PFLEGE & ERHALT

„Einlagerung & Inspektion“ for beginners

Bootsbaumeister Uwe Baykowski, Sachverständiger und Leiter der Werft des Kieler Yacht-Clubs, gibt auf unserer Internetseite Tipps zur Pflege und Instandhaltung klassischer Yachten.
Diese Folge - „Einlagerung und Inspektion“ - wendet sich in erster Linie an Neueinsteiger.

Die Winter-Lagerung

Jollen und kleinere Yachten können auf dem Trailer bleiben, dieser wird aber unter den Achsen und unter der Deichsel mit Pallhölzern gestützt, damit die Räder entlastet werden.

Das Aufpallen einer Yacht mit Kanthölzern, Latten und Keilen birgt erhebliche Risiken, besser wird sie auf sicheren Stahlböcken eingelagert. Das Hauptgewicht muss in jedem Fall auf dem Kiel sein, die Stützen werden erst anschließend festgezogen, sie dürfen nicht in die Seiten drücken. Längere Überhänge werden unter Bug und Heck abgestützt.


nicht ohne Risiko


gut abgestützt

Vor dem Abdecken mit einer Plane (Polyester oder alubeschichtetes Tuch) wird das Boot gründlich gewaschen, um Seewasser und Schmutz zu entfernen. Pocken und Algenbesatz kann mit einem Hochdruckreiniger beseitigt werden, hier ist jedoch besondere Vorsicht geboten, bei zuviel Druck und zu geringem Abstand können Holzfasern herausgerissen werden.

Durch eine gute Abdeckung wird das Boot vor Feuchtigkeit und Nässe geschützt, auf keinen Fall darf diese aber so dicht sein, dass eine gute Belüftung verhindert wird. Die Luft soll zirkulieren, um so Schimmel und Fäulnis vorzubeugen.

In der Halle ist es weniger kompliziert, hier wird das Boot lediglich durch eine Plane vor Staub geschützt. Dennoch ist es wichtig, dass die Feuchtigkeit in der Halle reguliert werden kann. Für ein Winterlager draußen wie in der Halle ist eine relative Luftfeuchtigkeit von 60-65 % gut.

Das Rigg

Der Mast und die Spieren werden mit Wasser abgespült. Beim Mast wird geprüft, ob die Leimnähte geschlossen sind. Gibt es Scheuerstellen oder sogar schon Feuchtigkeit unter dem Lack? Ist Fäulnis unter den Mastbeschlägen festzustellen oder fangen sie an zu “rutschen”, so sind die Beschläge wie Wantenhänger, Vorstagbeschläge, Lümmelbeschlag und ihre Verschraubung genauer zu untersuchen. Eine entsprechende Prüfung wird bei den Spieren und Salingen, insbesondere in den Hirnholzbereichen, gemacht. Blöcke und Lager am Mast werden gefettet, die Winschen gereinigt und anschließend ebenfalls gefettet. Die elektrischen Leitungen am Mast werden kontrolliert und mit Kontaktspray behandelt.


Aufgegangene Leimnähte

Bei der Lagerung des Mastes wird darauf geachtet, dass der Mast gerade liegt, da er sich sonst während des Winters verzieht. Er liegt gut belüftet - auf keinen Fall wird er dicht eingepackt, dann gibt es im Frühjahr unangenehme Überraschungen.

Die Wanten werden überprüft: Gibt es Knick- oder Bruchstellen in den Kardeelen, ist Korrosion an der Pressung der Walzterminals festzustellen? Sind Toggles und Spanner ok? Bei der Prüfung der Fallen und Backstagen wird ebenfalls auf Knick-, Bruch- und Schamfilstellen geprüft.

Tauwerk
Alles laufende Gut wie Schoten, Fallen, Taljen und Festmacher wird aus dem Boot genommen und zuhause gelagert. Wer’s mag, kann auch alles in die heimische Waschmaschine stecken – Temperaturen bis zu 60 Grad halten sie aus.

