (liegt dort im Hafen) und den in Fahrt befindlichen stählernen Besanewer HEINRICH von der Lühe. Aber auch ein sehr viel jüngeres, ganz unromantisches Schiff: Den stählernen 299-BRT-Frachter GREUNDIEK in Stade als Beispiel eines frühen Küstenmotorschiffs (Baujahr 1950). In anderen Regierungsbezirken Niedersachsens hat man sich dagegen strikt geweigert, entsprechende Schiffe unter Schutz zu stellen

In der Welthafenstadt Hamburg steht nur ein einziges Schiff unter Denkmalschutz, und das auch nur nach langen amtsinternen Diskussionen und mit sanftem öffentlichen Druck: Der aufwendig restaurierte Staatsdampfer SCHAARHÖRN. Alle anderen denkmalwürdigen schwimmenden Objekte hat die Fachbehörde bisher abgewiesen.

Ähnlich uneinheitlich (oder geradezu willkürlich) geht es in fast allen Bundesländern zu, und dies an der Schwelle zur europäischen Integration.


Technische Kulturdenkmäler: Peildampfer SCHAARHÖRN, Eisbrecher STETTIN und Feuerschiff ELBE III beim Hafengeburtstag 1998 (Foto: J. Kaiser)

Doch wenden wir uns von den zuständigen Fachbehörden ab und den Objekten selbst zu: Denkmalschutz, so viel ist klargeworden, hat etwas mit der Grundeinstellung von Menschen gegenüber alten Dingen zu tun. Weil diese Grundeinstellung unabhängig von Verwaltungsakten ist, soll in unseren Betrachtungen künftig nicht differenziert werden zwischen registrierten und nicht registrierten Denkmälern.


Das Museum
aus griechisch mouseion „Ort für gelehrte Beschäftigungen“

Ähnlich wie das „moderne“ Denkmal ist auch das Museum ein Kind des 19. Jahrhunderts. Von der reinen Sammlung unterscheidet es sich dadurch, daß es über die reine Bestandsbildung und Präsentation hinaus Forschungen über seine Sammlungsgegenstände anstellt und entsprechende Ergebnisse öffentlich macht. Die Aufgabenbereiche eines jeden Museums lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Sammeln, Verwahren, Inventarisieren, Dokumentieren, Präsentieren und Publizieren.

Bei so vielen Fremdwörtern ist sogleich klar: Das Museum ist eine wissenschaftliche Einrichtung. Welche Museen bei der heutigen Großwetterlage noch imstande sind, diesen hehren Zielen gerecht zu werden, ist eine ganz andere Frage; die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben viele Häuser gezwungen, sich im Wesentlichen aufs Verwahren und Präsentieren des „dreidimensionalen Kulturguts“ zu beschränken, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt. Nicht selten haben es Denkmalschutz und Museen mit den gleichen Objekten zu tun, die Art von deren Behandlung und die dabei verfolgten Ziele können aber durchaus unterschiedlich sein. Nach außen dokumentiert sich dies auch dadurch, daß Objekte in Museumsbesitz in der Regel nicht unter Denkmalschutz gestellt werden. Befaßt sich der Denkmalschutz vorwiegend mit Objekten, die noch in praktischen Nutzungszusammenhängen stehen (Gebrauchsgut), so ist das Objekt im Museum jeder praktischen Nutzung entzogen, es ist Teil einer Sammlung (Kulturgut), dient der wissenschaftlichen Erforschung und Präsentation. So jedenfalls sollte es eigentlich sein. Natürlich aber stellt die Publikumsbesichtigung eines historischen Museumsschiffes auch eine Form von Nutzung dar, die nicht frei von baulichen Eingriffen (Ein- und Ausgänge, Fluchtwege) und Abnutzung gestaltbar ist.

Während in anderen großen Seefahrtsnationen früh schon Museumsschiffe in den Rang von nationalen Identifikationsobjekten erhoben wurden (Klipper CUTTY SARK in London, Fregatte CONSTITUTION in den USA, Polarforschungsschiff FRAM in Oslo, Panzerkreuzer AURORA in St. Petersburg usw.), hinkte Deutschland in diesem Punkte um Jahrzehnte hinterher. Unsere Schiffahrtsmuseen begnügten sich auch weiterhin damit, aussterbende und ausgestorbene Schiffe durch Modelle, Zeichnungen und Fotos zu dokumentieren. Weitab von der Küste befaßte man sich jedoch noch rechtzeitig mit der Erhaltung von Primärojekten: Das Deutsche Museum in München erwarb 1957 den letzten Seefischer-Ewer HF 31 MARIA und stellte ihn in seiner Eingangshalle auf - voll aufgetakelt, das Vorschiff seitlich aufgeschnitten. Bereits seit 1921 hatte dieses Museum das erste U-Boot der Deutschen Kriegsmarine in seiner Schausammlung (U-1 von 1906), ebenfalls seitlich aufgeschnitten. Beide Objekte haben einen enormen Quellenwert und sind nebenbei wahre Besuchermagneten.

Das erste Museum in Deutschland, das Konzepte für den Fahrbetrieb historischer Schiffe entwickelte, was das Museum für Hamburgische Geschichte. Schon 1957 hatte sich dessen damaliger Direktor um den Erhalt eines damals noch in
Fahrt befindlichen Frachtdampfers bemüht, was unter anderem jedoch an dessen Größe scheiterte. 1959 übernahm das Museum dann einen Dampfschlepper und hielt ihn einige Jahre lang in Fahrt, bis er im Eis lecksprang und sank. Seit 1959 betreibt das Museum die ehemalige Polizeibarkasse OTTO LAUFFER, ein Dampfschiff von 1928. Der jetzige Direktor Jörgen Bracker erweiterte den Bestand um das Feuerlöschboot WALTER HÄVERNICK und den Schwimmkran HHLA 1, alle Fahrzeuge werden von ehrenamtlichen Helfern in Fahrt gehalten.

