PFLEGE & RESTAURIERUNG

Projekt "Froya II"

von Harald Rönn


Erste Fahrt der Froya II nach ihrer Komplett-Restaurierung

Im September 2009 rief mich mein alter Freund Andreas Dierberger aus Brasilien an und sagte: "Ich habe eine traumhaft schöne Segelyacht im Hafen von Rio de Janeiro gesehen und gekauft. Komm mit an Bord und lass uns sie gemeinsam restaurieren!".
Ich sagte nur: "Lass mich mal drüber schlafen und schicke mir ein Bild von dem Boot! Und wie viel soll der Spaß kosten?".
Von der anmutigen Form des eleganten Klassikers war ich sofort angetan, die geschätzten Kosten hatten mich auch nicht erschrocken. Meine Antwort war also: "Ja, wir machen es!"
Andreas hatte bereits zwei Klassiker restauriert - einen 1941er Drachen und eine 44' Yawl, gebaut im Jahre 1965 von der traditionsreichen Werft Sangermani. Beide Segelboote befanden sich zuvor in einem jämmerlichen Zustand und wurden strickt nach ihren Konstruktionsplänen restauriert, wobei großer Wert auf die Einhaltung der Originalität gehalten wurde.

Jetzt aber sprachen wir immerhin über eine in den Jahren 1966/67 gezeichnete 51‘ Yawl, welche die Familie Lorentzen aus Norwegen bei dem Bootsarchitekten Philip Rhodes in Auftrag gegeben hatte. Nach der norwegischen Insel Froya benannt, wurde das Boot 1968 in Halden, Norwegen, von der Larsen Werft gebaut.
Sie segelte zunächst in Norwegen, später in Newport und Bermuda, wo sie leider keine bedeutende Performance in den Regatten zeigte. Nachdem der Auftraggeber Oyvind Lorentzen die Yacht für zu schwerfällig befand, verkaufte er sie seinem jüngeren Bruder Erling, Ehemann von Prinzessin Ragnhild, der sie Anfang der 70er Jahre nach Rio de Janeiro überführte. Seitdem ist Froya II ausschließlich in Südamerika, zwischen Rio, Santos und Buenos Aires gesegelt. Es war bereits die zweite Yacht der Lorentzens, daher sprechen wir über die Froya "II".
Nach den Lorentzens hatte sie drei weitere Inhaber; alles begeisterte Segler, die sie weiterhin auf Regatten wie Buenos Aires - Rio und Santos-Rio segelten.

Nun mussten wir uns auf die Suche nach einer vertrauenswürdigen Werft in Brasilien machen, die sich vor allem in Holzarbeiten und im traditionellen Bootsbau auskennt. Viel Auswahl gab es nicht und unsere Entscheidung fiel auf die Werft Kalmar, die seit etwa 30 Jahren im Süden Brasiliens, am Itajai-Strom, arbeitet. Kalmar wurde von einem Schweden gegründet, der leider frühzeitig starb. Seine Tochter Lorena, lediglich 25 Jahre alt, hatte die Firma kürzlich übernommen und die Restaurierung der Froya II war ihr erstes großes Projekt.

Die nächste Herausforderung war, das vom letzten Eigner vernachlässigte und vom tropischen Wetter stark mitgenommene Boot von Rio de Janeiro nach Santos und dann nach Itajai zu bringen. Die Kosten und die Risiken des Transportes einer knapp 15 Meter langen und knapp 19 Tonnen schweren Yacht wären über 1.100 Kilometer mit teilweise recht schlechten Straßen zu riskant und auch sehr teuer geworden. Also bot sich nur der 500 Seemeilen lange Weg über das Wasser an - meist nur unter Segeln.
Auf dem Boot funktionierte relativ wenig, jedoch traute sich Andreas, die erste Strecke von Rio bis Santos mit 3 Freunden auf sich nehmen.
Kurz nach dem Auslaufen in Rio gab der Motor seinen Geist auf und der erste Törn wurde fast zu einem Desaster, als ein mächtiger Sturm aus dem Süden die Yacht vor Ilha Bela überraschte. Mit zerrissenen Segeln und im Schlepptau kam Froya II später in Santos an.

Nun stand die 2. Etappe nach Itajai an. Wieder hat Andreas das Ruder in die Hand genommen und führte Froya II unter geflickten Segeln und widrigen Bedingungen in 48 Stunden nach Itajai. Dort angekommen, wurde die Yacht mit Hilfe eines Kranes in die unmittelbar am Itajai-Strom liegende Werft gehievt.