Die Segel
werden vor dem Einlagern überprüft: Sind Lieken, Nähte und Kauschen ok, gibt es Schamfilstellen, sitzen alle Rutscher und Stagreiter fest? Wenn nicht, können die Segel direkt zum Segelmacher gebracht werden – ansonsten werden sie zuhause gewaschen und luftig und trocken gelagert, denn auch bei Dacron-Segeln können durch Feuchtigkeit Schimmel und Spaakflecken entstehen.

Rollreff
Die Trommel und die Lagerung werden mit klarem Wasser ausgespült, um Salzablagerungen zu entfernen, damit keine Schwergängigkeit entsteht.

Anker und Kette
Ist die Kette in einem Kabelgatt gelagert, ist es sinnvoll, die Kette herauszunehmen, um das Kabelgatt zu trocknen und zu belüften. Bei der Gelegenheit können auch die Metermarken der Kette erneuert und der Augbolzen zur Befestigung der Kette geprüft werden.

Propeller
Festpropeller müssen nicht demontiert werden, Faltpropeller werden abgebaut und in den Lagern gereinigt. Polieren auf Hochglanz kann vorzeitigen Pockenbesatz verhindern.

Opferanoden
Die Anoden werden kontrolliert, um festzustellen, ob sie erneuert werden müssen oder noch eine weitere Saison funktionsfähig sind.

Schiffsinneres

Die Luken des Bootes werden geöffnet, unter Deck werden die Bodenbretter hochgenommen und alle Schubladen geöffnet. Wer genügend Platz zuhause hat, räumt die Schubladen aus, so gibt es gleichzeitig die Möglichkeit, Wichtiges von Überflüssigem zu trennen.

Säurebatterien werden ausgebaut und zweckmäßigerweise zuhause gelagert, dort werden sie bis zum Frühjahr regelmäßig kontrolliert und ggf. aufgeladen. Bleiben sie im Boot, müssen sie vor Frost geschützt werden.

Auch der Motor wird winterfest gemacht – dies muss allerdings schon vorher, noch auf dem Wasser, geschehen. Nachdem der Motor warm gelaufen ist, wird das Öl gewechselt und der Filter ausgetauscht. Das Seewasser aus dem Kühlsystem wird vollständig entfernt und durch Süßwasser mit Frostschutz ersetzt, bei Zweikreiskühlsystemen wird der Frostschutz kontrolliert. Wird nachgefüllt, muss der Motor warmlaufen, damit sich Wasser und Frostschutz gut mischen können.

Seeventile
Die Ventile auf Funktionalität prüfen, Schiebeventile (mit Handrad) sollten besonders sorgfältig geprüft werden, sicherer ist es auf jeden Fall, sie gegen Kugelventile aus Sondermessing oder rostfreiem Stahl auszutauschen. Das Gleiche gilt für die Borddurchbrüche, denn schon manches Schiff ist im Hafen wegen defekter Seeventile auf Grund gegangen. Die Schlauchleitungen und Schellen sollten ebenfalls sehr sorgfältig kontrolliert und ggf. erneuert werden. Auf jede Leitung unterhalb der Wasserlinie gehören zwei Schlauchschellen!

Pumpen
Die Lenzpumpen, sowohl Membranpumpen als auch elektrische Pumpen, werden kontrolliert. Bei Membranpumpen wird die Membran auf ihren Zustand überprüft, ist sie rissig, muss sie ausgewechselt werden. Bei elektrischen Bilgepumpen wird der Saugkorb gereinigt, die Kabel und Kontakte werden auf Korrosion überprüft.

Frischwassertank
Das Restwasser im Tank wird durch einen Zusatz (z.B. Silber-Ionen) entkeimt und anschließend abgelassen.

Kraftstofftank
Wenn die Hallenordnung nichts Anderes besagt, wird der Dieseltank randvoll gefüllt, um Korrosion durch Kondenswasser zu vermeiden.

Toilette
Die Toilette wird mit Frischwasser und Frostschutz durchgespült.

Bilge
Der Leckstopfen der Bilge wird herausgedreht, die Bilge wird durchgespült, gereinigt und getrocknet, damit später bei der ausführlichen Inspektion Problembereiche gut zu erkennen sind. Dann am besten im Schiff gründlich mit einem kräftigen Staubsauger alles reinigen, auch die Schubladen und die Backskisten.