Inzwischen besitzen auch mehrere andere Museen eigene historische Schiffe, meist werden diese aber nur stationär genutzt. Insgesamt befinden sich in Deutschland schätzungsweise um die 30 historische Schiffe im Museumsbesitz.

Viel mehr werden es auch in Zukunft nicht sein. Bedauerlicherweise, muß man sagen, denn die langfristige Erhaltung von Originalsubstanz ist zweifellos am besten in einem Museum gewährleistet, das überdies nicht zu problematischen Umnutzungen gezwungen ist. Das Privileg, in einem Museum zu überleben, wird also stets nur einer kleinen, auserwählten Zahl von besonders erhaltenswürdigen Schiffen vorbehalten bleiben. Dieser Umstand einerseits und die damalige Fülle an erhaltenen, zugleich aber akut in ihrem Bestand bedrohten Schiffen hat in den 70er Jahren, als sich immer mehr Privatleute in allen möglichen Spielarten des Denkmalschutzes zu engagieren begannen, zur Gründung von diversen Museumshäfen an unseren Küsten geführt. So segensreich deren Tätigkeit für den Erhalt vieler Dutzend historischer Schiffe auch war und ist, so problematisch war der Begriff Museumshafen dabei seit Anbeginn. Allen diesen Vereinsinitiativen fehlte und fehlt der für ein wirkliches Museum unabdingbare wissenschaftliche Überbau, das umfassende Archiv, die Fachbibliothek und die Forschungsabsicht; oft sind selbst die öffentliche Präsentation und Zugänglichkeit nur ansatzweise gewährleistet. Mit dieser neuen Begriffsbesetzung hat sich auch das Verständnis dessen gewandelt, was ein Museumsschiff ist bzw. eigentlich sein sollte. Unter der Flagge der Museumshäfen segelt heutzutage - neben einigen vorbildlich restaurierten Exemplaren, die das Etikett „Museumsschiff“ mit Fug und Recht tragen - leider eine ganze Reihe anderer, deren Quellenwert ziemlich fragwürdig ist, um es vorsichtig zu sagen. Aus dem Amerikanischen schwappt dazu gerade ein passender Ausdruck herüber: „Lookalikes“ (etwa: „Welche, die so aussehen als ob“).


Konservierung
aus lateinisch conservare „erhalten, haltbar machen“

Die Konservierung, also Bestandserhaltung einer Sachquelle, besteht im einfachen Falle in der Fernhaltung von schädigenden Außeneinflüssen (Durchfeuchtung), der Abwendung oder zumindest Verlangsamung von Verfall. Eine Konservierungsmaßnahme kann auch in physikalischen oder chemischen Eingriffen bestehen (Heißluft gegen Holzwurm, Fungizide gegen Pilzbefall). Maßnahmen, welche die Substanz des Objekts verändern, gehen über eine Konservierung hinaus. Strittig kann dabei beispielsweise sein, ob der Außenanstrich der Originalsubstanz zugerechnet wird oder nicht - bei einem Ölbild keine Frage, bei Stockholms WASA auch nicht, sicher aber nicht bei einem in Fahrt befindlichen Schiff, das immer jedes Jahr neu gepinselt worden ist.


Restaurierung
aus lateinisch restaurare „wiederherstellen“

Wenn beschädigte kunstgeschichtliche Objekte einer sachgerechten Instandsetzung bedürfen, so spricht man von Restaurierung: Die Entfernung von Schmutzschichten, vielleicht auch unsachgemäßen Übermalungen von einem Ölbild, die Befestigung herausgefallener Edelsteine oder Intarsien aus einem Reliquar oder einer Schatulle am ursprünglichen Platz. Solange es sich dabei um Maßnahmen innerhalb der Originalsubstanz handelt, nichts erneuert oder Fehlendes hinzugefügt wird, bleibt der Begriff relativ scharfumrissen. Auch der Ersatz einiger schadhafter Ziegelsteine in einem mittelalterlichen Mauerwerk durch solche von identischem Maß und Aussehen, die vielleicht der Ruine eines Nebengebäudes entnommen sind, geben Praktikern noch keinen Anlaß zu Grundsatzdiskussionen. Als ebenso legitim wird es angesehen, wenn innerhalb von technischen Denkmalen irreparable Teile, die einer Serienproduktion entstammen, durch identische Modelle der gleichen Baureihe ausgetauscht werden. Je mehr der ursprüngliche Restaurierungsbegriff jedoch auf die Instandsetzung komplexer Gebrauchsgegenstände und Großobjekte ausgedehnt wird, desto schwieriger wird die Abgrenzung gegen Begriffe verwandten Inhalts wie Reparatur, Austausch, Ersatz und Rekonstruktion.

Ein guter Weg zur Erhaltung eines beschädigten alten Gebrauchsgegenstandes kann in der Wiederherstellung seiner Funktionstüchtigkeit bestehen. Kein Problem, so lange sich der gesplitterte Mast leimen läßt, auch mit einem Spund aus identischem Holz läßt es sich leben. Ist der alte Mast aber unrettbar kaputt (oder die Flügel der Windmühle, die Deichsel des Pferdewagens etc.), so geht immer auch ein Stück Originalsubstanz dahin, wenn man ihn ersetzt, und wenn das neue Stück noch so akkurat nachgebaut ist. Bezogen auf den alten Mast, dürfte man von einer Restaurierung dann nicht mehr reden. Bestünde der Quellenwert des fraglichen Schiffes gerade in der erhalten gebliebenen Originalsubstanz des Riggs, so ginge der Ersatz mit der Zerstörung des eigentlichen Denkmalwerts einher, ein fragwürdiger Vorgang also. Bei einem echten Museumsschiff könnte die Frage beispielsweise lauten, ob es zwecks Erhaltung von wertvoller Originalsubstanz nicht geboten wäre, besser auf die Wiederherstellung der vollen Betriebsfähigkeit zu verzichten.

