KULTURELLES

Die wichtigsten Bücher über den Segelsport

Auswahl und Vorstellung: Volker Christmann

Starke Frauen

Die Überschrift mag verwirren, auf dieser Seite geht es stets nur um Literatur und so herrscht sicherlich kein Zweifel, dass die meisten von uns beim Segeln vom Glück verfolgt sind und eine starke Frau an ihrer Seite haben, die den Sport mitbetreibt, manchmal bestimmt. Aber hier sollen nur die zu Wort kommen, die in der Literatur bereits Geschichte geschrieben haben. Es geht um im Yachtsport berühmt gewordene Frauen, und die unten genannten, fettgedruckten, sind bereits alle leider verstorben.

Ohne werten zu wollen möchte ich so starke Frauen wie Ellen MacArthur, Tanja Aebi, Gudrun Calligari, Astrid Erdmann, Angelika Gebhart, Beate Kammler oder Dr. Heide Wilts - denen allen gemeinsam ist, dass sie Bücher über das Segeln geschrieben haben - ebenfalls aus Platzgründen nur erwähnen. Wir sprechen bei den nachfolgend genannten über eine Zeit, wo Damen noch sehr selten Mitglied eines Segelvereins werden konnten.
Eine der Frauen, die Großes im Segelsport betrieben hat, war Lady Brassey ( 1839 - 1887). Sie segelte mit ihrem ebenfalls berühmten Mann Lord Brassey auf dem nicht gerade kleinen Schiff „Sunbeam“ bereits ab 1877 um die Welt, und schrieb etliche Bücher über ihre Reisen, von denen einige in deutscher Sprache erschienen. Diese Übersetzungen zählen in Deutschland zu den ersten Segelbüchern. 1879 erschien „Eine Segelfahrt um die Welt an Bord der Yacht „Sunbeam““, es folgte 1881 „Sonnenschein und Sturm im Osten“, danach „Eine Familienreise von 14000 Meilen in die Tropen und durch die Region der Passate“ und schließlich „Letzte Fahrt an Bord des Sunbeam“. 1887 auf der Reise nach Mauritius starb sie an den Folgen einer Malaria und wurde auf See beigesetzt. Später kaufte Sir Walter Bart. Runciman die Sunbeam und er veröffentlichte sehr seltene Jahrbücher seiner Reisen, natürlich privatly printed.
Virgine Heriot (1890 - 1932) verbrachte wohl den größten Teil ihres Lebens auf der 1920 erworbenen Yacht “Ailee’” ex Meteor IV unseres Kaisers Wilhelm II. Sie nutzte das stolze Schiff bis zu 10 Monaten im Jahr als „Wohnboot“ und fuhr damit zu den diversen europäischen Regattaplätzen. Insgesamt wurden von ihr 11 Boote in Auftrag gegeben, mit denen sie an Wettfahrten teilnahm und meist gewann. Geschichte schrieb sie mit ihren insgesamt 6 zwischen 1922 und 1931 gebauten 8mR-Yachten. 1928 gewann sie damit in Amsterdam die Goldmedaille. Zu ihrer Trophäensammlung zählt u.a. der Eintonner-Pokal. Käthe Bruns schreibt 1953: „Während der Regatten in Sandhamn brachte ihr ein Extra-Flugzeug aus Stockholm täglich frische Blumen zur Ausschmückung ihrer Räume.“
Im Alter von 42 Jahren starb sie unter mysteriösen Umständen.

Ella Maillart (1903 - 1997) wurde in Genf als Kind dänisch-schweizerischer Eltern geboren. Sie gehörte zu den berühmtesten Abenteuerinnen des letzten Jahrhunderts. Die passionierte Seglerin nahm 1924 an der Olympiade im Segeln teil, war eine ausgezeichnete Skifahrerin und Kapitänin der schweizer Landeshockey-Mannschaft. In den 30er Jahren unternahm sie große Reisen in ausgefallene Gebiete wie Zentralasien, China, Kaschmir, Indien und die Sowjetunion. Achtzigjährig erkundete sie noch Nepal und Tibet. Ihr Buch „Vagabundin des Meeres“.