Die ausführliche Inspektion

Nachdem nun alles sauber und trocken ist, kann die jährliche Inspektionstour gemacht werden. Zu der Liste der Schäden, die während der Saison beobachtet wurden, kommen jetzt weitere Arbeitspunkte hinzu und der Umfang der Arbeiten, die im Winter und Frühjahr zu leisten ist, zeichnet sich langsam ab.

Unterwasserschiff

Ballast und Kielbalken
Die Kontrolle beginnt beim Ballast – glücklich der, der einen Bleikiel hat, er muss sich über immer wieder auftretenden Rost nicht ärgern. Tritt an der Naht zwischen Ballast und Kielbalken Wasser aus? Der Kielbalken wird zwischen Vorsteven und Achtersteven kontrolliert. Wie ist der Zustand der Verbindungen und Laschen zwischen Kielbalken und Steven? Ist die Stevenlasche (Übergang zwischen Kielbalken und Vorsteven) fest und dicht? Ist sie offen, werden die dortigen drei Bolzen geprüft. Sind Verschiebungen am Totholz festzustellen? Dies kann auf eine mangelhafte Verbindung von Rumpf und Ballast hinweisen (Kielbolzen).

Beplankung
Die Beplankung wird auf Risse oder Fäulnis im Holz geprüft. Sind die Nähte geschlossen, sitzen die Planken fest in der Sponung oder treten sie aus? Mit einem Holz- oder Gummihammer werden die Verbindungen von Enden und Unterkanten der Planken zu Kiel und Steven geprüft, sie dürfen nicht lose sein. Zeichnen sich Plankenstöße ab, die auf eine Leckage hinweisen? Sind lose Pfropfen der Vernietungen bzw. Verschraubungen festzustellen? Ist die Beplankung ausreichend durch Primer geschützt?


offene Plankennähte


Rost...


Riss im Heckbereich


Risse und Farbschäden im Unterwasserbereich

Ruder
Der Ruderkoker und die Beschläge werden auf festen Sitz, Spiel und Korrosion geprüft. Weist das Ruderblatt Risse oder offene Leimnähte auf?

Überwasserschiff

Zeichnen sich Nähte bei den Planken ab? Sind die Nähte evtl. im Laufe der Saison größer geworden oder ist der Zustand so noch ok? Gibt es Schäden im Lack wie Risse, Blasen oder Abblätterung? Gibt es irgendwo Scheuerstellen an der Außenhaut? Weisen austretende Pfropfen auf Korrosion der Vernietung oder Verschraubung hin?

Deck
Ein Teakdeck ist mit dauerelastischem Fugenmaterial (z.B. Sikaflex) verfugt. Durch die Sonneneinstrahlung wird dieses Material strapaziert, es kann zum Verspröden und zur Flankenablösung kommen – auch das sollte geprüft werden. Alle Pfropfen werden geprüft: Sind sie fest und nicht von Feuchtigkeit unterwandert? Ist ein Pfropfen um das Pfropfenloch herum schwarz oder kommt er sogar hoch, dann ist meist die Verschraubung darunter korrodiert.


wenn der Beschlag mal abmontiert ist


fehlende Pfropfen im Teakdeck


Lackschaden am Aufbau


dsgl.


Risse im Kajütdach


Lackschaden am Plichtsüll

Sind Lackschäden an Leibhölzern, Schandeck und Mittelfisch sichtbart? Das Setzbord wird auf Festigkeit geprüft. Ist es im Bereich der Genua-schienen lose, gibt es Ablösungen des Setzbordes vom Schandeck?

Weitere Prüfungen an Deck: Alle Beschläge, wie Klampen, Umlenkblöcke und Umlenkrollen. Bei Relingsstützen wird die Verschraubung der Reelingsfüsse durch die Hebelkräfte oft lose, dadurch kann leicht Wasser eindringen und das Holzes unterwandern. Das Gleiche gilt für die Leitschienen der Vorsegel, also die Verschraubungen prüfen, ob etwas lose ist und so die Stelle undicht werden kann.

