Bilge-, Innen- und Decksanstriche
Über den Innenanstrich von Vollholzbooten herrschen vielfach völlig falsche Vorstellungen. Während es bei Sperrholz- und Stahlbooten darauf ankommt. die Außenhaut eines Bootes innen und außen durch einen dichten Farbfilm vollständig abzuschließen, darf die Außenhaut eines Vollholzbootes niemals von beiden Seiten hermetisch abgeschlossen werden.
Vollholzboote dürfen daher an der Innenseite der Bordwand keinen Anstrich mit Lack oder Lackfarben erhalten, die das an der Außenseite bereits lackierte Holz hermetisch abschließen und der Trockenfäule aussetzen würden.
Statt dessen erhalten alle diese Teile einen zweimaligen Anstrich mit Halböl oder besser mit verdünntem Lack. Die Decksplanken und Decksbalken, die gewöhnlich kaum zu sehen sind, und die Mastbacken wird man ebenfalls mit Halböl oder mit einer besonders fetten Ölfarbe streichen. Kajütdecke und -balken werden selbstverständlich wieder lackiert. Die Bodenbretter werden ebenso wie die Schotten, die Seitenwände der selbstlenzenden Plicht usw. an der Außenseite lackiert, an der Innenseite nur mit Halböl oder verdünntem Lack gestrichen.
Grundsätzlich gilt für den Innenanstrich, dass hier niemals wie beim Schleifen des Außenanstriches Stahlwolle verwendet werden darf. Die beim Schleifen mit Stahlwolle abgeschliffenen feinen Stahlspäne setzen sich zwischen Spanten und Plankengängen fest, lassen sich schwer oder gar nicht entfernen, beginnen bei der Feuchtigkeit, die meistens im Innern des Bootes herrscht, zu rosten und verderben das Holz. Also innen, wenn geschliffen werden muss, nur mit feinem Schleifpapier arbeiten und, wenn trocken geschliffen wird, den feinen Schleifstaub mit einem mit Terpentinöl getränkten Lappen oder mit dem Staubsauger entfernen. Für die Einbauteile wie Schotten, Wegerungen, Kajütaufbauten, Flicht, Waschbord usw. ist die Behandlung und der Arbeitsgang der gleiche wie der für die Außenhaut von natur oder farbig lackierten Booten. Diese Teile werden lackiert. In zunehmendem Maße wird für den Innenausbau von Booten Sperrholz verwandt. Zum Unterschied von dem stets .arbeitenden" Vollholz kann Sperrholz von beiden Seiten durch einen dichten Farbfilm abgeschlossen, also von beiden Seiten lackiert und auch mit Zweikomponenten-Lacken gestrichen werden. Wichtig ist allerdings, dass die Schnittkanten des Sperrholzes durch einen Anstrich so abgeschlossen sind, dass hier keine Feuchtigkeit eindringen kann.
Die Bilge eines Vollholzbootes verlangt eine besondere Behandlung. Ein Vollholzboot ist ja niemals so vollständig dicht wie ein Stahlboot oder ein Sperrholzboot. Gewöhnlich steht in der Bilge mehr oder weniger Bilgewasser und das Holz hier ist besonders gefährdet, weil es ja meistens auf beiden Seiten dauernd im Wasser liegt. Atmen kann das Holz nur auf der Innenseite, aber nur, wenn es nicht durch Anstriche mit Lack oder Lackfarben hermetisch abgeschlossen wurde, wodurch dann die Trockenfäule einsetzt.
Die Bilge darf also unter keinen Umständen mit Lack, Ölfarbe oder Teer oder Teerfarben gestrichen werden, wohl aber mit Teeröl oder Gasöl. Besonders anfällig für Fäulnis ist die Bilge gewöhnlich auch dadurch, dass sie durch die vielen hineingebauten Teile, durch Bodenwrangen, Spanten, Fußbodenbalken usw. viele unzugängliche und schwer zu lüftende Ecken hat. Man sollte daher die Bilge nach einer gründlichen Säuberung gleich im Herbst gut durchtrocknen lassen. Zur Säuberung gehört, dass alle alten Farbreste, soweit sie nicht noch ganz fest am Holz sitzen, entfernt werden. Dabei besonders auf die Speigatten achten, die das Bilgewasser von der einen, durch Bodenwrangen gebildeten Abteilung in die andere durchlaufen lassen sollen. Sie werden meist durch die - auf die Schmutzreste geschmierte - Farbe verstopft, wenn sie nicht vorher sorgfältig gereinigt werden. Um die Durchlässe für das Bilgewasser offen zu halten, haben gut ausgerüstete Seekreuzer eine besondere Vorrichtung ähnlich der in der Zeichnung abgebildeten.
