PFLEGE & RESTAURIERUNG

Drachen GER 1085 (ex GO 50) "Trinity"

Restaurierung 2009/2010
Ein Bericht von Rainer Burrlein (SVAOe)

I. Vorwort

Im Sommer 2009 habe ich aus Zeitmangel meinen Drachen GER 374, den ich mit ca. 4500 Std. restauriert hatte und seit 1997 segelte, verkauft.
Als der Verkauf besiegelt war, überkam mich schon ein komisches Gefühl. Zum ersten Mal seit vielen vielen Jahren stand ich ohne Schiff da. Wehmütig schaute ich im Internet nach Drachen-Annoncen. Entweder waren die Drachen viel zu teuer oder sie waren aus Kunststoff.
Doch dann passierte es: Ich machte einen Tippfehler und die Suchmaschine zeigte mir mein „bald“ neues Schiff an. Eine Yachtwerft hatte im Namen eines Klienten einen „Drache“ annonciert, und das wohl schon seit vielen Jahren ohne Erfolg. Was so ein fehlendes „n“ doch ausmachen kann.
Mein Jagdfieber war wieder entbrannt (und das, obwohl ich als Unternehmer doch eigentlich keine Zeit habe.)

II. Der Kauf

Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich ein Schiff im Internet kaufen werde. Da flimmerte nun die Annonce auf meinem Bildschirm: „Drache“ zu verkaufen, Standort Bodensee, nur Rumpf, Mast, Baum und Hafentrailer.
Ich rief am nächsten Morgen bei der Yachtwerft an und stellte die üblichen Fragen: Sind auch Segel dabei? Welche Segelnummer hat das Schiff

VORHER:

NACHHER:

Gibt es einen Messbrief? Was wissen Sie von dem Schiff? Was ist alles defekt? Ist der Rumpf morsch? Aus welchem Holz wurde das Schiff gebaut?
Antwort der Werft: Wir verkaufen das Schiff im Namen eines Klienten, leider wissen wir nicht sehr viel über das Schiff. Es steht seit 14 Jahren in einer Scheune. Es stammt wohl aus der DDR, von einer Berliner Werft. Nein, Segel sind nicht dabei und eine Segelnummer ist uns auch nicht bekannt. Einen Messbrief hat unser Klient nicht mehr. Er soll es vor vielen Jahren einmal bei Ebay ersteigert haben.

Material? Mahagoni, blau angemalt. Der Werftbesitzer sagte mir noch, dass man Schiffe ohne Geschichte hier am Bodensee nicht restauriert. Als sein Klient das Schiff gekauft hatte, sagte man ihm vermutlich genau das, da hat er den Drachen in die Scheune verbracht und sich einen anderen gekauft. Der Werftchef meinte dann noch, dass man beschlossen hätte, wenn sich bald keiner meldet, das Schiff in der Mitte zu zersägen. Die Werft wollte die eine Rumpfhälfte für Werbezwecke verwenden und der Klient sich die andere Rumpfhälfte an die Hauswand hängen. Eine Horrorvorstellung. Es musste gehandelt werden! Nun war sie da, meine Verhandlungschance. (Eigentlich wollte ich ja erstmal wegen des Zeitmangels kein Schiff mehr haben.)

Ich bat den Werftbesitzer, mir noch ein paar Bilder per E-Mail zuzusenden. Zwei Tage später waren die Bilder da. Von der Bilge bis hin zum Deck.
Anhand der Bilder machte der „Drachen“ einen sehr guten Eindruck. Ich fragte an, ob der jetzige Zustand des Schiffes eine Restauration zulassen würde. Dieses wurde bejaht und es wurde bestätigt, dass am Schiff keine morschen Stellen zu finden seien.
Meine alte Segelcrew des Drachen GER 374 hatte ich angerufen und gefragt, ob sie wieder dabei wären, wenn ich diesen Drachen vom Bodensee nach Hamburg hole. Alle Crewmitglieder (9 an der Zahl) waren begeistert und sicherten mir zu, bei der Restaurierung zu helfen.
Mein Vater, der ein begnadeter Ingenieur und Techniker ist, freute sich auch auf ein neues Projekt. Schließlich ist er Rentner und so eine Aufgabe macht ja Spaß.
Ich rief also die Werft an und stimmte dem Kauf zu.

