Traditionell am ersten Freitag im Februar fand das Classic Yacht Symposium des Freundeskreis Klassischer Yachten statt. Unser neues Hybridformat wurde von den Teilnehmern angenommen, so dass wir über 80 Personen in der Hamburger Präsenzveranstaltung in den Räumen des New Living Home und ca. 60 Online-Teilnehmer begrüßen konnten.
Der erste Themenblock „Konstruktionswissen“ befasste sich speziell mit der Entwicklung unserer schönen Yachten. Unser Referent Prof. H. D. Scharping hat die Szene seit Jahrzehnten beobachtet und gestaltet, als Bootsbauer, Yachtkonstrukteur und Professor für Yachtbau an der Hochschule für Technik in Bremen. Sein Vortrag begann mit einer Auswahl an historischen Büchern und streifte kurz die Geschichte von Frachtseglern bis zu wirklichen Yachten, u. a. durch die Entwicklung der Kiele und außen liegendem Ballast. Sodann kommentierte Herr Scharping ausgesuchte Entwürfe der bekanntesten Werften insbesondere an der Weser wie A&R, Lürssen und Burmester, den Konstrukteur Gruber und dessen Bedeutung für das Seesegeln. Breiten Raum nahm die Darstellung ein, wie eine Yacht am Reißbrett entsteht, vom Liniennetz zum Linienriss, die Gewichtsrechnung, Form- und Gewichtsschwerpunkt. Deutlich wurde, welche Anforderungen an die Stabilität zu stellen sind und wie eine Yacht bei Krängung vertrimmt und dem Steuermann das Ruder aus der Hand reißt. Zahlreiche Hinweise auf bauliche Ausführungen wurden gegeben. Herr Scharping hat bemerkenswerter Weise rein aus dem Gedächtnis heraus vorgetragen, neben ihm stehend unterstützte ihn sein Enkel Göran Scharping, Schiffbauingenieur bei A & R, mit Folien zu den einzelnen Aspekten.
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Im zweiten Block mit dem Titel „Fit für die Zukunft – wie gehen wir mit unseren alten Yachten um?“ berichtete Frithjof Pinck von der Yacht- und Bootswerft Stapelfeldt in Grauhöft über die Umbau- und Instandsetzungsarbeiten an der Hamburg V, der ersten Light-Deplacement-Hochseeyacht in Deutschland, gebaut bei A&R. Obwohl die heute 72 Jahre alte Yacht erst 2007 umfassend nach Originalplänen restauriert worden war, offenbarten sich dem neuen Eigner bereits während des Überführungstörns strukturelle Mängel und ein äußerst unbefriedigendes Manövrierverhalten. Den Ursprung der „Geburtsfehler“ konnte der Bootsbauer Pinck sehr anschaulich an der Entstehungsgeschichte der Yacht aufzeigen: das Spannungsfeld zwischen der damals üblichen traditionellen Yachtbaukonstruktion und einem innovativen Entwurfskonzept. So wurden die erforderlichen konstruktiven Nachbesserungsmaßnahmen dann auch eher als Weiterführung des Experiments Light-Deplacement-Hochseeyacht begriffen, um den bekannten Klassiker letztendlich ins richtige Fahrwasser zu bekommen. Im Verlauf des Vortrages wurden die umgesetzten Maßnahmen wie der Einbau eines kräftigen Rahmenspants und die Verlagerung des Ruders an den Spiegel detailliert gezeigt.
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Im dritten Block „Instandsetzung und Restaurierung“ stellten der Eigner Kai Greten sowie Christopher Hahn von der Werft Janssen + Renkhoff die Instandsetzung der Segelyacht Oromocto, eine 40-Fuß-Holzyacht aus der IOR-Zeit vor, die nach 65.000 Seemeilen intensiver Nutzung durch eine hochprofessionelle Grundsanierung vor dem Ende bewahrt wurde. Ein solches Ende wollte und konnte Kai Greten sich nicht vorstellen. Bereits in der Vergangenheit waren Maßnahmen zur Beseitigung von Schäden im Kielbereich notwendig geworden, die jedoch nicht nachhaltig waren. Auch wegen altersbedingter Delaminierungen von geklebten Rumpfverbindungen war ein umfassendes Sanierungskonzept in Zusammenarbeit mit dem Konstrukteur v. Ahlen erforderlich, wie Bootsbaumeister Hahn erläuterte. Eine neue Kielsektion samt neuem Kiel, umfangreiche Arbeiten am Unterwasserschiff mit anschließender Überarbeitung des Innenraums geben die Yacht nun eine neue Zukunft.
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Erfrischend der Instandsetzungsbericht über eine reparaturbedürftige Vindö 30: die Geschwister Jykke Bewarder und Thorge von Bosse beschrieben auf sympathische Art und Weise den Erhalt einer alten aufgegebenen Yacht, die sie mit viel Engagement und Unerschrockenheit wieder in Fahrt brachten. Dabei sind beide keine Bootsbauer. Mit Unterstützung von vielen Freunden – auch von solchen mit fachlichen Kenntnissen – wurde der Vorsteven erneuert und dabei konstruktive Defizite behoben, gebrochene Spanten geschäftet, der Rumpf ausgeleistet, marode Decksbauteile überarbeitet und die meisten Oberflächen überarbeitet. Nach anderthalb Jahren schwamm die Holzyacht wieder in der Ostsee; die Referenten scheinen jedoch unbeeindruckt von der Mühsal und weiteren anstehenden Arbeiten – ihr lebhafter und engagiert vorgetragener Bericht mit der abschließenden Erkenntnis „nur nicht abschrecken lassen“ war der perfekte Abschluss für ein gelungenes Symposium.