Ganz anders die Ausgangslage, wenn der Mast im Laufe des Schiffslebens immer wieder ersetzt worden ist, ein Verschleißgegenstand war, und der Denkmalswert hauptsächlich in der Demonstrierbarkeit ursprünglicher Funktionszusammenhänge besteht. Wenn diese mit einem neuen Mast wiederhergestellt werden, das Restaurierungsziel also auch in der Wiederherstellung der ursprünglichen Nutzungsmöglichkeiten besteht, könnte man durchaus noch von einer Restaurierungsmaßnahme reden. Man sieht: Die Grenzen sind fließend je nach Definition und Grundeinstellung.

Soviel aber ist unbestritten: Restaurierung bedeutet in erster Linie die Erhaltung von Originalsubstanz, kann in bestimmtem Rahmen aber auch die Ergänzung von fehlenden oder Ersatz von abgängigen Details an einem insgesamt aber vorhandenen Objekt bedeuten. Restaurieren kann man immer nur, was noch da ist, kommt neues Material ins Spiel, so rutscht man streng genommen bereits hinüber ins Kapitel „Rekonstruktion“.

"Schiffe haben ihre Schicksale und tragen Spuren ihrer Geschichte solange an sich, bis man diese Spuren beseitigt. Man sollte es nicht tun!" Prof. Dr. D. Ellmers, Deutsches Schiffahrtsmuseum Bremerhaven

Frischzellenkur: Zollkreuzer RIGMOR, gebaut 1853, zur Restaurierung auf der Kutterwerft von Dawartz in Tönning. Alte Bausubstanz erhalten? Meister Dawartz: "Rut mit den ooeln Schiet!" (Foto: Kaiser)

Die Rekonstruktion
aus lateinisch re-construere „wiederherstellen, nachbilden“

Keine Maßnahme ist im Denkmalschutz so umstritten wie die Rekonstruktion. Logisch eigentlich, denn Denkmalschutz und Denkmalpflege gilt dem Erhalt von Originalsubstanz und nicht dessen Ersatz und Kopie. Stets neue Nahrung erhält die Diskussion aus dem Lager der Architekten, deren Einfluß auf den Gebäudedenkmalschutz (und um den geht es dort ja vorrangig) traditionell sehr stark ist. Im Berufsethos der Architekten ist die Ablehnung gegen jedwede Rekonstruktion tief verwurzelt, man spricht dort verächtlich von „Nachäffen“. Was einmal weg ist, soll lieber neu gestaltet werden, und jede Erneuerung soll auch als solche erkennbar sein, die Handschrift ihrer Zeit tragen, alles andere wird als versuchte Vortäuschung unhistorischer Zustände, als Geschichtsklitterei verstanden. Klarer Fall, wird hier der wache Leser resümieren, sofern er nicht selbst einer ist: Wir bräuchten auch nur halb so viele Architekten, wenn man immer alles so ließe oder wiederaufbaute, wie es vorher war. Originalgetreue Rekonstruktionen verengen den Gestaltungsdrang der Architekten und werden folglich von ihnen nicht unbedingt geliebt.

In der Praxis folgt die Denkmalpflege diesem Grundgedanken nur teilweise.
Kein vernünftiger Mensch würde, wenn einem Renaissanceschlößchen eins seiner vier Ecktürme abhanden gekommen ist, dort eine postmoderne Glas/Stahl-Konstruktion plazieren. Man würde immer eine getreuliche Nachbildung der anderen drei Türmchen herstellen - immer vorausgesetzt, die entsprechende Befundlage ist eindeutig. Teilrekonstruktionen gehören in der denkmalpflegerischen Praxis also durchaus zum üblichen Repertoire. Trotzdem wird an diesem Punkt immer sehr genau hingesehen, und regelmäßig scheiden sich auch die Geister an dieser Glaubensfrage.

Doch klammern wir zunächst einmal aus, was man nicht tun darf (siehe dazu weiter unten „Restaurierungssünden“), sondern wenden uns den goldenen Rgeln zu, die auch überall dort Geltung haben, wo innerhalb einer Restaurierung Reparaturen und Ersetzungen vorgenommen werden.

An die Qualität einer denkmalsgerechten Rekonstruktion wird folgender Anspruch erhoben: Sie soll formgerecht, materialgerecht und handwerksgerecht ausgeführt sein.

Für den Denkmalpfleger macht es einen nicht unerheblichen Unterschied aus, ob die jeweilige Rekonstruktion die Nachbildung eines noch vorhandenen, insgesamt aber abgängigen Objekts ist, oder ob das fragliche Teil schon lange nicht mehr vorhanden gewesen ist. Nicht ohne Grund: Wenn bei der Rekonstruktion eines vom sauren Regen zerfressenen Sandstein-Engels (die selbstverständlich material- und handwerksgerecht vorgenommen wird) das bedauernswerte Original noch Modell sitzen kann, vielleicht auch Fotos aus besseren Tagen zur Hand sind, kann normalerweise nicht viel schiefgehen. Hingegen hat die Neuanfertigung einer schon vor langen Jahren abhandengekommenen Barocktür, an die sich niemand mehr erinnert, das neue Rigg eines längst mastenlosen alten Schiffsrumpfs, über den es keine verläßlichen Aufzeichnungen gibt, immer spekulative Züge. Jeder Eigner pflegt die entstandenen Auslegungsspielräume entsprechend seiner Nutzungsabsichten und seines persönlichen Geschmacks zu gewichten.

