Im Konzeptverfahren Britischer Yacht Club gehen aktuell in Kiel die Wogen hoch, es gibt doch einige Verwunderung in der maritimen und politischen Szene ob der Empfehlung der Vergabekommission für die Bewerbung "Open City Bay" des Unternehmens Kieler Yachtservice.
Wir haben dem Verfahrensmanagement eine Verfahrensrüge zugestellt, ebenso wie die Mitbewerber des Projektes "Njord Harbour". Bisher ohne Erfolg, das Verfahrensmanagement wiederholt gebetsmühlenartig seine nicht stichhaltigen Argumente.
Ziel unserer Verfahrensrüge war es nicht, eine Bewertung des Wettbewerbs vorzunehmen, sondern die Schieflage der Entscheidung deutlich zu machen und dagegen anzugehen. Letztlich geht es in der Ausschreibung um die Findung des besten Konzepts für diesen Teil Kiels, die maritim-kulturellen und sozialen Aspekte und die Stadtteile Pries, Friedrichsort und Holtenau. Und genau diese Findung ist nicht passiert, eine vergleichende Analyse der Konzepte hat nicht stattgefunden. Man hat sich stattdessen große Mühe gegeben, durch Vorschieben formaler Gründe eine inhaltliche Diskussion der Ideen und eine Bewertung von Expertise und Kompetenz der Bewerber zu umgehen. Nun muss die Empfehlung der Jury noch den Bauausschuss der Stadt Kiel und andere Ausschüsse passieren und landet dann als ein Vorschlag in der Ratsversammlung, die als Herrin des Verfahrens über das weitere Vorgehen am 15. Dezember entscheiden wird.
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Was die Stadt Kiel sich alles entgehen lässt - eine Verteidigungsrede von Myriam Spicka, Mitglied im Projektteam "Open Harbour"
"Ich rekapituliere noch einmal: Nachdem die Briten ihren Yachtclub an der Kieler Förde verlassen haben und die Frage entstanden ist, was daraus entstehen kann, hat die Stadt Kiel ein Verfahren ausgelobt, indem ein gemeinnützig orientierter musealer maritimer Handwerker-Standort entstehen soll. Dazu sollte ein innovativer Wettbewerb der Ideen stattfinden, um die beste Lösung für die Landeshauptstadt zu finden.
Dass der Freundeskreis - trotz jahrelangem, ehrenamtlichen Engagements von vielen Mitstreitern in ungezählten ehrenamtlichen Stunden (sind es 5.000 oder 10.000 oder 50.000 Arbeitsstunden?) - nicht den Zuschlag erhält, ist zunächst nicht nur eine Tatsache, sondern sollte auch sportlich hingenommen werden. Was mir daran verwunderlich erscheint, ist eher die Tatsache, wofür sich die Gremien hier entscheiden möchten:
Vielleicht zähle ich erst einmal auf, was sie offensichtlich nicht haben möchten. Sie möchten keinen aus jahrzehntealter Kompetenz und Expertise entwickelten musealen, Gemeinwohl orientierten Standort mit Chancen für kleine Handwerker-Startups und lebendigen Treffpunkt maritimer Tradition und Innovation, getragen von ehrenamtlicher Arbeit und einem überzeugenden Konzept.
Sie möchten keine Gläserne Werft, getragen nicht nur von jahrzehntelanger Kompetenz, die kein Versprechen ist, sondern von bereits unter Beweis gestellten Fähigkeiten und Möglichkeiten (Symposien, realisierte Projekte, zahlreiche Regatten, Publikationen etc. – Fakten, Fakten, Fakten!).
Sie wollen auch keinen ressourcenorientierten Umgang mit den bestehenden Liegenschaften, angesichts einer galoppierenden Klimakrise, man möchte offensichtlich lieber bestehende Gebäude abreißen, um ungefähr dasselbe 20 m weiter neu zu bauen, ohne zwingende konstruktive, bauliche oder wirtschaftliche Argumente (wir haben es fachlich tragfähig untersucht!)
Und sie wollen auch nicht eine Auswahl der interessantesten und schönsten alten Yachten vor ihrer Haustür haben, kostenlos! Vielleicht sollte an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass es Schiffe aus der ganzen Bandbreite der alten Yachten sind, wobei der Aspekt des Breitensports ein wesentlicher Bestandteil ist. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen, dass dies keine unbewiesenen Behauptungen sind, sondern Jahr für Jahr, Saison für Saison, in einer dezentralen Struktur, an vielen Stellen an der Ostsee, an der Nordsee, und im Binnenland zu besuchen und in Augenschein zu nehmen ist, getragen von einer außerordentlich heterogenen Mitgliedergemeinde des Freundeskreises – unabhängig von der Größe des Geldbeutels.
Dieses ganze geschlossene, tragfähige, finanziell realisierbare Projekt wurde noch nicht einmal soweit genau geprüft, dass in der Konzeptphase dies in voller Breite dargestellt werden konnte, stattdessen sollte dieses komplexe und in sich vollständige Vorhaben jeweils in 15-minütiger Mini-Präsentation zusammen gefasst werden, konkurrierend in einem Wettbewerb der Schlagwörter, um dann mit der fadenscheinigen Erklärung abgelehnt zu werden, plötzlich wäre der Rückbau des blau-weißen Gebäudes Pflicht. Basta.