Dank des Internets brauchte ich auch nicht zum Bodensee fahren. Gekauft wie im Internet gesehen. Wenn man mir das vor 10 Jahren erzählt hätte, hätte ich das nicht für möglich gehalten. So ändern sich die Zeiten. Nun ging alles ganz schnell, bereits am nächsten Tag war der Vertrag da und konnte unterschrieben werden. Nach nur 4 Wochen ohne Schiff hatte ich nun wieder eins, meinen zweiten Drachen.
Jetzt musste das Schiff nach Hamburg! Auch hier war mir das Internet behilflich und es fand sich schnell jemand, der den Transport übernehmen konnte. Im Oktober war es soweit und ich erhielt den erlösenden Anruf, dass mein Drachen am nächsten Tag auf der Werft Wüstenberg ankommen sollte. Auf der Werft und Bootslagerung G. Wüstenberg haben wir schon meinen ersten Drachen restauriert und man hat mir gerne wieder einen Winterlagerplatz direkt an der Alster angeboten. Was gibt es Schöneres?

III. Die Ankunft

Am 13.10.2009 war es soweit, mein neuer Drachen stand vor dem Werftgelände.

Per Kran wurde der Drachen in sein neues Bockgestell gehoben und wie auf dem Präsentierteller vorne am Werfteingang platziert.

Es war Zeit, das Schiff zu inspizieren. Die Werft vom Bodensee hatte recht und wir fanden keine morschen Stellen. Das Holz war gesund.
Der Senior stellte eine Leiter ans Schiff und stieg ins Cockpit. Wir wollten uns nicht damit zufrieden geben, dass dieses Schiff keine Segelnummer hat. Achtern im Kielbalken wurden von den Bootsbaumeistern ja eigentlich immer die Segelnummern eingeschlagen. Und genau an dieser Stelle bedeckten viele Lagen Spachtel- und Farbmassen den Kielbalken. Die Voreigner hatten eine Vorrichtung für die Baumstütze hier aufgespachtelt. Vorsichtig mit einem Spachtel wurden die vielen Lagen entfernt. Und siehe da, der erste Buchstabe kam zum Vorschein. Erst ein G, dann ein O, die Spannung wurde größer.
Es wurde eine 5 freigelegt und dann eine 0. GO50. Volltreffer! Schnell wurde der Drachen mit einer neuen Winterplane eingeplant. Zufrieden sind wir nach Hause gefahren und haben uns über den Kauf dieses schönen Schiffes gefreut.

IV. Die Geschichte nimmt ihren Lauf

Beim FKY habe ich mir daraufhin das DDR-Messbriefbuch per PDF herunter geladen. An dieser Stelle möchte ich dem Freundeskreis meinen Dank aussprechen für ein so tolles Yachtsportarchiv, ohne dieses würde ich wohl immer noch viele Daten mühsam suchen müssen. GO 50 und die Baunummern sind in diesem Buch verzeichnet. Ich rief den DSV an und fragte nach dem alten Messbrief der GO50. Im Archiv des DSV gab es tatsächlich noch eine Kopie, die man mir dann per Post zusandte.
Anhand des Messbriefes erfuhr ich, wer dieses Schiff gebaut hat, es war WILLI LEHMANN, laut FKY Archiv einer der bedeutenden Bootsbaumeister seiner Zeit.
Erster Eigentümer: ASK Rostock. Erster Name des Schiffes: Teufel. Baujahr: 1970. (Als ich den Drachen gekauft hatte, stand an der Kajüte „Gemeiner Bläuling“)
Es folgte ein weiterer Anruf beim DSV, ich brauchte ja jetzt einen neuen Messbrief. Es waren zwei Segelnummern frei und ich durfte mir eine davon aussuchen. Ich nahm die GER 1085. Mit dem Nachweis, dass es jetzt mein Drachen ist, und Einsendung einiger Fotos vom Schiff erhielt ich den neuen Messbrief samt Messplakette.

