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Classic Yacht Symposium 2018 - Für Alle, die MEHR wissen wollen Den Dingen auf den Grund gehen das wollten die ca. 130 Teilnehmer des 4. Classic Yacht Symposium im Museum für Völkerkunde in Hamburg am 02. Februar 2018. Bereits im Vorwege hatten die Organisatoren für eine Schärfung des Profils des Classic Yacht Symposiums gesorgt: Hier geht es primär um Wissen! Und das ist für jeden Eigner einer klassischen Yacht als auch für die Fachleute z.B. von den Werften zunehmend wichtig. So standen dem Symposium ausgewählte Experten als Referenten zur Verfügung, um uns an ihrem Wissen teilhaben zu lassen. Das Programm fand in 3 dedizierten Themenblöcken statt: Konstruktionswissen: Die spannende Geschichte der Rennjollenklassen, Referent Artur Vlasaty aus Wien
. Thema 1: Konstruktionswissen Rennjollen Artur Vlasaty aus Wien hielt diesen Vortrag als ausgewiesener Experte in Sachen Rennjollen. Artur Vlasaty kennt alle Rennjollenklassen aus eigener praktischer Erfahrung, besitzt selber mehrere Boote (vornehmlich Rennzehner) und hat sich ausgiebig mit der Geschichte der Rennjollen auseinandergesetzt. Er nahm die Teilnehmer mit in die spannende Historie der Rennjollen, ihre Entstehung aus früheren Bootsklassen (z.B. der Gigklassen) und endgültige Klassifizierung auf dem Seglertag 1921 sowie ihre weitere Entwicklung bis heute. Die Rennjollen spielten eine große Rolle bei Innovationen und Technikentwicklung. In einzelnen Kapiteln wurden die Eigenarten der 22er (J-Jolle ex nationale Binnenjolle), 20er (Z-Jolle), 15er (M-Jolle), 10er (N-Jolle sowie Einheitszehner) und 5er Rennjolle (V) beleuchtet und erklärt. Technische Innovationen durch Konstrukteure (wie z.B. Reinhard Drewitz) oder auch Segler (z.B. Manfred Curry) wurden ausgiebig erläutert. In den endenden 20iger Jahren und beginnenden 30iger Jahren fand ein regelrechter Boom in der freien Rennjollenszene statt, die für jeden Bootskonstrukteur eine grenzenlose Herausforderung darstellte, denn jeder wollte das schnellste Schiff seiner Klasse entwerfen. So verwundert es nicht, dass Innovationen, die wir heute der Szene um den Americas Cup oder andere hochtechnisierte Regattaboote zusprechen, schon in den 20er Jahren stattfanden (Flügelsegel, drehbar gelagerte extreme Peitschenmasten, quer verschiebbare Fußpunkte am Vorsegelhals mit Rutschern auf Schienen angeschlagene Großsegel und vieles mehr). Ein unvorstellbar ergiebiges Feld, bei dem die Teilnehmer teilweise aus dem Staunen nicht mehr heraus kamen.
Dr.-Ing. habil. Joachim Göllner vom Institut für Werkstoff- und Fügetechnik der Universität Magdeburg erläuterte den Teilnehmern den heutigen Wissensstand zur Entstehung von Korrosion. Viele liebgewonnene Thesen wie Rost frisst den Stahl auf oder Rost = Korrosion wurden richtig gestellt und durch die moderne Sichtweise ersetzt. Obwohl der Vortrag tief in die elektrochemischen Vorgänge metallischer Oberflächen in korrosiven Medien (z.B. Wasser) führte, gelang es Dr. Göllner immer, die Vorgänge anschaulich und verständlich zu erklären. Die Teilnehmer erhielten somit sehr umfangreiches Basiswissen über die Entstehung von Korrosion und die dabei ablaufenden Vorgänge und Hintergründe. Im Rahmen des Vortrages wurden auch Ansätze der Korrosionsverhinderung angesprochen, für die explizit das Verständnis um den Ablauf und die Bedingungen zur Entstehung von Korrosion wichtig sind. Die wirksame Problemlösung der regelmäßig anzutreffenden Korrosionsprobleme bei Klassischen Yachten soll in der Weiterführung des Themas aufgezeigt werden.