Das Kajütdach ist meist weiß lackiert, evtl. auch mit Leinen be-spannt. Dieser Bereich neigt zur Rissbildung, da die Lackierung durch die Schicht, die alle Jahre wieder aufge-tragen wird, immer dicker wird. Durch die Risse kann leicht Wasser (zwischen Leinen und Kajütdach) eindringen, dies führt schnell zur Fäulnis.

Dann folgt die Prüfung der Lackierung aller Aufbauten, insbesonder der Aufbauseiten im Bereich der Fenster und vorne an den Ecken, an den Rahmenverbindungen der Kajütseiten und an der Stirnwand. Das ist eine Stelle, an der sich durch das Arbeiten des Holzes Spalten öffnen. Häufige Ursachen von Leckagen sind solche undichten Aufbau-Decks-Verbindungen.

Im Cockpit (auch Plicht genannt) wird die Lackierung auf Schäden wie Risse, Blasenbildung, Scheuerstellen oder Unterwanderung durch Feuchtigkeit untersucht.

Die Backskisten werden soweit wie möglich entleert und anschließend auf Feuchtigkeit und Fäulnis untersucht. Sind die Dichtungen und Scharniere der Backskistendeckel in Ordnung? Sind die Verschlüsse der Backskisten sicher – nur so kann unbeabsichtiges Eindringen von Seewasser verhindert werden.

Die Luken und Skylights werden auf Dichtigkeit und Funktion der Lukenbänder (Scharniere) und der Verschlüsse geprüft, damit sie auf See dicht verschlossen werden können und kein Wasser bei Seegang eintreten kann.

Wichtig ist auch die Wartung der Schot- und Fallwinschen. Auf jeden Fall die Winschen aufmachen und kontrollieren, ob sie stark verschmutzt sind, dann reinigen und anschließend handelsübliches Winschenfett verwenden – auf keinen Fall Fett aus dem Baumarktregal, dies neigt zum Verharzen, die Winsche laufen dann schwergängig. Ob anstatt des Fettes lediglich Sprühöl verwendet wird, ist eher Gefühls- und Bauchsache.

Unter Deck

Die Bodenbretter sind raus, alles ist sauber und trocken. Jetzt wird geprüft, ob die Verbände in Ordnung sind, Spanten, Bodenwrangen, Stringer und Weger, die den Verband der Bauteile untereinander gewährleisten. Das wird mit einem kleinen Holz- oder Gummihammer gemacht, indem man vorsichtig seitlich gegen die Spanten schlägt, um zu prüfen, ob die Bauteile lose oder gebrochen sind.

Dann wird kontrolliert, ob die Nüstergatten (Durchlässe) in den Bodenwrangen durchgängig sind, sie setzen sich leicht zu und dann bilden sich schnell Wassernester.

Anschließend wird geprüft, ob im Bilgenbereich Fäulnis vorhanden ist. Besonders gefährdet sind Spantfüße, Bodenwrangen und Mastfuß mit Kielschwein im Bereich der Kielbolzen. Ist die Konservierung des Bilgebereiches (Farbe oder Öl) noch ausreichend?

Nun folgt die Kontrolle der Eisenteile des Rumpfes: Kreuzbänder, Diagonalbänder und Püttings, die an der Außenhaut oder im Mastbereich befestigt sind. Hier entsteht oft Kondensation, die Feuchtigkeit wird dann an das Holz weitergegeben und es entsteht Fäulnis. Dies sind ganz sensible Punkte, die sorgfältig kontrolliert werden müssen.


Püttinge verrostet


Pütting verrostet


Gebrochener Spant

Weist der sichtbare Teil des Kielbolzens starke Korrosion auf? Tritt dies in Verbindung mit Auffälligkeiten an der Kielbalken-Totholz-Ballast-Verbindung auf, muß über das Ziehen der Kielbolzen nachgedacht werden.

Elektrik und Elektronik
Generell werden Leitungen und Kontakte auf Korrosion und Brüche geprüft und gegebenenfalls mit Kontaktspray konserviert.


Nach dieser Inspektion hat man zusammen mit der Mängelliste, die während der Saison entstanden ist, eine Übersicht über all die Arbeiten, die in den nächsten Wochen und Monaten zu leisten sind. Nun kann die eigentliche Planung für den Winter und das Frühjahr beginnen.



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