Vorrichtung zum Offenhalten der Durchlauföffnungen für das Bilgewasser. Eine Kette, wie sie zum Befestigen von Waschbecken-Stöpseln verwandt wird, ist durch die Durchlauföffnungen durchgezogen und unter Zwischenschaltung einer Feder festgemacht. Ein Rucken an der Kette genügt, um die Öffnungen von Schmutz freizumachen.
Für die Konservierung der Bilge sind Ölfarbe, Leinöl, Firnis, auch wenn sie ein wenig in das Holz eindringen sollten, daher nicht geeignet, weil sie nicht imstande sind, den Fäulnispilzen das Holz als Nährboden ungenießbar zu machen. Diese Mittel sind also für die Konservierung völlig wertlos, sie schaden im Gegenteil noch dadurch, dass die sich bildende Haut die Poren verstopft. Richtiger wäre es schon, das Holz roh zu lassen. Eine wirkliche Konservierung erfolgt dadurch, dass man das Holz mit Konservierungsmitteln tränkt und so für die Fäulnispilze vergiftet. Geeignete Konservierungsmittel sind das in dem Kapitel .Wie schütze ich mein Boot vor dem Verrotten" ausführlich behandelte Xylamon, weiter Cuprinol, jede Art von Mineralöl, auch (dünnflüssiges) Karbolineum und ähnliches, nicht aber der in Deutschland übliche Black Varnish", der nicht in das Holz eindringt, sondern nur eine abschließende Haut bildet. Also zugunsten der Holzimprägnierungsmittel, die im Gegensatz zu deckenden Farbanstrichen ein Atmen und damit Wiederaustrocknen des Holzes zulassen, sollte man grundsätzlich auf einen Farbanstrich der Bilge von Vollholzbooten verzichten.
Auch bei der Behandlung der Bilge von Stahlbooten ist größte Sorgfalt erforderlich. Entweder wird die konventionelle Mennige verwandt in einer Spezial-Unterwasser-Ausführung oder es wird wie beim Unterwasserschiff Zinkschutz eingesetzt. Zinkschutz ist besonders dort zweckmäßig, wo edlere Metalle als das Eisen vorhanden sind, um eine Korrosion zu vermeiden. Selbstverständlich ist es unzweckmäßig, in der Bilge vergiftete Unterwasserfarben zu verwenden, weil die ja auf stählernen Booten gewöhnlich knochentrockene Bilge als Stauraum vor allem auch für Nahrungsmittel benutzt wird.
Die Eisenteile eines Holzbootes, eiserne Bodenwrangen, eiserne Knie, Rüsteisen, Ruderkoker, Schwert, stählernes Ruderblatt usw., sind wohl ausnahmslos verzinkt, durch die Verzinsung sind sie aber auf die Dauer nicht endgültig vor Zerstörung durch Rost geschützt. Die im Innern des Bootes über der Wasserlinie befindlichen verzinkten Eisenteile (Bei Kompositbauten ist ihre Zahl nicht gering) wird man zur Verschönerung mit klarem Zaponlack streichen. Sonst grundiert man, vor allem auch in der Bilge mit einer modernen Rostschutzfarbe für Unterwasser oder man behandelt alle diese Teile, nachdem sie gut metallrein gemacht sind, mit Cellerol-Zinkschutz. Dieser Zinkschutz ist auch das Beste für das eiserne Schwert und eiserne Ruderblätter. Der Schutz gegen Korrosion beruht auf einem elektro-chemischen Vorgang, bei dem das Eisen die sich nicht verändernde Anode und das unedlere Metall (Zink) die sich langsam abbauende Kathode bildet. Nach Trocknung wird eine mausgraue, matte Oberfläche erzielt, die durch Nachbehandlung mit Messingdrahtbürsten auf Silberglanz gebracht werden kann. Der Zinkschutz wird nach gründlichem Auf- und Durchrühren mit dem Pinsel satt verstrichen. Das Material ist nach l bis 2 Stunden griffest und nach 3 bis 4 Stunden durchgetrocknet. Bei sehr grobporigen und profilierten Stücken empfiehlt es sich, den Zinkschutz zweimal übereinander aufzutragen.