Wenn überhaupt schon rekonstruiert werden muß, so der Wunsch der Denkmalpfleger, dann sollte es am besten noch im Angesicht der zerstörten Primärquelle, in jedem Fall aber zeitnah geschehen, nach Auswertung aller verfügbaren Sekundärquellen.

"Das Schiff, auf dem Theseus mit den jungen Menschen ausfuhr und glücklich heimkehrte, den Dreißigruderer, haben die Athener bis zu den Zeiten des Demetrios von Phaleron aufbewahrt, indem sie immer das alte Holz entfernten und neues, festes einzogen und einbauten, derart, daß das Schiff den Philosophen als Beispiel für das vielumstrittene Problem des Wachstums diente, indem die einen sagten, es bliebe dasselbe, die anderen das verneinten." Plutarch (46-125 n. Chr.)

Wiederaufzimmerung der ARTEMIS bei Jugend in Arbeit Hamburg e.V. - Restaurierung oder Rekonstruktion? (Foto J. Kaiser)

Besondere Beachtung wird dem Begriff der schleichenden Rekonstruktion gezollt. Gerade Gebrauchsgegenstände aus vergänglichen, organischen Materialien erfordern zur Abwendung von bedrohlicher Substanzschwächung im Lauf der Jahrzehnte eine stückchenweise Erneuerung, besonders wenn sie praktisch genutzt werden und dabei noch bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Kein altes Holzschiff kommt heil über die Jahre, ohne daß hin und wieder eine Planke ausgetauscht werden muß; manche dieser Maßnahme, das haben wir sehen können, war dabei durchaus noch als Restaurierung interpretierbar gewesen. Der Preis, den man für die ansonsten ja wünschenswerte Inbetriebhaltung eines technischen Denkmals zahlt, kann also in heimlichem Substanzverlust bestehen - genau das, was Denkmalpflege gerade verhindern soll.

Wie die berühmte Geschichte von der 350 Jahre alten Axt, bei der alle 30 Jahre der Stiel und alle 50 Jahre das Heft ausgetauscht worden ist...


Restaurierungssünden

Fast nie präsentiert sich uns ein historischer Schiffskörper bei seiner Entdeckung in einer stilreinen Erscheinung, fast immer trägt er Spuren aus allen möglichen Teilen seiner Geschichte an sich. Laien pflegen geradezu reflexartig nach der Beseitigung all solcher nachträglichen Umbauten und Hinzufügungen zu verlangen und wünschen sich das Schiff wieder so, wie es einst vom Stapel gelaufen ist („Aber bitte mit Motor“). Das Anliegen des Denkmalschutzes jedoch ist es durchaus nicht immer, einen ursprünglichen, stilreinen Zustand wiederherzustellen wie beispielsweise bei einem Ölbild, einer Freske.

Die vielfältigen Gebrauchsspuren zu beseitigen, die sich im Laufe ihres Arbeitslebens in ein Fischerfahrzeug oder einen Hafenschlepper eingegraben haben, bedeutet eine teilweise Zerstörung seines Quellenwertes und die Verfälschung eines Denkmals („Renovierung“).

Die Beseitigung aller nachträglichen Umbauten und Veränderungen („Rück-Restaurierung“) ist eine im Denkmalschutz äußerst kritisch betrachtete Maßnahme, denn auch nachträgliche Umbauten machen möglicherweise längst einen Teil des Gesamtdenkmals aus. Niemand käme bei einer Restaurierung der Hamburger Katharinenkirche auf die Idee, ihren wunderschönen Barockturm abzureißen, um wieder die stilreine Gotik des ursprünglichen Baukörpers herzustellen (über dessen genaue Gestalt es höchstens grobe Mußmaßungen gibt).

Als oberstes Gebot bei jeder Rekonstruktion und Rück-Restaurierung gilt: Keinen Eingriff ohne verläßlichen Befund! Zum einen müssen die Spuren am Objekt selbst ausgewertet worden sein (Reste alter Beschläge, Blindnieten, Zapfenlöcher etc.), zum anderen alle verfügbaren Sekundärquellen (Bauzeichnungen, Fotos, Modelle etc.). Jeder Eingriff in die Originalsubstanz, besonders bei der Beseitigung jüngerer Umbaustadien, alle dabei zutage tretenden Spuren und Strukturen gehören dokumentiert (zumindest fotografisch).

Daß eine denkmalsgerechte Rekonstruktion form-, material- und handwerksgerecht erfolgen sollte, wissen alle nun schon auswendig. Zum Zeichen, daß dies auch wirklich so geschehen ist, beläßt man hierbei gern so viele Originalteile wie möglich an ihrem Ort (und seien es nur Fitzel). Wert wird auch darauf gelegt, daß alt und neu äußerlich gut unterscheidbar bleiben, man sollte also das ganze gerade nicht mit Bondex aufs gleiche Teakbraun egalisieren. So wird später jedem Betrachter auch ohne begleitende Dokumentation klar, daß hier denkmalsgerecht vorgegangen wurde.

