PFLEGE & RESTAURIERUNG

Restaurierung der „Viva of Conover Cove“

Typ: Chris Craft 30’ Sedan Cruiser
Baujahr: Oktober 1948
Baunummer: C 30 -125
Länge/Breite/Tiefgang: 9,15 / 2,93 / 0,80m
Gewicht: 3t
Material: Spanten: Eiche
Beplankung Außenhaut: Port Orford Red Cedar
Rumpf: Meranti und Port Orford Red Cedar (Diagonal- Karweel)
Deck: Sperrholz (ursprünglich mit Canvas- Auflage)
Aufbau: Honduras Mahagoni
Motor: Originalmotor von 1948 Chris Craft „Hercules M“,

5,4l-Reihen-Sechszylinder, 130 PS bei 3000U/min.
Seidenweicher Lauf, kerniger Ton, kerniger Durst...


Chris Craft, gegründet 1881 in Sarasota/Florida, wurde spätestens zu Beginn der 20er Jahre für ihre schlanken powerboats bekannt, die in handgefertigter high-end quality an die amerikanische upper class geliefert wurden. Ende der 20er begann der Einstieg in die Serienproduktion der “pleasure boats”, die 50er markieren die wirtschaftlich extrem erfolgreiche Dekade des Holzbootsbaus bei Chris Craft.
Das letzte Holzboot verließ 1971 die Fabrikhallen.


Geschichte der "Viva"
Es gab mehrere Vorbesitzer, die alle im Bereich Victoria/ Vancouver Island (Kanada) lebten. Der Erstbesitzer war David Conover, ein Fotograf.
Er war amerikanischer Armee-Kriegsreporter im „Celluiod Commando“ von seinem Chef Ronald Reagan (späterer Filmcowboy und President of the United States) in eine Fabrik geschickt worden, um fleißige Amerikanerinnen an der Heimatfront beim Fallschirme-Schneidern zu fotografieren. Dabei entdeckte er eine gewisse Norma Jeane Mortenson und machte die ersten Fotos von ihr. Später nannte sie sich Marilyn Monroe...
Nach dem 2. Weltkrieg erfüllte sich David Conover seinen Lebenstraum und kaufte sich 1946 eine kleine Privatinsel in Kanada - in einem kleinen Archipel an der Nordost-Küste von Vancouver Island: Wallace Island.
Er baute dort eine bescheidene Ferienanlage mit ein paar Hütten für Gäste. 1948 bestellte er sich diese Chris Craft 30’ Sedan cruiser mit geschlossener Kajüte, um seine Gäste auch bei schlechtem Wetter übersetzen zu können. Das Boot erhielt den Namen „Wallace Islander“.

Sehr viel später schrieb er ein Buch über seine Jahre auf der Insel: „Once Upon an Island“. Es wurde in Amerika und Kanada ein Bestseller. Fotos von damals findet man von „unserer“ Chris Craft noch unter www.dconover.com
Der Transport war nicht ganz einfach zu organisieren, aber nach einigen kleineren und größeren Katastrophen ritt das Boot im September 2005 auf der „Hoechst Express“ von Seattle nach Bremerhaven. Ganz obendrauf – im Flatrack-Contai-ner ohne Deckel und Seitenwände, weil es zu dick ist für einen Standard Container.
Was in Kanada noch ganz gut ausgesehen hatte, hatte durch den Transport (inkl. sechs Wochen Hafenarbeiterstreik in Vancouver) sehr gelitten und war nun fällig für die Schönheitsfarm...

Im Sommer 2006 kam die Chris Craft „Viva“ zur Restaurierung zu der Wegener Jachtwerft in Wedel.
Erst einmal hieß es unter der Prämisse „So originalgetreu wie möglich“, Beschläge zu demontieren, auseinander zubauen und zu entfernen. Denn das naturlackierte Holz sollte neu eingefärbt und lackiert werden und das Vorschiff sollte verstärkt werden.