Nun ging es weiter mit der Recherche beim FKY. So stieß ich auf den Restaurationsbericht des Drachen "Knechtsand" und rief den Eigentümer an. Man war begeistert, dass es noch einen Willi-Lehmann-Drachen gibt und dieser nicht schon verschrottet oder verschollen war.
Ich erhielt die Information, dass es sogar ein Willi- Lehmann-Museum in Wedel gibt. Auch hierhin telefonierte ich und man war fasziniert , dass das Museum nun um einen Willi-Lehmann-Bau reicher war. Die Daten wurden aufgenommen und stehen jetzt anderen zur Verfügung.
Die Geschichtsdaten sprudeln nur so. „Von wegen ein Schiff ohne Geschichte“.
Von Verwanden von Willi Lehmann erfuhr ich telefonisch, dass mein Drachen wohl das letzte Schiff war, welches er vor dem Tod gebaut hatte (Baujahr 1970).

Willi Lehmann-Bauten waren sehr erfolgreiche Regattaschiffe. Ich habe die Regattaergebnisse in alten DDR Segelzeitschriften verfolgt, die auch im FKY-Yachtsportarchiv zur Verfügung stehen. Ergebnis: Das Schiff war sehr erfolgreich, ersegelte zu DDR-Zeiten viele erste Plätze.
Es meldeten sich sogar alte Segler, die früher auf dem Schiff gesegelt sind, und wollen dieses gern mal besichtigen, wenn sie nach Hamburg kommen.

Mehr Geschichte geht nun wirklich nicht. So macht die Ahnenforschung Spaß! Ich stehe im Kontakt mit vielen Seglern und eventuell finden wir ja noch mehr Geschichtsträchtiges. (Über Regattabilder aus DDR-Zeiten würde ich mich sehr freuen.)

V. Die Restauration beginnt

Im Oktober 2009 haben wir mit der Restauration begonnen.

Zuerst erfolgte die Bestandsaufnahme. Hierbei kamen uns nun die Erfahrungswerte der ersten Restauration des Drachen GER374 zu Gute. Diese Restauration wurde mit dem Restaurationspreis der Holzbootklassik auf der Alster prämiert. Das ist nun auch unser jetziges Ziel.

Das Holz ist in allen Teilen des Schiffes gesund, das war schon einmal sehr gut. Obwohl das Schiff seit 14 Jahren an Land stand, konnte man kaum durch die Plankennähte schauen. Echte Bootsbaukunst.
Doch dann folgte ein kleiner Wehrmutstropfen. Die Planken hatten zum größten Teil kleine und größere Abstände zu den Spanten. Wir haben die ersten Proppen entfernt und die alten Messingschrauben versucht heraus zu drehen. Die haben sich zum Teil im wahrsten Sinne des Wortes aufgelöst.
Fazit: Wir haben beschlossen, alle alten Schrauben durch neue zu ersetzen. Was wir uns damit angetan hatten, merkten wir erst später. (Wir haben die Berge an Schrauben in Behältern gesammelt.)
Im Cockpit stellten wir noch fest, dass drei Bodenwrangen gebrochen waren, die zu ersetzen sind. Es gab auch einige gebrochene Spanten im Schiff, die ebenfalls zu reparieren sind.
Sehr spannend war die Überprüfung der Kielbolzen. Aber die waren super konserviert und sahen aus wie neu. Zum Glück!
Der Bootsbaumeister Herr Wüstenberg, auf dessen Gelände der Drachen nun stand, kam vorbei und begutachtete das Schiff auch noch einmal. Tolle Substanz war seine fachmännische Meinung.
Und im Scherz sagte er noch, Familie Burrlein wird ja sicher das Schiff wieder in Mahagoni-Natur lackieren. Bis dahin war ja die Außenhaut dunkelblau mit weißem Unterwasserschiff. Wir waren uns aber noch nicht sicher, ob wir uns diese Arbeit auch noch aufbürden sollten.

