PFLEGE & RESTAURIERUNG

Das Kalfaten


Autor: Uwe Baykowski (1994)

Kalfaten nennt der Bootsbauer das Abdichten von Decks- und Außenhautnähten. Als Dichtungsmaterial für größere Schiffe dient Werg, in Teer getränktes Hanf, und für kleinerer Schiffe Baumwolle, die als Dokke von einem Strang mit mehreren Einzelfäden geliefert wird.


Werg wird in Ballen geliefert, meistens in flachen Strängen von ca. 5 cm Breite. Diese Stränge müssen zunächst zu einem etwa fingerdicken Draht gesponnen werden. Dazu wird der Strang gleichmäßig gerupft und mit der flachen Hand auf dem Oberschenkel zu einem möglichst langen Draht gesponnen (gerollt).

Zum Kalfaten benötigt man folgendes Geschirr:
1. Der Kalfathammer, ein zylindrischer Holzhammer aus Pockholz oder Jacaramba, dessen Enden durch aufgesetzte Ringe gegen Aufspalten geschützt sind.
2. Kalfateisen: Mit dem Stecheisen wird Kalfatgut in kleinen Buchten in die Kalfatfase zwischen den Planken eingesetzt. Mit den Rabateisen wird das Werg richtig eingeschlagen, es gibt für verschiedene Nahtbreiten unterschiedlich dicke Eisen mit einer, zwei oder drei Rillen. Sie heißen Einsrabat, Zweirabat und Dreirabat. Ferner können noch Rundeisen für die Rundungen und Butteisen für Decksbutten zur Anwendung kommen.

Die Nähte, die kalfatet werden sollen, müssen sauber und trocken sein. Altes Werg oder Pech wird vorher mit einem Rieter herausgerissen. Dies kann ein alter Schraubenzieher sein, den man zu einem Haken umbiegt und hinterschleift. Mit dem Setzeisen wird das Werg in kleinen Buchten durch Einsatz des Kalfathammers in die Naht getrieben. Man arbeitet dabei immer vom eigenen Körper weg. Der Kalfathammer wird nicht aus dem Handgelenk geführt, sondern mit dem ganzen Unterarm.

Soll ein ganzer Rumpf kalfatet werden, muss überall, Naht für Naht, zunächst mit einem Draht gearbeitet werden, dann der nächste usw., damit die neue Spannung, die dem Rumpf zugeführt wird, gleichmäßig verteilt wird.

Ist die Naht sehr breit, kann man auch mal ein Auge legen, dieses etwas eindrehen und stauchen; immer in die Richtung, aus der man kommt - vom Körper weg. Das Werg darf niemals durchschlagen werden. Mit dem Rabateisen wird die Naht nun gestaucht, jetzt wird auch mehr Schwung in den Hammer gelegt. Der Klang des Hammers wird dabei heller und härter, sobald die richtige Verdichtung zustande gekommen ist. Federt der Hammer leicht zurück, ist die Naht in Ordnung. Mit etwas Übung kann man gut am Klang unterscheiden, ob eine Naht in Ordnung ist oder nicht. Eine faule Naht frisst Werg und klingt schlecht.

Eine fertige kalfatete Naht sollte 3 bis 4 mm tiefer als die Außenhaut liegen, um noch Pech als Dichtungsmaterial in die Naht zu bekommen. Pech, erhältlich als schwarzer Bitumenblock, wird erwärmt, bis es flüssig wird, und dann in die kalfatete Naht gegeben. Nicht kochen, weil sonst zu viele Luftblasen eingeschlossen werden.

Decksnähte sind einfach auszugießen, entweder mit einer Kelle oder mit einem alten Teekessel, aus dem man schön gießen kann. Schwieriger sind da schon die Außenhautplankennähte, in die z.B. mittels einer einfachen Farbrolle aus Polyester eine Pechwurst in die Nähte gedrückt werden kann; überstehendes Pech wird mach dem Erkalten abgekratzt. Will man sich das Pech ersparen, kann man die Nähte auch mit Sikaflex füllen - eine Methode, die sich gerade auf den Werften immer mehr durchsetzt. Die traditionelle oder die moderne Füllung verhindern das Herausarbeiten des Wergs aus den Nähten.


So werden Kalfateisen und Kalfathammer beim Kalfatern gehalten. Der Baumwollfaden wird zunächst wellenartig durch leichtes Anschlagen in der Plankennaht angeheftet und dann erst richtig eingeschlagen. Beim endgültigen Einschlagen wird das Eisen nie von den Planken ganz abgenommen und rutscht in der Naht entlang.



top...