Übrigens an die Adresse der Gremien: Wir wollten den wesentlichen Projekt-Bestandteil einer Promenade so dicht wie möglich an die Schiffe heran führen, um die es hier ja eigentlich geht, weil das immer noch viel billiger ist als einen an sich obsoleten Neubau zu realisieren. Und falls die Frage kommt: Ja aber, das Alte ist ja so hässlich… Wir hätten es sehr schön hinbekommen, als Blickfang an der Förde, mit neuen Fassaden, nachhaltig, Ressourcen orientiert, ohne unnötige Millionen zu verschwänden- wer hat die eigentlich? Es sollte eben auch gemeinnützig tragfähig sein. Und, nur damit wir uns nicht missverstehen: Für die juristisch erforderliche Geschäftsstruktur ist und bleibt der Freundeskreis der Hauptakteur, um eine gemeinnützige Trägerschaft zu gewährleisten; ; nur weil immer wieder kolportiert wird, es gäbe dunkle Hintermänner in elitären Hamburger Hinterzimmern. Außer dem Klabautermann ist noch kein schwerreicher Strippenzieher um die Ecke gekommen, deshalb besteht unser Konzept ja aus der vorsichtigen, dezidiert geplanten, stufenweisen Entwicklung der bestehenden Bausubstanz.
Jetzt kommen ich zu dem, was stattdessen den Zuschlag erhalten hat, und lege hier Wert darauf, dass es sich hierbei um meine ganz private Wahrnehmung handelt: Prinzipiell wäre an der Vergabe an ein privatwirtschaftliches Unternehmen nichts auszusetzen, auch wenn man sich die Frage stellt, wie die ganzen Gemeinwohl orientierten Aspekte im Rahmen der engen wirtschaftlichen Zwänge eines Werften-Winterlagerbetriebs umgesetzt werden können. Ein weiterer interessanter Vorgang kommt hinzu: Ich konnte im Verlauf meiner engen Begleitung des Konzeptionsvorgangs folgendes Vorgehen genauestens beobachten: Wir haben unser Konzept jeweils transparent und öffentlich entwickelt und allen, die sich dafür interessierten, zugänglich gemacht. Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang, dass die Initiative der nunmehr offensichtlich erfolgreichen Mitbewerber sich immerhin beim Namen ihres Konzeptes noch eine geringe Variation unseres zuvor veröffentlichten und lancierten Konzeptes haben einfallen lassen. Bei den weiteren Modulen haben sie sich diese Mühe nicht mehr gemacht und z. B. geschrieben: Wir machen auch eine Gläserne Werft und ganz klar, dann machen wir ganz viel Kultur und Hafenfest und alles, was die anderen auch machen wollen, was für uns als wirtschaftlich arbeitender Werft auch eine Kernkompetenz ist – allein, wie das konkret aussieht, war noch nirgendwo zu lesen. Wie man hört, ist man bei den erfolgreichen Mitbewerbern allerdings etwas betrübt darüber, dass wir nach dem Verschenken unseres Konzeptes nicht auch noch unsere ehrenamtliche Tätigkeit dem wirtschaftlich arbeitenden Mitbewerber zur Verfügung stellen möchten. Schade eigentlich für den Mitbewerber. Ist das unverständlich?
Es gäbe noch einige sehr bemerkenswerte Teilaspekte, wie zum Beispiel der interessante Vorgang, dass eine öffentliche Institution einen Wettbewerb auslobt, bei dem sie sodann in Person einer Teilinstitution (der KiWi) als Mitbewerber erscheint, um in derselben Veranstaltung die Bewerbung gleich wieder zurückzuziehen, um… ja was eigentlich? Oder die Auslobung für den Kreis gemeinwohlorientierter Institutionen mit der plötzlichen Aufforderung, ein Gebäude im Wert von 2-3.000.000 zu bauen, also vielleicht zu bauen, oder vielleicht auch nicht, oder später - aber andererseits, wenn sie es dann nicht bauen wollen, dann sind sie raus! Ach, und übrigens geben Sie mir bitte einen detaillierten Businessplan auf die oben genannte präzise Anforderung…
Was haben wir in diesem Fall gemacht? Wir haben ein tragfähiges Konzept entwickelt, finanziell darstellbar, realistisch, umsetzbar. Kein Wolkenkuckucksheim und passgenau.
Es liegt mir vollkommen fern, mich darüber lustig zu machen, ich verstehe es nur nicht.
Insgesamt lässt mich dieser Vorgang doch etwas ratlos zurück. Denn was haben wir verloren? Eine großartige Chance – zugegeben. Wobei ich den Eindruck habe, dass es manche Gemeinde an der Küste gibt, die dieses bereits fertige Konzept und die geballte Kompetenz und Menpower gerne in Anspruch nehmen möchte. Dass es sich hier um die außerordentlich schwierige, gerechte Vergabe eines Filetstück an der Förde handelt, die nicht nur viele Interessen und Begehrlichkeiten weckt und gleichzeitig eine große Chance beinhaltet, ist ebenso klar wie verständlich, ebenso wie die Tatsache, dass es in diesem Verfahren nicht nur Gewinner geben kann.
Uns zwingt sich allerdings der Eindruck auf, dass die Stadt Kiel hier leider angesichts dieser vertanen Chance zu den Verlierern gehört. Was die tieferen Beweggründe der Entscheider im oben genannten Vergabeverfahren vor diesem Hintergrund sind, erscheint von diesem Standpunkt aus wenig verständlich.
Aber worauf die Stadt Kiel hier verzichtet, ist mehr als offensichtlich und lässt anscheinend nicht nur mich staunend zurück."