Anfang November 2009 kam mein alter Drachen aus dem Wasser und den (welche Gemeinheit vom Werftbesitzer) hat Wüstenberg zum Ansporn unseres Restaurationsvorhabens genau neben meinen neuen gestellt. Dass mein alter Drachen nun neben meinem neuen Drachen stand, hatte tatsächlich Wirkung. Kurzerhand wurde beschlossen, das neue Schiff wird abgezogen und wir versuchen es in Mahagoni natur!

Die Liste der Arbeiten wurde so länger und länger. Die alte Crew sah sich das Schiff an und alle waren begeistert, jeder wollte am Projekt teil haben. Ziel war es, zum Sommer 2010 fertig zu sein!

VI. Die Arbeiten beginnen

Der Senior war für die Entsorgung der alten Schrauben zuständig. Natürlich wurden diese immer gleich durch neue ersetzt. Die übrige Crew musste zuerst das Unterwasserschiff und den oberen Bereich des Schiffes von der alten Farbe befreien. Dies haben wir sehr schonend mit dem Heißluftfön erledigt.
Mit dieser Arbeit waren wir bis Mai 2010 beschäftigt. Es ist eben eine Wochenendrestauration. Die Teile vom Rumpf, die wir vom Lack befreit hatten, hat sich der Senior dann vorgenommen, um die alten Holzproppen zu entfernen und danach die alten Schrauben.

In den kalten Wintermonaten waren wir nicht tatenlos und haben die neuen Bodenwrangen gebaut und ebenfalls die Spanten, die wir ersetzen wollten.
Vorne am Mastbereich sah ein Decksbalken schlechter aus, den wir dann anhand des alten neu angefertigt haben. Hierzu war es gut, dass unsere Crew einen Zimmermann hat, der diesen dann angepasst und eingebaut hat.
In unserer Garage, die kurzerhand zur professionellen Werkstatt umfunktioniert wurde, fingen wir auch schon damit an, die Bodenbretter zu bearbeiten.

Im frühen Sommer wurde die Firma International Farbenwerke auf unser Projekt aufmerksam und bot uns ein Crew-Sponsoring an.

International möchte unser Restaurierungsprojekt fachmännisch begleiten und stellt uns für die Restauration alle nötigen Farben und Lacke sowie Spachtel zur Verfügung. Trotz unserer Erfahrung aus den letztem Restaurationsprojekt konnten wir zudem vom Außendienstler Herrn Hassenstein noch sehr viel lernen.
Da diese Art von klassischen Schiffen ja Denkmäler vergangener Zeiten sind, empfinde ich es sehr schön, dass auch Firmen sich um die Erhaltung solcher Schiffe kümmern.
Nun hatte unsere Crew den ersten Sponsor. Und auch die Firma Multitool, die mein Unternehmen Burrlein & Klinke OHG als Werksvertretung vertritt, bot ein Sponsoring an.
Damit standen uns nun neben den Farben von International auch die nötigen Pinsel, Rollen, Farbwannen, Abziehwerkzeuge, Meßbecher, Arbeitshandschuhe, Staubmasken usw. zur Verfügung. Einfach toll!

