Am 22. Juli 2023 war es soweit: Der 100. Geburtstag der „Argo II“, der Clubyacht des Ammersee Yacht-Club (AYC), wurde ausgiebig mit Geschwaderfahrt, Steg-Empfang und Festabend gefeiert.
Dresscode: klarerweise in den Seglerfarben weiß und blau.
.
Die Geschichte der „Argo II“
Der 45er Nationale Kreuzer P-106 steht ganz in der Tradition der Clubyachten des Ammersee Yacht-Club.
Anfang 1952 konnte sie am Wannsee erworben werden und wurde auf den Namen „Argo II“ umgetauft. Gebaut 1923 von der Gebr. Engelbrecht Werft in Berlin Köpenick nach Plänen von Paul Franke für den Auftraggeber Alfred Schmidt, war die P-106 zunächst in der Seglervereinigung 1903 Berlin (SV 03) als „Daimon“ registriert.
Der erste Eigner war wohl der Sohn von Paul Schmidt, dem Erfinder der Trockenbatterie. 1896 ließ sich Paul Schmidt sein „Galvanisches Trockenelement mit Flüssigkeitsvorrat“ patentieren und legte damit die Grundlage für eine Massenproduktion und erfolgreiche Vermarktung unter dem Markennamen „DAIMON“.
Paul Schmidts Firma kam 1927 in finanzielle Schwierigkeiten, was die Vermutung nahelegt, dass aus diesem Grund die P-106 bereits zwei Jahre nach ihrem Bau den Eigner wechselte und an Dr. P. Herrmann verkauft wurde.
Dieser nannte das Schiff „Darling III“ und legte es wahrscheinlich nach Rostock, wo er in einem Yachtclub Mitglied war. Ein Hinweis aus dem Jahr 1932 zeigt, dass Dr. P. Herrmann nicht nur in Rostock, sondern auch im Potsdamer Yacht Club e.V. Mitglied war. Und somit ist es gut möglich, dass die P-106 als „Darling III“ auf dem Umweg über die Ostsee wieder an den Wannsee kam. Dort verliert sich in den 1930er Jahren leider ihre Spur.
Mitte der 1940er Jahre, nach Kriegsende, lag sie wohl für einige Zeit auf dem Grund des Wannsees. Um die edlen Schiffe dem Zugriff der Besatzungsmächte zu entziehen, wurden einige davon in den letzten Kriegstagen bei entsprechender Wassertiefe, in einer seichten Bucht an der Glienicker Brücke, bis zum Kajütaufbau versenkt und nach Beruhigung der Lage wieder gehoben.
Zur gleichen Zeit am Ammersee und nachdem sie während des 2. Weltkriegs jahrelang eingelagert war, wurde die Clubyacht „Argo I“ des AYC 1947 wieder in Dienst gestellt. Es wurde aber schnell klar, dass die 8mR-Yacht ohne ganz wesentliche Reparaturen nicht mehr einsatzfähig war. Abgesehen davon waren als Mindestbesatzung vier führungsberechtigte Mitglieder erforderlich, die leider nicht mehr da waren. Auch deshalb wurde die „Argo I“ letztendlich abgewrackt. Das Blei des Kiels der „Argo I“ konnte zur Zeit der Korea-Krise zu einem hohen Preis verkauft werden.
Mit dem Erlös wurde 1952 die P-106 am Wannsee erworben und ist seither als „Argo II“ im AYC beheimatet. Bei weit mehr als 2.000 Fahrten hat sie einiges erlebt. Mit über 22.000 zurückgelegten Seemeilen ist sie rein rechnerisch sogar eine Weltumseglerin.
Nachdem die „Argo II“ 1963 und 1964 ungenutzt an Land gelagert wurde, musste sie von der Mitterer-Werft, Riederau am Ammersee, Mitte der 1960er Jahre abgedichtet werden. In dieser Zeit wechselte sie ihre Rumpffarbe ... von weiß zurück zu ihrem angestammten mahagonifarbenen Naturholz-Teint.
1993 wurde sie von Grund auf durch die Bootswerft Liebner, damals in Utting am Ammersee ansässig, saniert. Das dafür notwendige Budget von 120.000 DM konnte nach einstimmigem Beschluss der Mitgliedschaft durch eine Umlage und Spenden finanziert werden.
Als Flaggschiff des AYC wird sie auch in der Jugendarbeit, bei Regatten vom Deutschland Cup der 45er bis zu Yardstick- und Classics-Regatten – auch auf anderen Revieren, wie dem Starnberger See und Bodensee – sowie zum Fahrten-Segeln eingesetzt.
Im Jahr 2017 segelte sie bei den Jubiläums-Regatten zum 150. Geburtstag des Verein Seglerhaus am Wannsee (VSaW) wieder einmal auf dem Wannsee.
Seit nunmehr 70 Jahren ist die „Argo II“ das Herzstück des seglerischen Clublebens des Ammersee Yacht-Club – mögen noch sehr viele Jahre hinzukommen.
Happy Birthday „Argo II“!
Hip Hip Hurra! Hip Hip Hurra! Hip Hip Hurra!
.
P.S.
Und falls Ihr Informationen über die frühen Jahre (1932 bis 1951) unserer „Argo II“ in Berlin oder anderswo habt, lasst es uns bitte wissen.
Herzlichen Dank.
Von Johannes Schmohl und Carina Eickmann