PFLEGE & ERHALT

Nasse Schoten gegen Sommersonne

Sommerzeit - Pflegezeit
Nach den intensiven Winterarbeiten brauchen die klassischen Yachten auch während der Sommersaison umsichtige Pflege und Wartung. Dies gilt sowohl für die Liegezeit am heimatlichen Steg, als auch für die Zeit während des Einsatzes auf See.

Von Uwe Baykowski


Belüftung

Liegt das Boot längere Zeit unbenutzt am Steg, ist für eine gute Luftzirkulation im Inneren zu sorgen, um Fäulnisbefall durch hohe Luftfeuchtigkeit zu verhindern. Auf größeren Booten sollen die guten alten Doradelüfter für Durchzug sorgen, oftmals sind diese jedoch nicht optimal platziert, um besonders in den Überhängen vorn und achtern wirksam zu arbeiten. Hier wären zusätzliche Pilzlüfter als, zugegeben nicht sehr ästhetische, aber wirksame Lüftungsergänzung sinnvoll.

Wer es mit den Verschlussvorgaben der Versicherer vereinbaren kann, sollte zusätzlich das Vor- und Schiebeluk am Niedergang einen Spalt offen lassen. Eine Persenning, über das Vorluk gespannt, erhöht den Saugeffekt und spendet gleichzeitig Schatten zum Schutz der Lackierung. Bei kleineren Booten bietet sich meist sowieso keine andere Möglichkeit. Um auch die Bilge zu belüften, sollten auch einige Bodenbretter aufgestellt werden, genauso Schranktüren und Klappen unter den Kojen. Natürlich ist auch konstruktiv darauf zu achten, dass Schapps, Wegerungen, Verblendungen und Kojenkästen ausreichend hinterlüftet sind.

Um die Luftfeuchtigkeit im Schiff möglichst niedrig zu halten, sollte darauf geachtet werden, dass sowenig Wasser wie möglich im Schiffsrumpf bleibt. Das heißt Bilge lenzen, vielleicht sogar trocken wischen, im Besonderen da, wo Wasser stehen bleibt und nicht ablaufen kann. Bei den Folkebooten zum Beispiel auf den Landungen der Klinkerbeplankung, in den Backskisten und unter den Kojen. Stetig stehendes Wasser unterkriecht mit der Zeit jede Art von Konservierung und richtet Schaden an.
Keine nassen Leinen, Feudel oder nasses Ölzeug in den Backskisten lassen.

Speigatten in den Bodenwrangen sollten auf Durchgängigkeit kontrolliert werden. An unzugänglichen Stellen wird eine Kette durch die Speigatten der Bodenwrangen gelegt. Durch regelmäßiges Bewegen der Kette werden die Speigatten gereinigt, das Wasser kann abfließen. Es sollte selbstverständlich sein, die Bilge sauber zu halten. Der übliche „Bilgenkäse“, meist ein Gemisch aus Sand, Körperhaaren, Brotkrümeln und Nudeln hält die Feuchtigkeit hervorragend und dringt zwischen Spalten von Verbindungen, wie z.B. Planke-Spant, Planke-Sponung oder unter die Bodenwrangen.


Sonnenschutz & Lackpflege

Yachteigner und Werften haben zunehmend Schwierigkeiten, die Klarlackierungen, besonders auf liegenden Flächen, unbeschadet über die Saison zu bringen. Leichte Rissbildungen, so genannte Krakelierungen, zeigen sich manchmal schon zur Mitte der Saison auf den Lackoberflächen. Frisch eingetönte Mahagoniflächen bleichen zu schnell wieder aus. Ein Sonnenschutz aus leichtem Persenningstoff wirkt da Wunder und verlängert die Lebensdauer der Lackierung enorm. Immer mehr Eigner klassischer Yachten schützen auf diese Weise auch die naturlackierte Außenhaut ihres Bootes.