Als der Rumpf ohne Farbe in Holznatur vor uns stand, waren wir schon begeistert über die tolle Qualität des Rumpfes. Regattaschäden der Vorbesitzer hielten sich in Grenzen. Zu DDR-Zeiten wurden diese offensichtlich mit Spachtelmasse repariert. Diese musste nun heraus gekratzt werden. Betroffen war der obere Plankengang. Der Senior hat diese Stellen ausgestämmt und mit Mahagoni ausgeschäftet. Herr Wüstenberg hat uns schon in dieser Phase der Restauration den Ritterschlag gegeben, in dem er uns lobte und sagte, besser hätte er diese Arbeiten auch nicht machen können. Dennoch waren wir sehr froh, dass wir den Bootsbaumeister als Fachmann vor Ort hatten, den wir fragen konnten, wenn professionelle Hilfe nötig war. Schließlich soll das Schiff ja wieder wie neu aussehen.

Ende Juli hat der Senior die letzten Proppen und Schrauben im Überwasserbereich ersetzt. Mittlerweile waren wir bei knapp 1000 Stunden Arbeitszeit angekommen. Das Deck nahm so langsam auch Gestalt an. Jan, Jens und ich waren eifrig dabei, die alten Schrauben aus dem Deck zu holen. Die Decksschrauben sahen zum Teil noch aus wie richtige Schrauben. Hier hat die Elektrolyse noch nicht so angesetzt wie im Rumpfbereich. Nur an den Stellen, wo das Deck durch Riggkräfte belastet wird, waren die Schrauben ziemlich defekt.

Die heiße Phase des Lackierens kam näher. Ende Juli lieferte uns International eine Palette Farben und Lacke.
Vorher wurde am Rechner ermittelt, was wir für unser Restaurationsprojekt genau benötigen. Selbst diese Rechnung am Computer war für uns Neuland und faszinierend. Herr Hassenstein von International setzte vor der Lackphase einen Fototermin an. Es soll ja genau dokumentiert werden, wie dieses Schiff unter Farbe kommt.

Diese Erfahrung war neu und machte Spaß. Dass unsere Arbeit bereits im Vorfeld gelobt wurde, machte stolz.
Dann war es soweit: Der glattgeschliffene Rumpf (Finish mit 240er Schleifpapier) wurde mit Mahagonibeize (Interstain) gebeizt. Die Blume des Mahagonis kam zum Vorschein. Die Crew war begeistert.
Eine Woche später - bei blauem Himmel und Sonne pur - wollten wir den ersten Klarlack vermalen.
Wir haben uns wie bei unserem alten Drachen wieder für einen 1-Komponenten Klarlack entschieden. (Original von International)
Auf das richtige Mischverhältnis kommt es an:
1. Lackschicht: 30% Klarlack Original und 70% Verdünnung Nr. 1 sowie 100ml Interstain Mahagonibeize.
2. Lackschicht: Diesmal wählten wir das folgende Mischverhältnis: 50% Klarlack Original und 50% Verdunnung Nr. 1 sowie 100ml Mahagonibeize

3. bis 6. Lackschicht:
70 % Klarlack Original 30% Verdunnung Nr. 1 sowie 100ml Mahagonibeize.

Die 5. und 6. Lackschicht wurde aber erst eine Woche später im August vermalt. Im Sonnenschein glänzte der Rumpf bereits und machte Lust auf mehr.

Der Senior hatte die letzten Arbeiten am Unterwasserschiff im August abgeschlossen. Zu diesen gehörte natürlich das Kalfatern nach alter Bootsbauhandwerkskunst. Es wurden nur die großen Nähte kalfatert. Die kleineren wurden mit Sikaflex abgespritzt. Es waren zum Glück nach der Montage der neuen Schrauben nur sehr wenige Nähte, die noch nachbearbeitet werden mussten.
Alle Planken saßen nun wieder fest an den Spanten, alle Lücken wurden geschlossen. Die Festigkeit im Schiff ist wieder wie bei einem Neubau. Es waren wohl mehr als 1000 Schrauben. Der Senior hat am Tag ca. 60-80 Schrauben auswechseln können. Start war ja im Oktober 2009 und die letzte Schraube wurde Ende Juli 2010 verbaut (inklusive der Decksschrauben).
Im Bugbereich wurden noch kleinere Plankenstücke ersetzt, da diese doch etwas gelitten hatten. Auch der Übergang zum Kiel wurde mit neuen Leisten versehen und der Stahlkiel mit Spachtel geglättet.
Zudem musste das Ruderblatt dringend repariert werden. Durch die sogenannten Persenningreihleinen hatte das Ruderblatt tiefe Leinennarben davon getragen. Ein Stück vom Ruderblatt war dabei gänzlich abgebrochen. Dank Epoxidharz war diese Reparatur ein Kinderspiel.