Erwähnt sei, dass Anstriche auf verzinkten Flächen, die nicht vorbehandelt werden, starke Neigung zum Abplatzen zeigen. Das liegt daran, dass die verzinkten Flächen eine meist fettige und überaus glatte Oberfläche haben, die dem Anstrich so nicht die nötige Bindung geben kann. Es gibt, um diese Schwierigkeit zu beseitigen, besondere Entfettungsmittel und den sogenannten Wash-Primer, mit dem die Fläche angeätzt wird, so dass eine gute Verankerungsmöglichkeit für den nachfolgenden Anstrich gegeben ist. Früher rauhte man die Oberfläche verzinkter Eisenteile vor dem Anstrich durch Schmirgel auf.
Der Wunsch der Eigner von Vollholzbooten nach möglichst dichten, widerstandsfähigen und rutschfesten Decksüberzügen hat in jüngster Zeit zu immer neuen Entwicklungen geführt, über Glasharzüberzüge von Decks wird an anderer Stelle berichtet, über andere neuere Kunststoff-Überzüge für Decks liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Hier soll daher nur vom Anstrich von Decks in der bisher üblichen Art die Rede sein.
Das Naturfarben-Deck wird wie die naturfarbene Außenhaut behandelt und lackiert, das farbige Plankendeck entsprechend. Neuerdings wird für den Decksbelag vielfach nicht mehr Vollholz verwandt, sondern Sperrholz. Wenn es keinen Leinenüberzug bekommt, sondern naturfarben bleiben soll, kann ein Sperrholzdeck mit den härteren und widerstandsfähigeren Zweikomponenten-Lacken gestrichen werden. Allerdings hat auch dieser Anstrich den Nachteil, dass er sehr glatt ist.
Der Leinendecksbezug darf auf keinen Fall mit Lack oder Lackfarben gestrichen werden. Durch die Lackierung wird der Leinenbezug spröde. Zunächst entstehen nur kaum sichtbare Haarrisse, die aber mit der Zeit immer größer werden. Durch den Mangel an Fett und durch die besonders starke Einwirkung der senkrecht auftreffenden Sonnenstrahlen wird der Stoff immer spröder, die Stoff-Fasern werden ausgedörrt und verlieren ihre Elastizität. Die Decksplanken arbeiten, wenn sie aus Vollholz bestehen, jedoch weiter und schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit entstehen über den Plankennähten Risse im Decksbezug, dessen Lebensdauer dadurch wesentlich vermindert wird. Das Leinendeck darf nur mit einer Firnisfarbe mit gar keinem oder wenig Harzgehalt gestrichen werden. Es empfiehlt sich, die von den Farbfirmen hergestellten Spezialfarben für Leinendecks zu verwenden. Das gleiche gilt für Rettungsbojen (Rettungsringe), die mit Leinen überzogen sind. Auch sie dürfen nicht mit Lackfarben gestrichen werden, weil der Leinenbezug sonst rissig wird und frühzeitig reißt. Auch sie streicht man mit Leinendecksfarbe und zwar möglichst in gelber Farbe, weil ein im Wasser schwimmender gelber Rettungsring besser zu erkennen ist als ein weißer. Das Leinendeck wird zweimal mit der Spezialfarbe gestrichen und erhält dann im Laufe des Sommers, wenn der Anstrich abgetreten ist, noch einmal einen weiteren Anstrich.
Um den Anstrich von Leinendecks rutschfester zu machen, wird ihm vielfach feingemahlener Sand zugesetzt. Für Stahldecks gibt es besondere Farben für einen rutschfesten Anstrich auch bei Nässe, der nach dem Trocknen eine rauhe Oberfläche ergibt. Dieser Anstrich ist dicker als gewöhnliche Farben und soll satt und zuletzt durch Tupfen mit dem Pinsel aufgetragen werden. In Amerika wurde ein auch in Deutschland erhältlicher rutschfester Belag entwickelt, der etwa wie Schmirgelleinen aussieht und der in Streifen von 152x610 mm in den Farben Rot, Grün, Schwarz und Silber geliefert wird. Es gibt diesen rutschfesten Belag selbstklebend oder auch zum Aufkleben mit einem besonderen Kleber, der erst auf die zu beklebende Fläche aufgestrichen werden muss. Mit diesem Belag kann man diejenigen Stellen auf dem Vordeck, auf dem Achterdeck oder auch auf dem Kajütdeck, wo man beim Arbeiten Standfestigkeit braucht, belegen.