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10. Hamburg Summer Classics: Manfred Jacob räumte ab

Text und Fotos: Caroline M. Wierig

Gleich im Anschluss an den Europa-Pokal der I-Jollen ging es im Hamburger Segel-Club mit der 10. Jubiläumsregatta Hamburg Summer Classics, der traditionellen Holzbootregatta für Boote mit einem Mindestalter von 20 Jahren, vom 9. bis 11. August 2002 weiter. Diesmal hatten 72 Schiffe aus acht Bundesländern, Österreich und Holland in 24 unterschiedlichen Klassen gemeldet, ein Melderekord.


Regattaszenen

Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft von Hans-Otto Schümann, Kommodore und Ehrenvorsitzender des Hamburger Segel-Clubs sowie Ehrenpräsident des Deutschen Segler-Verbandes, und den ideellen Trägern Deutscher Boots- und Schiffbauerverband sowie dem Freundeskreis klassischer Yachten.

Eine schwülwarme Dunstglocke lag seit Tagen stationär über Hamburg, während in Süddeutschland und Südeuropa der Sommer im wahrsten Sinne wegschwamm. Noch am Abend vorm ersten Start sah man Ingo und Mario Kühl aus Berlin an ihrer H-Jolle von 1950 werkeln. Sie hatten 1200 Stunden in die Restaurierung des Schiffes gesteckt und wollten nun zum ersten Mal damit aufs Wasser. Offensichtlich zufrieden kehrten sie nach ein paar Trimmschlägen in den Hafen zurück. „Es läuft schon ganz gut“, so ihr knapper Kommentar. Überall wurde aufgeriggt, gewerkelt und gewuselt, man tauschte Neuigkeiten aus und hielt einen Schnack an Backbord.

Konstruktionen des vergangenen Jahrhunderts wie B-Jollen, Hansa-Jollen, H-Jollen, I-Jollen, Drachen, Elb-H-Jollen, 10 qm Rennjolle, BB 17, Jollenkreuzer, Folke Junior und Piraten lagen Seite an Seite. Der frischgebackene neue alte Europameister im Sharpie, Klaus Eisenblätter, ließ es sich nicht nehmen, auch diesmal mit seiner „Bunyip“ von 1933 wieder mit von der Partie zu sein. Auch Heiko Schulze hielt an seinem alljährlichen Ritual fest: Er flog eigens aus Lagos/Afrika ein, um mit seinem 67 Jahre alten Folke Junior „Windspiel“ an den Start zu gehen.

Besondere aufgewertet wurden die Hamburg Summer Classics aber durch die Meldung von Segellegende Rolf Mulka (75). „Die Alster ist meine Kinderstube“, sagt er. 1943 wurde er erstmals in Berlin Deutscher Jugendmeister im Pirat, 1956 und 1957 Weltmeister im Flying Dutchman (Starnberger See und Rimini), 1959 Bronze bei der FD-WM in Whitstable/England und Vize-Europameister (Chiemsee) sowie dreimal Deutscher Meister. 1972 in Kiel trainierte er den Olympiakader der Jollenklassen. Rolf Mulka segelte diesmal mit Sascha Paruschke das Sharpie „Argo“ von 1963 und staunte nicht schlecht, als er sein altes Sharpie „Wendehals“, mit dem er 1956 die olympischen Segelregatten in Melbourne segelte, wiedersah. „Es waren damals etwa 35 Sharpies am Start“, erinnert er sich, „und wir sahen uns schwierigen Bedingungen gegenübergestellt. Bei ständig 5 bis 6 Beaufort mussten wir gegen eine sehr hohe Welle ankämpfen. Damals waren noch keine Selbstlenzer erlaubt, weshalb wir einmal abgesoffen sind. Das kostete Plätze und so wurden wir nur Sechste. Aber der Tagessieg bei 3 Windstärken zeigte uns doch, dass wir dahin gehörten.“



Rolf Mulka und Crew Sascha Paruschke vor ihrem Sharpie 369.