Der Wasserpass wurde abgeklebt, zum Glück hatte Willi Lehmann den Wasserpass durch kleine Punktmarken, die in die Planken gestemmt waren, markiert.
Der Senior und ich hatten nun die Ehre, das Unterwasserschiff mit Primocon aufzubauen, das der Grundierung dient, bevor man das Antifouling auftragen kann.
Da wir das Unterwasserschiff komplett neu aufbauten, befolgten wir den Rat von International und trugen 10 Lagen auf. Am ersten Tag konnten wir bereits 4 Mal streichen.
Das Crew-Team um Kai und Jens gab in den ersten Tagen im August richtig Speed und reparierte das Deck. Es wurden alle Beschläge demontiert.
Unebenheiten wurden mit Spachtel geglättet. Auf ein Stabdeck hatten wir bewusst verzichtet, da es sich bei unserem Drachen um eine „Rennmaschine“ handelt, und da ist überflüssiges Gewicht nicht gewünscht. Lackiert wurde das Deck mit Interdeck von International.

Jiri und Jan schliffen im Innenschiff die Seitenwände, so dass der Bilgebereich mit Firnisöl getränkt und konserviert werden konnte.
Die neuen Spanten und Bodenwrangen wurden eingebaut und der Senior hat die Kielbolzen mit einem Drehmomentschlüssel wieder angezogen. Der Drehmomentschlüssel ist wichtig, nach fest kommt ab, und das wollten wir unter allen Umständen verhindern.

VII. Kleinarbeiten auf die man nicht verzichten kann

So langsam mussten wir anfangen, uns um das Zubehör zu kümmern. Viele kleine Bauteilen am Schiff (von den Bodenbrettern angefangen) warteten ebenfalls auf eine liebevolle Restauration.
Die Mastinspektion hatte ergeben, dass wir uns lieber um einen neuen Mast kümmern sollten, da die Vorgänger bereits einige Stellen geschweißt hatten. Das war uns nicht ganz geheuer und es wäre ja schade, wenn wir mit dem restaurierten Schiff gleich Mastbruch erleiden müssen und ein Teil unserer Arbeit wieder zerstört wird.
Also musste das Internet wieder dran glauben und ich habe in ganz Deutschland nach einem ordentlichen Mast gesucht, der unser Budget nicht gleich sprengen würde. Es war keiner zufinden! Auf der Internetplattform der Drachen-Klassenvereinigung habe ich dann ein Inserat aufgegeben: „Suche Alu-Mast für Drachen“.
Glück muss man haben, nur wenige Tage nach der Schaltung erhielt ich eine e-Mail, dass ein Drachen-Segler einen kaum gesegelten Drachen-Mast seit vielen Jahren im Mastschuppen hat.
Er hat mir Bilder zugesandt und ich erkannte gleich, es ist genau der gleiche Mast, den es zu ersetzen galt. Ein Reckmann Mast. Damit würden alle Wanten und Fallen passen und natürlich auch der Mastfuß.
Einziger Wehrmutstropfen, der Mast lag am Starnberger See.
Dennoch wurde der Mast gekauft, nach kurzer Zeit hatte der Mast auch eine Mitfahrgelegenheit bekommen und wurde Ende Mai angeliefert.