Die erste große Etappe hatten wir nun hinter uns und Froya II war nach etlichen Jahren wieder im Trockenen. Erst als das Boot auseinander genommen wurde, konnten die Mitarbeitern der Werft und wir sehen, wie sehr die Yacht mitgenommen war und dass weitgehende Arbeiten anstehen würden.
Allerdings hatte die Yacht seit ihrem Stapellauf noch kein gründliches Refit mitgemacht, was sehr wichtig für uns gewesen ist, da sich das gesamte innere Layout und auch alle Originalbeschläge in ihren Ursprungspositionen befanden. Der Haupt- und Besanmast, die Bäume aus Aluminium sowie die Schienen und Winschen befanden sich im perfekten Zustand. Sogar die Verstagung war noch in Ordnung. Aber die Rumpfspanten, vorwiegend mittschiffs, hatten im Laufe der Jahre durch die ständige Feuchtigkeit gelitten. Sie wurden im Laufe der Zeit verstärkt und auch teilweise versetzt. Mit Ausnahme der über der Wasserlinie liegenden Spanten, wurden alle anderen neu gefertigt und an ihre Originalposition zurückgenietet.

Die Rumpfplanken aus Mahagoni hingegen befanden sich erstaunlicherweise in einem ordentlichen Zustand, sowohl in der Innen- als auch in der Außenseite. Erst als die alte Lackierung entfernt wurde, kam das schön gemaserte Mahagoniholz so richtig zum Vorschein.

Somit entschieden wir uns für Firnis im Interieur anstatt Lack, was der Yacht einen rassigen, edlen Charakter gibt.

Nach der Demontage des gesamten Decks, wurden die Deckträger analysiert. Auch sie waren teilweise morsch. Ein neues Deck kann nur auf gesunden Trägern gebaut werden, da ein späteres Ersetzen der Träger unmöglich ist.

Der Rumpf wurde hochgehievt, um das Ersetzen der Kielbolzen zu ermöglichen. Der gesamte Rumpfsektor der Ruderaufhängung wurde ebenfalls erneuert. Im Laufe des gesamten Restaurierungprozesses kamen immer neue Probleme auf und unsere Entscheidung hieß immer: alles richtig und originaltreu machen! Also wurden auch die Aufbauten, d.h. Kabine und Cockpit neu gefertigt, dazu das gesamte Deck aus importierten Burmateak.

Der alte 70 PS starke Westerbeke wurde nicht restauriert, sondern ein nagelneuer 110 PS Yanmar turbodiesel fiel zur Wahl. Mit neuen Wanten und neuen, leicht cremefarbigen Segeln wurde die schöne Yacht ausgestattet.

Sicherlich war es bislang die größte Restaurierung, die sich die Werft bis dato zugetraut hatte. Nach etlichen Reisen nach Itajai und fast täglichen E-mails und Telefonaten war die Froya II im Oktober reif für ihre neue Taufe. Hierzu war wieder der Riesenkran nötig.
In den Folgetagen musste die Yacht getrimmt und getestet werden. Hierzu holten wir uns einen sehr erfahrenen französischen Segler, Marc Douziech, der bereits etliche Atlantiküberquerungen hinter sich hatte. Nun liegt die Yawl in Guaruja gegenüber von der Hafenstadt Santos, ca. 100km von Sao Paulo entfernt.

Der erste längere Törn, den wir uns vorgenommen haben, führte nach Búzios - ungefähr 300 Seemeilen nördlich von Rio de Janeiro. In der Bucht von Búzios fand nämlich Ende November eine Klassik-Regatta statt - eine Regatta, an der immerhin auch ehemalige brasilianische Gold-Olympiasegler wie Torben Grael und Alex Welter teilnahmen.

Prompt wurde Froya II zur schönsten klassischen Yacht in Brasilien gewählt und sowohl in der lokalen als auch internationalen Presse erwähnt. In unserer Klasse errang sie auf Anhieb den zweiten Platz.

Aufgrund Zeitmangels wird Froya eigentlich zu wenig gesegelt. Nichtsdestotrotz haben wir bereits an einigen Klassik-Regatten in Angra dos Reis, Ilha Bela, Parati, Rio und Buzios teilgenommen. In der Zwischenzeit organisieren wir Segeltörns mit Freunden - vor allem zwischen Santos und Rio, für uns der schönste Teil der gesamten südamerikanischen Küste. Dieses Stück Küste ist geprägt von 360 malerischen, mit Tropenwald bedeckten und Palmen umsäumten Buchten mit weissen Stränden, die man nur über Wasser erreichen kann.
Im November 2014 und Januar 2015 stehen die nächsten Segeltörns an. Die Vorfreude ist wie immer riesengroß! Hat Jemand Lust mitzumachen?



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