Mit einer besonderen Art von Verfälschung hat man es zu tun, wenn wohlmeinende Nutzer oder Handwerker ein Objekt schöner gestalten wollen, als es in seiner Nutzungsperiode jemals gewesen ist, man spricht dann von „Über-Restaurierung“. Segelschuten, Torfmuttjes, Weserkähne waren die einfachsten Frachtsegler auf unseren Revieren, frei von aufwendigem Zierrat und teuren Beschlägen, ihre Niedergänge und Unterkünfte eng und auf einfachste Weise ausgetischlert. Und wenn der Eigner seine Planken noch so sehr liebt: Noble Baustoffe und üppige Verzierungen verfälschen unwiederbringlich den Charakter, den Quellenwert eines solchen Schiffes, der gerade in seiner Schlichtheit besteht.

Schönheit ist kein entscheidendes Kriterium für den Wert eines Denkmals, sondern Echtheit, und Restaurieren bedeutet nicht, alles so lange zu bearbeiten, bis es wieder aussieht wie neu.

Wer sich ein klassisches Schiff im Neuzustand wünscht, sollte ehrlicherweise überlegen, sich ein solches neu bauen zu lassen, bevor er die Spuren der Geschichte aus einem alten Rumpf eliminiert.


Schrittfolgen

Man kann also, das ist deutlich geworden, alles mögliche falsch machen. Wie aber sind solche ärgerlichen oder gar schwerwiegenden Fehler vermeidbar? Unabhängig vom Charakter der jeweiligen Objekte und ihrer späteren Verwendung gibt es eine bewährte Schrittfolge, wie man sich einem Denkmal oder, um die Ansprüche weniger hoch zu hängen, einem historischen Objekt zu nähern und es sachgerecht instandzusetzen pflegt.

Vor Beginn einer jeden Maßnahme erfolgt eine genaue Bestandsaufnahme, üblicherweise fotografisch, zeichnerisch und beschreibend. So oft es bei alten Schiffen auch versucht worden ist: Eine zerstörungsfreie Schadensanalyse bleibt immer ungenau, erst wenn man - grob gesprochen - alles auseinanderreißt, erhält man ein genaues Bild über Originalsubstanz, spätere Veränderungen und Schadensumfang. Es versteht sich von selbst, daß hierbei jeder Schritt genau dokumentiert und jedes ausgebaute Teil genau gekennzeichnet wird. Die meisten Fragwürdigkeiten bei einer Restaurierung haben bereits in diesem Stadium ihren Ursprung. Oft genug sind im Abrißtaumel wichtige bauliche Zeugnisse achtlos zerstört oder auf den Müll geworfen worden, weil man ihren Aussagewert nicht erkannt hat („Alles Schrott!“) (Siehe hierzu Ingo Heidbrinck „Schrott oder Kulturgut“. Lage/Lippe 1994 (Eigenverlag).

In diesem Stadium können auch Materialuntersuchungen wichtig werden (z.B. Bestimmung von Holzarten, metallurgische Analysen, Ultraschall-Dickenmessungen, dendrochronologische Altersuntersuchungen, Freilegen ursprünglicher Anstriche, Untersuchung von Pilzkulturen etc.). Die Ergebnisse all dieser Untersuchungen bilden die Grundlage für eine Bestandsbeschreibung (auch kurz Befund genannt), in welcher festgehalten wird, was an Originalsubstanz noch vorhanden ist, welche späteren Änderungen feststellbar sind, welche Schlüsse daraus auf die ursprüngliche Gestalt des Objekts und seine spätere Geschichte abgeleitet werden können.

Teil der Bestandsbeschreibung ist die Schadensanalyse, oft gleich im Zusammenhang mit einem darauf abgestimmten Sanierungsplan dargestellt. Daß unabhängig vom Objekt selbst eine gründliche Suche nach Sekundärquellen erfolgen muß, die unverzichtbare Informationen für die Instandsetzung des Objekts bergen können, versteht sich von selbst.

Als wichtigste Anlaufpunkte seien hierfür genannt:
- Schiffsregister (Seeschiffs- und Binnenschiffsregister, Fahrzeugkarteien der Fischmeister, Yachtregister etc.),
- Berufsgenossenschaften (z.B. See- oder Binnenschiffer-Berufsgenossenschaft)
- Berufsständische Vereinigungen (z.B. Verband der Küstenschiffer) oder
- Club- und Verbandsarchive,
- Klassifikationsgesellschaften (z.B. Germanischer Lloyd),
- Öffentliche und private Sammlungen und Archive,
- Werftarchive oder entsprechende Nachlässe,
- Voreigner, deren Nachlässe oder Nachfahren,
- Veröffentlichungen über alle oben genannten Quellen.

Die Geschichte mancher Schiffe und Werften ist seit jeher gut dokumentiert und blättert sich wie von selbst auf, bei anderen sind detektivische Fähigkeiten, hohes Kommunikationsvermögen und große Beharrlichkeit vonnöten, ohne daß man je zu umfassenden Erkenntnissen kommt. Wenn nichts weiterhilft, sollte man sich auf die Spuren von Schwesterschiffen oder vergleichbaren Bauten setzten, deren Geschichte besser dokumentiert ist. Aus entspechenden Ergebnissen lassen sich zumindest Analogieschlüsse ableiten, auf die man sich bei erforderlichen Rekonstruktionen beziehen kann. Daß mündliche Quellenfunde unbedingt dokumentiert werden müssen, versteht sich von selbst.