Die Bodenbretter haben ihr Finish zuhause in der Werkstatt erhalten.
Beim Demontieren der Decksbeschläge fiel uns auf, dass die Pinne lose und die Endhalterung im Niroblech gebrochen war.
Pinne und Halterung sowie die grau angemalte Zierblende für den Decksdurchbruch der Ruderanlage wurden zuhause repariert, der Pinnenbeschlag in einem Metallbetrieb geschweißt.

Die Zierblende wurde abgezogen und in natur lackiert. (Die Zierblende war auch aus Mahagoni.) Die Pinne war hinten zu dünn für den Nirobeschlag, was sicherlich der Grund für den Bruch im Blech war. Die Pinne wurde hinten aufgeleimt, so dass sie richtig in den Beschlag passt. Pinne, Reitbalken, Bodenbretter Teakleisten usw. wurden zuhause lackiert und warteten nun auf den Einbau.
Der Name musste ans Heck. Ich hatte noch gelbe Folie. Mit einem Schreibprogramm druckte ich den Namen aus. Der Name wurde auf der Folie mit Klebeband befestigt und dann ausgeschnitten.
Das klappte wie immer sehr gut. Am 08.08.2010 konnte ich das Heck damit bekleben.

Der neue Name des Drachen: TRINITY.

Schlag auf Schlag ging es weiter: Der Schriftzug am Heck wurde einlackiert.
Fallen, Wanten, Riggteile wurden kontrolliert und auch die Beschläge, die wir demontiert hatten, gereinigt und gangbar gemacht.
Im September 2010 wurden die restaurierten Bodenbretter im Schiff angepasst und eingebaut. Das Deck erhielt mit 2 Lagen Interdeck von International (beige) sein Finish.
Im Rumpfinneren hatte sich auch sehr viel getan. Das gesamte Innenschiff war abgezogen und wurde nun 4x lackiert.
Ein Teil der Crew war bis Mitte September damit beschäftigt, alle Beschläge wieder anzubauen. Der Bug bekam eine Messingschiene und einen neuen Kopfbeschlag.
Viele Gäste der Bootsvermietung, die sich auf dem Werftgelände Wüstenberg befanden, blieben stehen und bewunderten den schönen Rumpf. Die Komplimente der Passanten gingen runter wie Öl.
Die Trinity war zu einem Kunstwerk vergangener Bootsbaumeisterleistung geworden.

VII. Slipptermin

Nach fast 1500 Stunden harter Arbeit war es endlich soweit und ich konnte einen Slipptermin mit dem Werfteigner vereinbaren. Die Bootswerft Künzel vom Goldbeck-Kanal lieh uns einen Heißstrop für Drachen, hierfür noch einmal vielen Dank.
Am 13.09.2010 16.20 Uhr war der große Moment da und die TRINITY hing im Kran.

Nach genau 14 Jahren an Land wurde der Drachen seinem Element Wasser wieder zugeführt.

Langsam tauchte der Kiel ins Wasser, bis der ganze Rumpf mit dem Alsterwasser in Berührung kam. "Ist er dicht?" - war nun unsere große Frage. Ja, er war dicht. Nach 14 Jahren an Land machte der Rumpf so gut wie kein Wasser, die extra gekaufte Elektropumpe konnte wieder eingepackt werden. Wir hatten sehr gut gearbeitet, war der Kommentar des Bootsbaumeisters!

Die Taufe des Drachens werden wir in unserem Clubhafen in den nächsten Tagen mit Freunden, Familie, Crew und Sponsoren vornehmen.
Alle sind ganz heiß darauf, den Drachen zu segeln.
Wenn nun das neue Rigg so passt, wie wir uns das vorstellen, kann man bestimmt die TRINITY bis Ende Oktober 2010 auf der Alster sehen.
Das endgültige Finish der Restauration wird im Winter vorgenommen.

Weitere Informationen:
www.sy-trinity.de


Nachtrag: TRINITY endlich wieder unter Segeln!


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