Am Besten wäre es, das ganze Boot in eine Persenning einzupacken, was bei größeren Booten nicht immer praktikabel ist, besonders wenn das Boot häufiger benutzt werden soll. Bei Drachen und Folkebooten ist die Ganzkörperpersenning inzwischen unverzichtbar geworden. Hier sollte jedoch auf Luftzirkulation geachtet werden. Sehr sinnvoll sind teilbare Persenninge, die nur nach Süden oder Westen ausgerichtet sind. Berühmte Schönheiten wie „Endeavour“ und „Velsheda“ segeln in der Karibik sogar mit ihren Plüschverdecken auf Luken und Niedergängen, nur zur Antigua Classic Week werden die Abdeckungen abgenommen.

Auch das Salz des Seewassers setzt der Lackierung zu. Aufgetrocknete Salzkristalle wirken im Sonnenlicht wie unzählige kleine Brenngläser und zerstören zusätzlich den UV-Schutz des Lackes. Aus diesem Grunde sollte man es sich zur Regel machen, das Boot nach jedem Einsatz im Seewasser mit Süßwasser abzuspülen. Übrigens werden bezahlte Bootsleute frühmorgens losgeschickt, um die Lackflächen mit dem Morgentau abzuledern; auf diese Weise verbleiben auch keine Wasserflecken. Im Urlaub und an den Wochenenden kann dies auch der „normale“ Bootseigner bewerkstelligen.

Die Lackierungen müssen auch während des aktiven Segelns, etwa auf dem Urlaubstörn oder an den Wochenenden, kontrolliert werden. Weist die Lackoberfläche Risse, Scheuerstellen oder graue Stellen auf, die auf Feuchtigkeitsunterwanderungen hinweisen, sollten diese unverzüglich behandelt werden. Deshalb ist es unerlässlich, Pinsel in verschiedenen Größen, sowie ein kleines Gebinde Lack oder Öl an Bord zu haben. Die Stellen werden je nach Abnutzung oder Beschädigung angeschliffen und 2-3 mal angetupft. Diese angewandte “Erste Hilfe“ kann ein Vielfaches an Arbeit im Winter ersparen.


Umgang mit Leckagen

Man mag es kaum glauben, aber Leckstellen von oben, also durch Deck und Aufbauten, sind für die Yacht schädlicher als Leckagen von unten, sofern diese nicht ein Sicherheitsrisiko darstellen. Regenwasser, das stetig durch Deck-Aufbauverbindungen, Fenster oder undichte Decksnähte ins Bootsinnere dringt, führt stärker zu Fäulnis als von unten eindringendes Salzwasser im Bilgenbereich, dem eher eine konservierende Wirkung nachgesagt wird. Wie jedoch eingangs erwähnt, ist es anzustreben, überhaupt kein Wasser im Schiff zu haben.

Auch in unseren geographischen Breiten können lange Trockenperioden mit starker Sonneneinstrahlung auftreten, die den Holzverbindungen an klassischen Yachten zusetzen, weil das Holz austrocknet und deshalb schwindet. Folgt nach solchen Trockenzeiten der erste Regenguss oder das Schiff wird an der Kreuz hart beansprucht, sind nasse Überraschungen nicht selten. Auch hier kann wieder die schützende Persenning Schlimmstes verhindern, zusätzlich sollten Deck und Aufbauten regelmäßig gewässert werden, um ein zu starkes Austrocknen des Holzes zu vermeiden.

Eine häufige Leckstelle ist die Verbindung zwischen Aufbau und Deck, die natürlich auch durch die in der See auftretenden Torsionskräfte, stark belastet ist. Kleiner Tipp: Um diese Verbindung nicht gänzlich auftrocknen zu lassen, ist es manchmal hilfreich, eine dicke, nasse Schot auf die Naht um den Aufbau herum zu legen. Die Naht bleibt feucht und im Schatten.

Häufige Leckstellen sind oft die Püttingeisen, die als Flachmaterial häufig noch aus verzinktem Eisen oder rostfreiem Stahl durch das Deck geführt sind. Durch die Wantenbelastung arbeiten die Püttinge, und die Abdichtungen versagen. Leckende Püttingeisen, die als Flachmaterial mit dem Balkweger verbunden sind, stellen für diesen eine besondere Gefahr dar. Schon mancher Balkweger musste aus diesem Grunde in diesem Bereich erneuert werden. Für die schnelle „ Erste Hilfe“ eignet sich hier das Karosseriedichtband von „Terostat“ sehr gut. Eine Wurst um das Pütting gedrückt, das Material haftet auch auf rostfreiem Stahl, und die Leckage ist für den Rest der Saison beseitigt. Dieses Material ist praktischer als manche Dichtungsmasse in der Kartusche, die nach kurzer Zeit an der Spitze aushärtet und unbrauchbar wird und auf poliertem rostfreiem Stahl doch nicht haftet.

