KULTURELLES

Die wichtigsten Bücher über den Segelsport

Auswahl und Vorstellung: Volker Christmann

“Erzherzog Ludwig Salvator von Österreich”

Dampfyachtreisender Schriftsteller 1847 - 1915

Die Literaturbetrachtung der Sommerausgabe des Klassiker möchte ich nutzen, einen herausragenden Fahrensmann einem breiteren Publikum vorzustellen.
Statt auf seiner 161 ft. Dampfyacht „Nixe“ rauschende Bordparties zu feiern, befuhr der Erzherzog lieber als Privatgelehrter das Mittelmeer und schrieb in seinem Leben mehr als 6 Dutzend außergewöhnlicher Bücher. Allesamt wertvolle Sammlerstücke.
Bei dem Namen Ludwig Salvator denkt so mancher möglicherweise an ein tolles alpenländisches Starkbier, aber weit gefehlt, Ludwig Salvator war eine herausragende Persönlichkeit, ein früher Aussteiger im positiven Sinn, ein begnadeter Schriftsteller und Illustrator, der mit seinen über 80 Büchern über die meist entlegensten Ecken der Welt, viele Auszeichnungen erhielt und wissenschaftlich begründete Reiseberichte schrieb, die zum Teil bis heute noch gültig oder unübertroffen sind.

Fangen wir chronologisch an. Ludwig Salvator wurde 1847 als Sohn des Habsburgers Leopold II, Großherzog der Toskana und kaiserlicher Prinz von Österreich geboren. 1859 wird die Familie aus Florenz vertrieben, die Toskana wird italienisch und die Familie erwirbt in Böhmen die Domäne Brandeis nördlich von Prag. Ludwig studiert in Wien und Prag und findet großen Gefallen am Reisen. Er fährt nach Venedig, erforscht 1865 die Insel Helgoland und besucht Valencia. Aus diesen Erlebnissen entstehen seine ersten Bücher, ein in französischer Sprache geschriebener Bericht für seine Mutter über seinen Venedigausflug und sein erstes deutsches Buch „Süden und Norden“ - eine 58-seitige vergleichende Darstellung der spanischen Stadt Valencia und Helgolands. Der Aufent-halt prägt ihn, er entdeckt die schnelle Überschaubarkeit kleiner Inseln, die er mit dem Leben auf einem Schiff vergleicht, wo man nach wenigen Tagen jeden kennt. Seine Berufung hat er gefunden, er tauscht die mögliche Mili-tärlaufbahn am Hofe gegen ein Leben als Reiseschriftsteller mit wissenschaftlichem Anspruch. Jetzt überschlagen sich die Ereignisse, Ludwig besucht die Liparischen Inseln, daraus entstehen 8 Bücher, d.h. über jede Insel eines und ein weiteres mit dem Titel „Allgemeiner Theil“. Ludwig wird von den Balearen fasziniert und schreibt sein 7 bändiges (9 Bücher) Monumentalwerk - Die Balearen - das in nur 100 Stück gedruckt wird und von dem Teile davon auf der Weltausstellung in Paris 1889 als Mei-sterwerk mit einer Goldmedaille belohnt werden. Die 9 Bücher sind sehr schwer erhältlich und liegen, wenn überhaupt, kurz vor dem 6-stelligen Bereich. Zum Trost erschienen bereits ab 1890 sogenannte Separatdrucke, aber auch die sind, wie fast alle Bücher des Archiduque (so wird er auf Mallorca genannt), hochpreisig und selten.