Das Restaurierungsziel

Für einen neuen Eigner geht es meist um mehr als nur die Frage, wie man mit dem Gammel in der Bilge umgeht und wie lang die neue Gaffel denn werden müßte. Gerade bei einem vielfach umgebauten Objekt hohen Alters stellt sich vor Beginn jeder Baumaßnahme die Frage nach dem Restaurierungsziel. Wofür soll das Denkmal eigentlich stehen, welchen Zeitabschnitt und welche Zustände soll es repräsentieren und dokumentieren? Soll es auf seine ursprüngliche Gestalt zurückgeführt werden, oder ist ein späterer Bauzustand womöglich aussagekräftiger? Kann es überhaupt gelingen, eine bestimmte Nutzungsphase stringent zu dokumentieren, oder sind Mischzustände unumgänglich? Was ist der Preis für jede dieser angedachten Maßnahmen - opfert man dabei vielleicht geschichtlich wertvolle Substanz? Wäre es vielleicht sogar sinnvoller, alles so zu lassen, wie es zuletzt gewesen ist und formuliert den Quellenwert des Denkmals entsprechend um, etwa so: An diesem Bauwerk/Haus/Schiff sind zeittypische Veränderungen deutlich ablesbar, seine Geschichte ist gekennzeichnet von Umbauten, die durch Nutzungsänderungen oder Veränderungen des Zeitgeschmacks bedingt waren. Dieses letztgenannte Restaurierungsziel hat den Charme, nichts Vorhandenes zu zerstören (und niemandem weh zu tun), man kann also nichts falsch machen. Bei komplizierten Mischzuständen auf intakten Baukörpern ist ein solches Vorgehen allemal vernünftig.

Andererseits: Wer bleibt schon gern auf einem vielfach umgebauten, um nicht zu sagen verunstalteten Objekt sitzen, das seines ursprünglichen Charakters beraubt ist und niemals die Phantasie so beflügeln kann wie ein stilreiner Original- Entwurf?

Um das rechte Restaurierungsziel wogt im Denkmalschutz ein heftiger Expertenstreit zwischen bodenständigen Praktikern und praxisfernen Dogmatikern. Gerade bei Gebrauchsfahrzeugen, die im Lauf ihrer Nutzung ständige Anpassungsprozessen an gewandelte Aufgaben und technische Standards erfahren hatten und dabei nicht selten bis zur Unkenntlichkeit umgebaut wurden, ist die Frage nach dem aussagekräftigsten Zustand mehr als heikel. Denkmalpuristen haben bereits ohne Wenn und Aber als einzig in Frage kommenden „Originalzustand“ den letzten Betriebszustand des jeweiligen Schiffes definiert, welcher im Idealfalle mit der Übernahme des Schiffes in die neue Eignerschaft zusammenfällt. Jede Rückführung auf einen anderen Bauzustand oder gar den ursprünglichen zerstöre die damit als überflüssig erklärten Sachquellen jüngeren Alters, das Endresultat sei nichts anderes als eine Replik unter Verwendung einiger Originalteile.

Und falls es noch Uneinigkeit über den einzig richtigen Moment des Endzustandes geben sollte, weil das Schiff zuletzt nur noch phasenweise benutzt wurde, so wird noch folgender Richtwert nachgeschoben: Zum Zeitpunkt und in dem Zustand, als das Schiff zuletzt eine ständige Besatzung hatte. Für viele Hafenfahrzeuge und schwimmende Geräte ist diese Festlegung sicher vertretbar, doch spätestens bei den klassischen Yachten läuft man damit hoffnungslos auf Grund.

Die radikalste Einstellung besteht in dem Imperativ, nur zu konservieren statt zu restaurieren oder gar zu rekonstruieren, das Objekt also exakt so zu belassen, wie man es am Ende seiner Betriebszeit vorgefunden hatte. Die brennende Frage, was mit Objekten passieren soll, die auf Grund ihres desolaten Erhaltungszustandes einer kompletten Sanierung bedürfen, weil es sonst bald nur noch Trümmerhäufchen zu konservieren gibt, oder was mit einem bereits leergeräumten Rumpf geschehen soll, bleibt dabei unbeantwortet. Spötter erklären diese Abneigung gegen Eingriffe jedweder Art, das Rück-Delegieren unbequemer Gestaltungs- Entscheidungen in die Vergangenheit, auch aus der berufsspezifischen Scheu der Denkmalpfleger vor mutigen gestalterischen Schritten...

Eine andere Praxis wird im Deutschen Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven gepflegt. Dort strebt man bei Restaurierungen denjenigen Bauzustand an, über welchen die meisten Informationen vorliegen. Mit dieser Herangehensweise vermindert sich zweifellos das Risiko einer ungesicherten Rekonstruktion, die Museumsleute und Denkmalschützer nun einmal fürchten wie der Teufel das Weihwasser, gestattet im übrigen aber viele Spielräume (unter Einschluß des Ursprungszustandes).

Hat man es beispielsweise mit einer alten Segelyacht zu tun, die gleich vom Bau her so ausgelegt worden war, daß sie nach Ende ihrer Regattakarriere zum gemütlichen Fahrtenschiff umgebaut werden konnte und sich noch in diesem zweiten Zustand präsentiert, so wäre es eine Sünde, die schöne alte Inneneinrichtung herauszureißen, nur um den Ursprungszustand wiederherzustellen. Ist aber der Erhaltungszustand des Objekt derart schlecht, daß jede Instandsetzung mit einer weitgehenden Erneuerung auch des Fahrtenschiff-Interieurs einhergehen würde, dann kann folglich in alle möglichen Richtungen gedacht werden. Gäbe es außerdem genug Exemplare dieser Klasse, die den Fahrtenschiff-Zustand repräsentieren, so ließe sich daraus auch ein Argument für eine konsequente Rück- Restaurierung ableiten.-

Zu einer umfangreichen Restaurierung gehört ein klar formuliertes Restaurierungsziel, wo möglichst alles zusammenpaßt: Die jeweilige äußere Gestalt mit der Inneneinrichtung, die nachträglichen Umbauten und das Rigg, das maschinelle Antriebskonzept, der zeittypischen Art der Bemalung und der Name usw. - und natürlich auch die zukünftige Nutzung.