Zwei Restaurierungsprojekte wurden von den jeweiligen Bootsbauern exemplarisch vorgestellt um anschließend über „Charta-gerechte“ Restaurierungskonzepte zu diskutieren. Die Referenten stellen ausführlich ihre Gedanken dar, die zu dem jeweils gewählten Vorgehen bei der Restaurierung geführt hat. Heiner Kemmer aus Meersburg / Bodensee berichtete von einer umfangreichen Restaurierung der 30er Schäre G 48 „HATHI“. Gravierende Schäden im Unterwasserschiff führten zur Erneuerung des Kiels sowie Vor- und Achtersteven zusammen mit Wangen und Kielplanken. Deutlich nachzuvollziehen war für den Restaurateur, dass offensichtlich bereits die Herstellung der Originalkonstruktion unter hohem Wirtschaftlichkeitsdruck stand also nicht nur in der Gegenwart ein Problem. Nicht alle Bauteile und Verbindungen wiesen die Qualität auf, die man von einer Yacht aus einer renommierten Werft erwartet hätte. Früher musste es manchmal auch schnell gehen, mit entsprechenden Folgen. Das zweite Restaurierungsobjekt stellt der Berliner Unternehmensberater Arne Kind (im Foto rechts)vor. Der gelernte Bootsbauer begann die Überarbeitung seines Vertenskreuzer Karo 3 „OHO“ mit dem Vorsatz, lediglich das Deck zu erneuern. Am Ende entstand ein fast vollständiger Neubau, der nur wenige ursprüngliche Planken des Überwasserschiffes übernahm. Kind entschied sich, die ursprüngliche Konstruktionsweise abzuwandeln, indem er alle Bauteile steif mit einander verklebte. Zusätzlich erhielt die Yacht Verstärkungen im Mastbereich. Die Holzart Eiche wurde komplett aus der Yacht verbannt da sie seiner Meinung nach zu ungeeignet für den Yachtbau ist. In der nachfolgenden Podiumsdiskussion mit weiteren Teilnehmern wie dem Bootsbauer Jörn Niederländer und den Eignern Christian Pütz und Andreas Reuner war die Wahl der Restaurierungsmethode denn auch erster Ansatzpunkt. Die Bootsbauer waren sich einig, dass das Konzept zusammen mit dem Eigner entwickelt werden sollte. Vorrangig ginge es um den Erhalt der Linien und den Charakter des Bootes weitere Maßnahmen sind in der Regel limitiert durch die finanziellen Mittel des Eigners. Nicht immer wären verdeckte Schäden die Kostentreiber, auch die zusätzlichen Wünsche der Eigner sprengen häufig den geplanten Kostenrahmen. Wie die Charta als Leitlinie für Restaurierungsmaßnahmen im Sinne des Erhalts auch der handwerklichen und konstruktiven Substanz wirken kann, konnte wegen der fortgeschrittenen Zeit an dieser Stelle nicht weiterführend diskutiert werden. Hierzu ist eine Fortsetzung mit konkreten Vorstellungen geplant. Festgestellt wurde, dass bei den meisten Yachten keine vollständigen Substanzschädigungen vorliegen, sondern es bei den üblichen Reparaturen sorgfältig abzuwägen gilt, wie weit Abweichungen vom Original noch ein fachgerechtes Ergebnis bringen.
Das Classic Yacht Symposium stellt in der gewählten Form ein einzigartiges Medium dar, Grundlagen und Praxiswissen zu vermitteln. Expertenwissen kann so effizient an die Klassikergemeinschaft weitergegeben werden. Die Zusammenstellung der Themen wird von aktiven Mitgliedern geleistet und entsteht aus einer profunden Kenntnis der Szene/Problematik, wie die bisherigen 4 Symposien gezeigt haben. Interessierte werden sich auch auf den kommenden Veranstaltungen über diese Themen informieren und so lernen können. Wir werden die Serie auf hohem Niveau weiterführen. Selbstverständlich sind Manöverkritik, Vorschläge, Erfahrungsberichte und tätige Mitwirkung rund um das Symposium willkommen. Hinweise bitte an classic-yacht-symposium@t-online.de
Fotos: Ariane Schulz
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