Achtung! Sollte man sich doch für dauerelastisches Dichtungsmaterial für die Behebung von kleinen Leckagen entscheiden, ist darauf zu achten, kein silikonhaltiges Produkt zu verwenden. Silikon gehört allenfalls ins heimische Badezimmer, niemals auf eine klassische Yacht, die lackiert werden soll! Es hat schon viel Ärger mit der sogenannten „Silikonpest“ gegeben.

Leckende Decksnähte auf Teak- oder Oregonpinedecks sollten unverzüglich abgedichtet werden. Hier ist die gleiche Fugenmasse zu verwenden, mit der das übrige Deck vergossen ist. Nicht alle Fugenmassen sind miteinander kompatibel.
Weiterhin ist zu prüfen, ob die Decksnähte vor dem Vergießen zu kalfatern sind.


Rigg, laufendes Gut, Segel

Der Draht von Wanten und Stagen sollte ab und zu auf gebrochene Kardeele untersucht werden, rostfreier Draht neigt eher zu Brüchen von einzelnen Kardeelen als verzinkter. So genannte „Fleischhaken“ entstehen meist bei laufendem Gut, wie z.B. bei Fallen. Bei stehendem Gut wie Wanten und Stagen, sollten die Walzungen an Enden der Terminals kontrolliert werden. Hier kann verstärkte Korrosion auffällig sein oder es können bereits Brüche einzelner Kardeele festgestellt werden. Generell sollte der Eigner das Rigg seiner klassischen Yacht ab und an von einem Fachmann belegbar durchsehen lassen. Im Falle eines Mastbruchs kann dies sehr hilfreich bei der Abwicklung mit dem Versicherer sein.

Splintbolzen und Splinte sind auf ordnungsgemäßen Zustand zu untersuchen, dies ist auch bei der Seereling nicht nur sehr wichtig, sondern kann lebensrettend sein! Laufendes Gut aus Tauwerk sollte auf Schamfielstellen untersucht und ggf. ausgetauscht werden.
Auch auf klassischen Yachten werden zunehmend moderne High-Tech-Segel eingesetzt. Diese Materialien, durch Folien abgedeckte Aramidfasern ( Kevlar ), sind extrem UV-empfindlich und müssen sofort nach Gebrauch abgedeckt werden. Zudem sind diese Segel äußerst knickempfindlich, d.h. jede Knickstelle kann auf Dauer zum Bruch führen, deshalb sollten sie nur gerollt und nicht geknickt weggestaut werden. Diesen Nachteilen steht, bei gutem Schnitt, eine dauerhafte Profiltreue dieser Segel gegenüber. Kurz gesagt: Sie stehen hervorragend, solange sie heil sind. Auch die mittlerweile normalen Dacron-Segel leiden bei dauerhafter Sonneneinstrahlung. Sie sollten ebenfalls immer abgedeckt sein.


Maschinenanlage, Seeventile

Die Maschinenanlage ist auf Ölstand zu überprüfen, festen Sitz der Kabelschuhe sowie auf Korrosion an der Elektrik schlechthin. Automatische Lenzpumpen sind auf Funktion zu prüfen. Schlauchleitungen wie Kühlwasserzulauf, Cockpitlenzer ,WC- Ab- und Zulauf sowie Ablauf der Spüle sind auf Rissbildung zu untersuchen und die Schlauchschellen sollen auf festen Sitz und Korrosionsmerkmale geprüft werden.
Nur ein Riss im Schlauch oder ein Abrutschen und Abknicken eines Schlauches unter der Wasserlinie reicht, um ein Boot auf den Meeresgrund zu befördern.

Die Seeventile sollten auch ab und an mal bewegt werden, um die Gängigkeit zu prüfen. Beim Verlassen des Schiffes müssen die Ventile geschlossen werden, andernfalls kann es im Schadenfall Diskussionen mit den Versicherern geben.



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