Die Anatomie des Denkmals selbst läßt womöglich mehrere Varianten bei seiner Instandsetzung zu, und es kann durchaus legitim sein, derjenigen den Vorrang zu geben, die am besten zu den künftigen Nutzungsabsichten des Eigners paßt.

„Das Kriterium für mich, ein Schiff zu kaufen, ist die Inneneinrichtung. Die Linien des Bootskörpers sind praktisch immer per Halbmodell oder Zeichnung festgehalten. Mastenbauer, Takler und Segelmacher haben meistens etwas in ihren Schubladen hinterlassen. Das Rigg ist für mich Verbrauchsmaterial - es verschleißt wie eine Kupplung im Auto. Experten wie Spencer in Cowes wissen auswendig, wie Gaffeln, Bäume oder Masten früher aussahen. Aber das Interieur wurde früher kaum gezeichnet. Der Kajütaufbau wurde nach Gefühl und auf Zuruf in der Werkstatt getischlert. Deshalb ist es eine große Dummheit, alte Yacht-Interieurs wegzuschmeißen. Jedes Schiff war unter Deck anders. Bei uns steht MARIQUITA. Gehen Sie mal den Niedergang von MARIQUITA hinab. Sie stehen eine Etage tiefer und in einer anderen Welt. Das Schiff ist eine Zeitmaschine - dank seiner Inneneinrichtung...Es ist einfach alles, alles da: Vertäfelungen, schwimmende Schotten, Intarsien, Türen, french polishing wie in einem großbürgerlichen Salon der Jahrhundertwende, herrlich! Wenn der richtige Eigner kommt und uns die Instandsetzung in Arbeit gibt, nehmen wir MARIQUITA Stück für Stück auseinander, reinigen und reparieren sie, ersetzen morsche Hölzer, beizen sie wie damals und bauen das Schiff wie einst in Fife-Qualität. MARIQUITA ist die einzige erhaltenen 19-R Yacht. Sie ist wertvoll wie ein Saurier.“ Albert Obrist, Fairlie Restorations.
Aus einem lesenswerten Interview in „BOOTE EXCLUSIV“ No. 1/98 (Sonderheft)



Umnutzung

Gerade komplexe Großobjekt, die ihrer ursprünglichen Funktion verlustig gegangen sind, haben als Denkmal meist nur im Zuge einer Umnutzung eine Zukunftschance.

Der Denkmalschutz hat es gerade im Bereich der Gebäude immer wieder mit Objekten zu tun, die umgenutzt werden sollen oder bereits anders als in ihrer Ursprungsfunktion genutzt werden. Häufig sind gerade große Gebäude und Gebäudekomplexe nur durch solche Nutzungsumwandlungen zu retten, zum Beispiel eine gründerzeitliche Fabrik in Ateliers, eine Feuerwache in einen Verwaltungsbau, ein alter Speicher in Eigentumswohnungen (mit der ständigen Gefahr einer schleichenden Vernutzung). Fast nie ist bei solch einem Vorgang ein Bau in seiner ursprünglichen Gestalt zu erhalten, immer geht bei den erforderlichen Umbauten auch Originalsubstanz verloren, das Denkmal muß Federn lassen. Aufgabe des Denkmalschutzes ist es dabei, an der Ausarbeitung eines denkmalsgerechten Konzepts mitzuwirken, auf die Bewahrung eines möglich hohen Anteils an Originalsubstanz und einen schonenden Umgang mit dem Denkmal zu dringen.

Umnutzung und Substanzerhaltung stehen also in einem Grundwiderspruch, und stets muß die Abwägung erfolgen: Was ist langfristig entscheidender - die Bewahrung der stofflichen Identität oder die Erhaltung der Funktionstüchtigkeit?


Schiffspezifisch:
Funktionserhalt vor Substanzbewahrung

Jedem Shiplover, Schiffseigner oder Freund alter Schiffe wird bei dieser Abhandlung schnell klargeworden sein, wo die Parallelen zwischen der klassischen Baudenkmalpflege und den Zielvorstellungen der Altschiffs-Szene offenkundig sind - und wo der Übertragbarkeit Grenzen gesetzt sind, die in der Eigengesetzlichkeit schwimmender Objekte begründet sind. Keine Frage, daß nur restauriert werden kann, was noch da ist, und daß man bei der Vornahme von Rekonstruktionen gut daran tut, sich an den bewährten Grundsätzen der Baudenkmalpflege zu orientieren. Wie aber ist die berechtigte Forderung nach quellengerechter Erhaltung bei historischen Schiffen umsetzbar?

Wohl nirgendwo wird gerade der Begriff „Restaurierung“ so überdehnt wie im Bereich der historischen Schiffe, bei keiner wie auch immer titulierten Instandsetzung ist der resultierende Denkmalswert gepaart mit derartigem Verlust an Originalsubstanz. Längst nicht jedes Schiff mit klassischer Gesamterscheinung, soviel dürfte klar geworden sein, ist ein Denkmal, kein noch so frühes Baujahr im Meßbrief ist für sich allein ein taugliches Argument für die Titulierung „Museumsschiff“. Doch auch eine größere Vorsicht im Umgang mit diesen Begriffen hilft uns nicht weiter bei der Suche nach Behandlungsgrundlagen für den Erhalt unserer Schiffe. Auch zukünftig wird nur eine ganz geringe Zahl ausgewählter Exemplare in die Sammlung einschlägiger Museen oder in die Denkmalslisten aufgenommen werden. Und was soll mit all den anderen geschehen? Denkmalschutz, Denkmalpflege,Denkverbot, Denkpause?