Je nach Yardstick oder Vermessungswert erfolgte der Start nach dem Känguruh-System, also die Schnellsten mit dem niedrigsten Rennwert gingen als Letzte über die Linie – eine Erfindung von Günter Ahlers. Känguruh deswegen, weil Konstrukteur Ahlers bei seiner Rückkehr aus Australien in der Szene das Känguruh genannt wurde. Bei leichten Winden aus südöstlichen Richtungen trafen die herrlich anzuschauenden Schiffe im Pulk an den Tonnen aufeinander und es war ein Wunder, dass es keinen Bruch gab. Fast keinen. In einer Bö brach der Mastfuß der 22er Rennjolle von Florian Schmitz wegen Materialermüdung. Überhaupt hörte man in der whooling kein „Raum“-Gebrülle der üblichen Art, alles ging ausgesprochen entspannt zu. Herzallerliebst war der Anblick der winzigen B-Jolle „Senta Küken“ mit Holger Schmidt und seiner kleinen Tochter Emilia, die ihren Vater wie eine Alte herumkommandierte.


Holger Schmidt mit seiner Tochter Emilia in der B-Jolle „Senta Küken“ von A & R.

Riesige Wolken türmten sich während der zweiten Wettfahrt auf. Es sah nach schwerem Gewitter aus. Das blieb jedoch in Hamburg aus und ging anderswo nieder, es blieb trocken. Am Sonntag war es noch schwüler und totenflau. Warten auf Godot bei Saunawetter. Der Flüssigkeitskonsum steigerte sich enorm, alles saß zusammen und klönte. „Ein schöner Familien-Sonntag an der Alster“, wie Rolf Bohlen („Pujatz“) treffend bemerkte. Um 13.00 Uhr schoss Wettfahrtleiter Horst Reuter ab. So konnten nur zwei, wenn auch schöne Wettfahrten gewertet werden.

Sieger der 10. Hamburg Summer Classics und damit zum vierten Mal wurde Manfred Jacob mit der I-Jolle „Fram“. Auf Platz 2 kam die österreichische I-Jolle von Andreas Poell, dritter wurde Georg Griesbach (H-Jolle), vierter Holger Schmidt (B-Jolle) und fünfter Peter Hauschildt (Elb-H-Jolle). Peter Borkmann und Uwe Küntzel von der Fachjury vergaben für die am besten restaurierten Boote den 3. Preis an Joachim Ruppert für seine Berliner H-Jolle „Delphin“, den 2. Preis an Jens und Christian Ruppert für ihre Berliner H-Jolle „Sommerliebe“ und den 1. Preis an Dirk Schwerdtfeger mit seiner Schratz „Ina“, einer Jolle vom Chiemsee mit Rundspant und flachem Bug von 1953.



Manfred Jacob, Gerd Breitbart und Gerrit Haaland, die stolzen Gewinner der 10. Hamburg Summer Classics.

Sponsoren aus der Hamburger Wirtschaft hatten auch diesmal wieder für jeden Teilnehmer einen Preis gespendet. Die Wanderpreise erhielten Manfred Jacob (schnellstes Gaffelschiff, schnellstes Schiff von 1951 und älter, schnellstes Schiff in der 1. Wettfahrt und punktbestes Schiff über alles); Peter Hauschildt (punktbestes Boot von der Elbe); Kersten Weichbrodt (I-Jollen-Halbmodell); Hans Dominik (schnellste Kielyacht); Klaus Eisenblätter (Sharpie-Halbmodell, schnellstes Boot Baujahr 1930-39); Gabriele Hoppenau (Ladies Preis für die beste Steuerfrau); Erich Walther (erster Leidtragender); Klaus Leithner (beste Alt-H-Jolle); Thomas Dombrowski (Folke Junior); Heiko Schulze (Halbmodell Folke Junior); Andreas und Susanne Poell (schnellstes Ehepaar); Jan P. Nicolaus (UBS-Alpenpokal); Gerhild Franke (Piraten-Schwert, Preis der Mitte); Dirk Schwerdtfeger (schönstes Schiff); Holger Schmidt (Schnellster der 2. Wettfahrt), und einen Blumenkasten mit Gießkanne und die rote Laterne bekam Florian Schmidt (Mastfuß gebrochen).

Im kommenden Jahr, so sagte Horst Reuter, wird unmittelbar vor den 11. Hamburg Summer Classics am 9./10. August 2003 die Deutsche Meisterschaft im Conger auf der Alster ausgesegelt. Anlass ist der 111. Geburtstag des Hamburger Segel-Clubs.

Caroline-M. Wierig

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