Cilette Ofair (1891- 1964) machte sie zu einer der bedeutendsten französischen Autorinnen Schweizer Herkunft. Uns interessiert natürlich ihr Bootsleben und das beschrieb sie mit dem Erfolgsbuch „L’Isme“ oder in deutsch unter dem Titel „Zwischen Meer und Menschen“ , das bis 1961 bereits in 43 Auflagen über 150.000 mal verkauft wurde. Jahrelang lebte sie mit ihrem Mann Charles, einem Maler, auf ihrem Hausboot „San Luca“ und bereisten die Flüsse und Kanäle Europas. 1933 verließ nach 20jähriger Ehe ihr Mann Charles sie in La Rochelle und hinterließ ihr die 60ton Yacht „Isme“ und einen leeren Geldbeutel. Cilette liebte das Schiff, erlernte alle nautischen Fähigkeiten bis zum Kapitänspatent und schaffte es mit zwei treuen Mechanikern, das stolze Schiff wieder fahrtüchtig zu reparieren. drei abenteuerliche Jahre fuhr Cilette entlang der Atlantikküste bis ins Mittelmeer nach Ibiza. Dort wurde das Schiff 1937 in den Wirren des spanischen Bürgerkrieges zerstört. Sie ging zurück nach Sanary-sur-Mer und schrieb vier Bücher, 1940 das oben genannte.
Käthe Bruns (1879 -1970 ?) wird 1879 als Tochter des bekannten Herrenseglers B. Arons geboren. Wenn der Vater Sonntags keine Regatta segelte, durfte die Tochter mit. Dazu muss man wissen, dass bis etwa nach dem
I. Weltkrieg Frauen in den meisten Segelclubs unerwünscht waren, angeblich steht heute noch im Berliner Ruderclub ein Schild „Hunde und Frauen kein Zutritt“. Käthe Bruns war es, die den weiblichen Segelsport zur Freude aller populär machte. Sie war die Grande Dame des deutschen Segelsports und nach dem Tod ihres Mannes Konsul Bruns (1928) wurde sie eine sehr aktive Segelsportjournalistin. Sie lebte vorwiegend in Kiel und Berlin, und war, obwohl selbst ohne Berufsausbildung, mit den diversen deutschen akademischen Seglervereinen eng verbunden. Ihr Mann war Gründer des Berliner ASV und ihr Bruder war Kommodore des ASV München. Ihre Lebensgeschichte ist spannend nachzulesen in Ihrem Buch „Eine Frau segelt durchs Leben“.

Ann Davidson (1914 – 1992) plante bereits mit ihrem Mann Frank eine Weltumseglung mit einem maroden 70 Fuß Fischkutter, dessen Renovierung sich aber als Fass ohne Boden erwies, alles auf Kredit finanziert, und als der Gläubiger sein Geld zurück haben wollte, segeln sie kurzentschlossen los. Es endet in einer Katastrophe, das Schiff gerät in einen Sturm und ein zusätzlicher Brand im Schiff verursacht den Untergang des „Dampfers“. Frank kommt dabei ums Leben, Ann wurde an Land gespült. Doch sie hat Feuer gefangen und kauft sich ein 7 m Segelboot. Mit dem segelt sie 1952/53 über den Atlantik. Das Buch dazu trägt den Titel „... und mein Schiff ist so klein“.

Zwei Damen sollen hier noch Erwähnung finden, waren sie doch in einer Zeit, in der Frauen selten an Bord waren, schon gern gesehene Gäste bzw. Gastgeber und in beiden Fällen Korrespondentinnen der Reisen der High Society. Lady Broughton (1867 -1939), auch bekannt als Lady Fairhaven, kreuzte mehrfach mit ihrem 1929 verstorbenen Mann Urban Hanlon Broughton (Lord Fairhaven) auf deren 285 Fuß langer Yacht „Sapphire“ durch Europa. Ihr Vater, der Selfmade Millionär der Ölbranche Henry Huttleston Rogers, war in Fairhaven Massachusetts (USA) zu Hause und so ging eine Reise auch dort hin. Mir sind fünf private Bücher der Broughtons bekannt und kürzlich konnte ich ein privates Fotoalbum aus dem Jahre 1938 von einer Reise der „Sapphire“ erwerben – alles sehr, sehr selten.

Und als letzte Isabel Anderson (1877 - 1948) geborene Isabel Weld Perkins. Das Mädchen erbte bereits mit fünf Jahren 17 Millionen Dollar von Ihrem Großvater, was ihr zum Status „reichste Frau der Welt“ verhalf und ihr ein sorgenfreies Leben garantieren sollte. Das Gebiet nahe Boston, das heute Jamaica Plain genannt wird und wo Amerikas bester Yachtantiquar – Louis Howland III – lebt, gehörte weitgehendst den Perkins. Sie genoss ihr Leben in vollen Zügen, arbeitete aber beispielsweise auch für das amerikanische Rote Kreuz. Sie schrieb über 20 Bücher, zwei davon über Ihre Yachtreisen. 1931 erschien „A Yacht In Mediterranean Sea“, die Schilderung einer Mittelmeerreise auf der 226 Fuß großen Yacht „Sayonara“. 1936 beschreibt sie in „Zigzagging the South Sea“ ihre Reise auf der „Stella“ durch die Südsee. Schön ist die Stelle, wo sie auf Galapagos mit dem deutschen Dr. Ritter zusammenkommt, den wir bereits aus dem spannenden Buch von Margret Wittmer „Postlagernd Florena“, kennen. Auch eine starke Frau, leider keine Seglerin.

Bildtexte:
Eine der ersten Frauen auf See und die erste, die olympisches Gold gewann - Virginie Hériot - am Steuer ihrer ersten „Ailée“
„Ailée II“



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