Jedes alte Schiff, dessen Nutzwert erloschen und dessen Denkmalswert nicht außerordentlich ist, wird verfallen, wenn sich dafür nicht ein Liebhaber findet. Und daß dieser eigentümliche Heiratsmarkt zwischen meist jüngeren Typen und älteren Kähnen heutzutage so gut floriert, darüber sollte man uneingeschränkt dankbar sein. Weit und breit gibt es keine andere Erhaltungsperspektive als die Privatnutzung (oder bei größeren Objekten die durch einen gemeinnützigen Verein). Die Motivation eines jeden Privateigentümers ist fast immer unlösbar mit der Fahrtüchtigkeit und Nutzbarkeit seines Objekt verknüpft, worin auch immer diese besteht. Damit ist auch schon die Rangfolge der Prioritäten festgelegt: Funktionserhalt rangiert hier vor Bewahrung von historischer Substanz. Eine Beeinträchtigung von Schwimmfähigkeit und Seetüchtigkeit aus Rücksicht auf mürbe Originalsubstanz werden nicht nur ehrgeizige Segler nicht riskieren wollen.

Kaum ein Bauwerk ist so komplex und anfällig wie ein traditionell gebautes Schiff, keins seiner diversen Einzelkomponenten ist ersatzlos herausnehmbar, ohne daß das Gesamtgefüge funktionsuntüchtig wird. Ein Segelschiff, das auf hoher See Mast oder Ruder verliert, wird zum hilflosen Wrack - in einer Kirche ohne Turmhelm oder mit geklautem Altar können dagegen immer noch Gottesdienste abgehalten werden (was auf dem havarierten Schiff nun vielleicht auch angebracht wäre). Einem alten Schiff, das zwei-drei Jahre ohne Pflege sich selbst überlassen bleibt, wird zumindest das make up ganz hoffnungslos verlaufen, noch ein paar Jahre später ist es nicht mehr zu retten. Eine Ruine ohne Dach dagegen kann möglicherweise noch nach Jahrzehnten instandgesetzt werden, auf ein paar Jahre mehr oder weniger kommt es da nicht an.

Resultat: Schiffe, die in Fahrt bleiben sollen, müssen einem sehr viel rasanteren nSubstanzaustausch unterworfen werden als jedes alte Haus, jedes Baudenkmal an Land. Soll ein Schiff wieder seetüchtig werden, dessen Deck hoffnungslos verrottet ist - und nicht nur die Planken, sondern auch ein Teil der Decksbalken, wie es ja meist so kommt - dann gibt es nichts mehr zu restaurieren, dann muß das alte Deck runter und ein neues drauf, kein Bootsbaumeister würde hier die Verantwortung für eine „substanzerhaltende Restaurierung“ übernehmen. Wenn es ewig weiter durch das kaputte Deck leckt, ist auch die historische Inneneinrichtung bald dahin, und wenn sich hinter der Wegerung unbemerkt der Gammel ausbreitet, geht irgendwann das ganze schöne Denkmal unter. Die Frage kann also nicht sein, ob, sondern wie man erneuert.

Die Bestandserhaltung historischer Schiffe in Privatbesitz, welches Etikett diese auch immer tragen, gehorcht jedenfalls anders gewichteten Prioritäten und Sachzwängen als die Baudenkmalpflege an Land.



Einstellungssache

Der private Eigner eines historischen Schiffes, das nicht unter Schutz steht, ist frei zu tun, was er damit will. Er kann es wie ein Denkmal behandeln oder sich einen Dreck scheren um das Fachgeplänkel der Experten. Einerseits darf er nicht auf Steuerbegünstigungen oder Zuschüsse hoffen, andererseits wird kein Verwaltungsbeschluß ihn daran hindern können, die historische Substanz seines Schiffes zu zerstören, sein altes Gaffelrigg durch ein Niro-Alu-Dacron-Getüm zu ersetzen, Rollfock, hydraulische Winden und Baumniederholer inklusive. Nur kollektive Bewußtseinsprozesse in den Gruppen, die sich mit deren Erhalt befassen, können letztlich den Bestand und den Quellenwert unserer Schiffe auf breiter Front bewahren helfen.

Daß man in Deutschland heute keine historischen Häuser mehr mit Glasbausteinen, Rekordfenstern und Eternit-Verblendern verschandelt, ist eine Folge solcher Prozesse. Beteiligt hieran waren die Denkmalschutz-Organsisationen mit ihrer Aufklärungsarbeit einerseits, im Hintergrund ihr Verwaltungsapparat als Drohung und mögliche Zuschüsse als Köder, und andererseits eine Riesenzahl engagierter Privatleute, die aus Freude am Wiederentdecken historischer Bauformen und Handwerkstechniken unsere Gegenwart wieder mit erfreulichen Farbtupfern aufgehellt
haben, ob nun mit Zuschüssen oder nicht.

Was die historischen Schiffe angeht, so werden wir weitgehend ohne den staatlichen Part auskommen müssen. Dies bedeutet aber, daß die Aufklärungsarbeit, der Bewußtseinswandel durch die betreffenden Organisationen geleistet werden muß. Aber da sind wir ja vielleicht schon auf dem richtigen Kurs.

Entscheidend dafür, ob es einem Denkmal - eingetragen oder nicht - gutgeht oder nicht, ist letztlich der Respekt, der seiner Geschichte gezollt wird: Eine Frage der Einstellung seines Eigentümers (und seiner wirtschaftlichen Möglichkeiten).



Für alle, die sich intensiver mit Fragestellungen der Denkmalpflege befassen möchten, verweisen wir auf die Schriftenreihe des „Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz“.



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