Die ersten Schritte
- Gegen das zu starke Austrocknen und das damit verbundene Aufreißen der Planken vom Unterwasserschiff wurde dieses 2lagig mit Plastikfolie abgeklebt. Zusätzlich wurde in regelmäßigen Abständen, die mit Decken ausgelegte Bilge mit Wasser feucht gehalten.
- Demontage des Radars und der dazugehörigen Komponenten
- Entfernen aller Antennen
- Abbauen von Beschlägen des Ankergeschirrs, die nachträglich montiert worden sind.
- Demontage von Klampen, Lüfterhutzen, etc. um bessere Schleif- und Lackierergebnisse zu erhalten und um eine neue Abdichtung gegen Wasser zu erhalten.
- Ausbau und Reinigung aller Fenster, die mit inzwischen porös gewordenem Kitt eingedichtet worden waren.
- Entfernen des alten Leinengewebes vom Vorschiff und Abkratzen der alten Farbschichten, da an vielen Stellen Wasser eingedrungen war. Um später eine geschlossene Deckschicht zu erhalten, wurden sicherheitshalber auch Scheuerleiste und Fußreling vom Vorschiff demontiert.

Nun begann die eigentliche Fleißarbeit. Tagelang haben Bootsbauer die sehr harten Lackschichten entfernt und dem Holz durch Schleifarbeit wieder einen einheitlichen Farbton gegeben. Das rohe und geschliffene Holz werden gebeizt und lackiert. Alle Beschläge konnten jetzt wieder eingedichtet montiert werden.

Erneuerung des Vorschiffes
Nachdem das Vorschiff getrocknet war, wurde es mit 2 Lagen 280/m² Matte und Epoxydharz stabilisiert. Eine glatte Oberfläche wurde mit Epoxydfarbaufbau geschaffen. Alle Beschläge und weitere Konturen wurden mit weißem DD-Lack abgesetzt. Das Laufdeck erhielt einen beigen Lack, dem Quarzsand beigemengt worden ist, um die Rutschgefahr zu minimieren.
Scheuerleiste und Fußreling konnten nun wieder montiert werden.

Einbau der Fenster
Die gereinigten Fenster wurden mit dauerelastischer Dichtungsmasse eingedichtet, die inneren Rahmen wurden erneuert und der Wasserablauf gesichert.

Reparatur des Daches
Am Dach wurden kleine Reparaturarbeiten am Laminat vorgenommen. Die entstandenen Löcher und Schäden durch die Radarhalterung wurden geschlossen und es erhielt ebenfalls einen beigen Anstrich. Zusätzlich wurden Leisten gefertigt, die das Eindringen von Wasser in das Laminat an der Kante zum hölzernen Aufbau verhindern.
Im Internet ersteigerte man erfolgreich ein original Horn und einen Stummelmast. Beides wurde sogleich an ihre Positionen geschraubt wurden.

Überarbeitung der Außenhaut
Unzählige hervorstehende Proppen der Außenhaut wurden ausgebohrt, die Schrauben tiefer gesenkt und wieder neu verproppt. Dann wurde die Außenhaut geschliffen, grundiert und hochglänzend weiß lackiert.

Der letzte Schliff
Diverse Verschönerungsarbeiten wurden innerhalb des Schiffes vorgenommen:
- Lackierung der Wegerung und erstellen von Abständen zum „Atmen“.
- Furnierung und Lackierung des Pantryschotts
- Das Bad erhält eine neue Decke.
- Abtrennung der Vorschiffskoje zum Salon mit einer neuen Tür.
Um sicher an jeden Liegeplatz gelangen zu können, wurde im Vorschiff ein Bugstrahlruder eingebaut.

Nach einer Umbauzeit von fast einem dreiviertel Jahr wurde die alte Dame zu Wasser gelassen. Die Planken haben sich zur Freude aller Beteiligten schon nach einem Tag zugezogen und so schwimmt die Viva zurzeit auf der Elbe.

Karsten Fligg


top...

back

Home Restaurierung Chris Craft