"Peter von Seestermühe" - Rennyacht

Text: Christoph von Reibnitz, Titelfoto: Kai Greiser



Die “Peter von Seestermühe” wurde 1936 für die Atlantikregatta Bermuda-Cuxhaven in nur 52 Tagen auf der Danziger Schiffswerft aus genietetem Stahl gebaut. Nachdem die Kriegswirren ebenso abenteuerlich wie glücklich überstanden waren, segelte das Schiff beim Akademischen Segelverein in Kiel unter dem ursprünglichen Namen „Peter von Danzig“ zahlreiche Ausbildungsreisen und Hochseeregatten, deren Höhepunkt 1973/74 das erste Whitbreadrace war. Als sich der ASV 1991 von dem inzwischen stark verwahrlosten „alten Peter“, nicht aber von seinem Namen trennte, änderte der neue (abergläubische) Eigner „nur“ den Heimathafen, baute die erste Maschine in das bisher motorlose Schiff ein und versetzte Deck und Aufbauten wieder in Originalzustand. Seit der Restaurierung wird die Tradition des Hochseesegelns fortgesetzt. Trotz Sommerreisen nach Island, Schottland oder Skandinavien und winterlichen Karibikaufenthalten ist der „Peter...“ auf allen Regattaveranstaltungen für klassische Yachten mit dabei. Das Schiff wird viel gesegelt und immer finden sich Freunde des rüstigen Klassikers, um gemeinsam die Segel zu setzen.

So hören sich 66 Jahre Yachtgeschichte in Kurzform an. Aber wieviel steht zwischen diesen wenigen Zeilen....
Der Bau einer 18 Meter langen Yacht in 52 Tagen. Dann musste sie verladen werden, um rechtzeitig in Übersee am Start zu sein. Von schier unendlichen Schwierigkeiten bei Planung, Finanzierung und Bau berichten uns Bücher und Zeitzeugen.
Die Atlantikregatta New-York-Bermuda-Cuxhaven füllt ein ganzes Buch: Rauschefahrt, Sturm, Flaute, Angst und Freude, all das hat die Menschen an Bord bewegt und geprägt.


Sonntagmorgen bei Flaute / Atlantik 1936

Am Horizont kommen schon Sturmwolken ganz anderer Art aufgezogen. Plötzlich ist aus dem „Peter ...“ ein Kriegsschiff geworden. Bei der 9. U-Boot Flotille wird er als Ausbildungsschiff eingesetzt. Junge Männer, oft noch Kinder, segeln, wenden, halsen, reissen an den Schoten. Genau wie wir heute. Was mögen sie gedacht, was empfunden haben beim Blick in die Segel oder auf den Kompass?
Ein junger Leutnant zur See tauschte sein Komando als 1. W.O. auf einem U-Boot gegen das des Kapitäns auf dem „Peter...“ ein. Allerdings unter der Bedingung, als letzter Offizier in Danzig die Sprengungen zu leiten, denn die Russen standen bereits vor den Toren.

Nachkriegszeit. Ein paar ehemalige Danziger Studenten finden ihr Schiff in Kiel wieder und machen es in einer Zeit, in der Mangel an allem herrscht, irgendwie wieder seeklar. „Peter...“ ist die erste grosse Yacht, die wieder auf der Förde segelt. Was denkt man 1947, der Krieg verloren, die Heimat vom Feind besetzt, Trümmer überall, wenn man an Deck sitzt und die Förde auf- und absegelt?


1964: Islandreise

Aber die Erde dreht weiter. Das Whitbreadrace wird zum ersten Mal ausgetragen. Im Jahr nach dem ersten deutschen Admirals Cup Sieg geht ein hoffnungslos veraltetes Schiff an den Start. Einmal um die Welt, ohne nennenswerten Schaden. Aber auch bei null Grad, Treibeis, Sturm, Flaute und tropischer Hitze. Wochenlang und Wache für Wache, mal ängstlich mal lachend.

Als sich im ASV Kiel die „Neuschiff“-Fraktion durchsetzt und „Peter von Danzig“ in traurigem Zustand zum Verkauf steht, gibt es den Begriff „klassische Yacht“ fast noch garnicht. Oldtimer oder einfach alte Yachten sind es. Viel Arbeit, kein Platz drin, langsam, viel zu teure Unterhaltung hieß es. Kopfschütteln überall. Bis auf sehr sehr wenige, sehr enge Freunde glaubte niemand an dieses Projekt. Seitdem haben wir knapp 100.000 sm gesegelt.
Und wenn am 14. Juni 2003 in New-York der Startschuss für die Transatlantikregatta nach Cuxhaven fällt, schließt sich ein Kreis.

Schön, dass Kreise kein Ende haben.

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