1872 erwirbt Ludwig die 51 Meter lange Dampfyacht „Nixe“, mit der er fortan vorwiegend das Mittelmeer erforscht. So entstehen Bücher wie „Alboran“, eine kleine Leuchtturminsel am Eingang des Mittelmeeres kurz nach Gibraltar, damals noch von 12 Leuten bewohnt. Er schreibt Bücher „Yacht-Reise in den Syrten“ oder „Eine Spazierfahrt im Golfe von Korinth“. Das ionische Meer begeistert ihn und so entstehen die 2 (3) Großfoliobände „Parga“ (475 Seiten und 219 S.) - ein damals etwa 100 Einwohner zählendes Dorf am Festland unterhalb Korfus vis a vis von „Paxos und Antipaxos“. Oder das zweibändige Werk „Zante“ - das heutige Zakynthos. Dann so tolle Bücher wie „Sommertage auf Ithaka“ und natürlich auch „Wintertage auf Ithaka“. 1893 erleidet Ludwig durch einen Navigationsfehler seines Kapitäns vor der algerischen Mittelmeerküste Schiffbruch, daraus entsteht das sehr seltene kleine Buch (27 Seiten) „Schiffbruch oder ein Sommernachtstraum“. 1894 erwirbt er von Fürst Johannes zu Liechtenstein die Dampfyacht „Hertha“, die er „Nixe II“ tauft. Das in Kiel von der Norddeutschen Schiffbau AG gebaute Schiff war rund 49 Meter lang und hatte 297 BRT. Später, nach seinem Tod (1915), wurde die Yacht noch einige Jahre auf Ithaka gesehen und gehörte anfänglich einer Familie Lakatsa, die nach Australien auswanderte und zuvor das Schiff der Verschrottung übergab.

Die Bücher alle aufzuführen, wäre hier nicht möglich, wer sich dafür interessiert, dem seien die sehr lesenswerten nachfolgenden Biographien über das Leben des Erzherzogs empfohlen:
Horst Joseph Kleinmann; Erzherzog Ludwig Salvator - Mallorcas ungekrön-ter König. Verlag Styria, Graz, Wien, Köln. 1991. Oder Dr. Helga Schwendinger; Erzherzog Ludwig Salvator - Der Wissenschaftler aus dem Kaiserhaus. Eine Biographie. Amalthea Verlag, Wien, München. 1991.

Statt einer weiteren Auflistung daher lieber noch ein paar Hinweise auf den Erzherzog selbst.
Er war bekannt dafür, dass ihm eine einfache Hirtenkleidung lieber war als ein feines Dinnerjacket, da er nur so die Nähe zur jeweiligen Bevölkerung fand. So erzählt man sich die Anekdote, er lag mit seiner Nixe in der Bucht von Korfu und am anderen Ende lag die Kaiserin „Sissi“ mit ihrem Schiff - die mit ihm verwandt war und ihn sehr schätzte.
Man tauschte sich aus und der Erzherzog wurde für den Abend zu einem Essensempfang eingeladen, mit dem Hinweis, heute kommen vornehme Leute, bitte im feinen Zwirn erscheinen. Das Essen begann, Ludwig stand auf, kipp-te sich die Suppe in die Jackentasche, sprach „mein Jacket war eingeladen, mein Jacket hat gegessen, wir gehen“.
Wie sensibel er sein konnte, mögen auch so einzigartige Bücher dokumentieren, wie „Zärtlichkeits-Ausdrücke und Koseworte in der friaulischen Sprache“ oder „Lieder der Bäume“, worin er das Säuseln der Blätter im Wind beschreibt und behauptet, dass man den Unterschied zwischen den einzelnen Baumarten hören kann.

Wichtig erscheint mir noch der Hinweis zu Mallorca. Ludwig Salvator erwarb ab 1872 an der Westseite Mallorcas, südlich der Bucht von Port de Soller, nach und nach großen Landbesitz. Man erzählt sich die Geschichte, wenn immer die Bauern der Umgebung Geldsorgen hatten, ließen sie Ludwig wissen, sie wollen all ihre Olivenbäume fällen. Das wollte der Erzherzog unter allen Umständen vermeiden und kaufte die Ländereien.

Für den Mallorcareisenden ist ein Besuch der privaten Museen und ehemaligen Landsitze des „Königs von Mallorca“ – Son Marroig und Mirrama - ein Muss. Wunderschön gelegen, beheimaten sie viele Erinnerungsstücke aus seinem Leben und für die Bibliophilen wahre Schätze - man kann dort fast alle seine Werke in einer Glasvitrine ansehen, und was mich besonders begeisterte, war eine Weltkarte, die alle Orte enthielt, über die der Erzherzog ein Buch geschrieben hat. Am 12. Oktober 1915 verstarb Ludwig Salvator auf Schloss Brandeis. Universalerbe wurde sein Privatsekretär Antonio Vives, der aus Mallorca stammte.

Ich selbst verehre den Erzherzog sehr und habe daher meinen 1910 gebauten Rheinschlepper ihm zum Gedenken „Erzherzog Ludwig Salvator“ getauft.



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