PFLEGE & RESTAURIERUNG

Restaurierung der Motorbarkasse „Jonny“

Gebaut 1947 bei der Yacht und Bootswerft Burmester in Bremen –Burg an der Lesum.

Text und Fotos: Ulf Stetter


Ein Auszug aus dem Burmester-Buch von Klaus auf dem Garten:

„Ein Neubau hingegen war der Schlepper „ Johnny“, (richtig geschrieben und in allen amtlichen Unterlagen „Jonny“ benannt. Anm. Ulf Stetter) so benannt zu Ehren des verstorbenen Johnny Albrecht und ursprünglich als eine Art Bereisungsboot von einer britischen Dienststelle in Lüneburg in Auftrag gegeben. Das 10,20-m-Motorfahrzeug verblieb schließlich im Besitz der Werft, die es bis Ende der 60er Jahre als Schlepp- und Arbeitsboot benutzte, ehe es nach Hamburg verkauft wurde. Sein Bau vor der Währungsreform für eigene Rechnung wurde nur genehmigt, weil die Lehrlinge es als Ausbildungsobjekt fertigten: Das stählerne Spantengerüst bekam eine Außenhaut aus Eiche, das Deck war aus Teak; ein geschlossenes Steuerhaus mitsamt seiner Kajüte machte das Schiffchen sogar wohnlich. Von 1956 bis 1959, den Baujahren der Küstenminensucher für die Bundesmarine, diente es vornehmlich als Verkehrsboot, wobei mehrmals täglich bis zu 30 Mann pro Fahrt samt Werkzeug und Ausrüstungsteilen zwischen der Werft und der knapp einen Stromkilometer entfernt gelegenen werfteigenen Ausrüstungskaje unmittelbar unterhalb der Straßenbrücke pendelten.“

Im Jahre 1980 hat der englische Bootsbauer Steve Watts das Boot von Tommy Müller im Winterlager in Hamburg Altona (alte Menck und Hambrock Hallen bei Michael Baars) gekauft.
In den nächsten 17 Jahren wurde die Eichen Beplankung 40mm abgeplankt, gesäubert, bearbeitet und wieder fachmännisch aufgeplankt sowie schadhafte Planken ausgewechselt und mit neuen verzinkten Schlossschrauben mit den verzinkten Stahlspanten verbolzt.
Zusätzlich wurde eine 20mm dicke Eisbeplankung am Unterwasserschiff aufgebracht. Das Überwasserschiff wurde neu mit 40mm Mahagoni aufgeplankt. Der Vor- und Achtersteven wurde erneuert. Das Kielschwein ist erhalten geblieben. Das gesamte Unterwasserschiff wurde kalfatet und die Nähte zusätzlich mit Sikaflex abgedichtet.
Das Schiff wurde während der Zeit von Hamburg Altona nach Glückstadt verbracht wo es weiter restauriert wurde.
1997 war Steve Watts bereits 73 Jahre alt und wusste, dass er dieses Schiff nicht mehr fertig bekommen würde. Der Rumpf war fertig aufgeplankt und die Aufbauten in altem Zustand.

Wir, der Bootsbauer Philipp Ramünke und ich als Maschinenbau Ingenieur, entschlossen uns im Dezember 1997, das Schiff von Steve Watts zu kaufen und weiter zu restaurieren.
Der Aufbau vor dem Fahrstand bestand aus Aluminiumplatten mit einem umlaufenden Gangbord mit einem Einstiegsluk ins Vorschiff aus Holz und einem Skylight über dem Motor. Da der vordere Teil des Aufbaus nur eine kleine Schlupfkabine war, hatte sich schon Steve Watts entschlossen das Schiff vorn Back einzudecken damit unter Deck mehr Lebensraum entstand, denn der mittlere Teil des Schiffes ist nur Motorraum.
Der Originalmotor war ein 2-Takt Dieselmotor mit einem Reintjes Wendegetriebe das den Motorraum sowie den Teil unter dem Fahrstand völlig ausfüllte. 1965 ca. wurde der jetzige Motor ist ein 4-Takt, 4-Zylinder MWM Dieselmotor Typ RHS 518V mit 98 PS eingebaut. Dieser Motor ist (wie ich von alten ehemaligen Burmester Mitarbeitern erfahren habe) der alte Hilfsdiesel aus der letzten „Aschanti“. Als Wendegetriebe hat man ein hydraulisches Getriebe von Lohmann & Stolterfoht eingebaut das über Drahtseile vom Maschinentelegraphen angesteuert wird. Diese Technik funktioniert immer noch sehr gut. Ich habe die verzinkten Drahtseile 2004 gegen Niroseile ausgetauscht nachdem ein Seil abgerissen war. Auch den Maschinentelegraphen habe ich komplett zerlegt, gereinigt, lackiert und wieder zusammen gebaut. Es ist eine Augenweide, diesen jetzt zu betrachten!
Eingebaut sind backbord und steuerbord unter dem Fahrstand, je ein 400Liter Dieseltank aus Stahl mit einem großen Mannloch die miteinander verbunden sind und Schaugläser zur Füllstandskontrolle haben die mit je einer Literanzeige die auf einer Skala aus Messing ablesbar sind. Das ganze System wurde von mir gereinigt, die Schaugläser ersetzt und auf Dichtigkeit geprüft.
Die elektrische Anlage, 24VDC ist original mit Sicherungsautomaten für die gesamte Beleuchtung und auch für die Vorglüheinrichtung und den Anlasser des Motors ausgelegt.
Ich habe zusätzlich eine 12 VDC Anlage mit Sicherungsautomaten installiert um auch andere Geräte zu betreiben. Für die Versorgung der 12 Volt Anlage auf See ist ein Spannungswandler installiert der von der Lichtmaschine, die erst die 24 VDC Batterien versorgt und dann die Spannung weiter an die 12VDC Batterie abgibt.
Die Versorgung im Hafen wird über einen 220VAC Landanschluss mit je einem Ladegerät für 24VDC und 12VDC gewährleistet.

„Jonny“ wurde, soweit es ging, originalgetreu restauriert.
Der Fahrstand aus Aluminium wurde original belassen und die vorderen Fenster wurden ausgebaut und konnten erhalten werden. Die seitlichen Fensterrahmen mussten in Eiche erneuert werden, die Technik zum Öffnen mittels einer Drehkurbel konnte erhalten werden, funktioniert aber noch nicht ganz.

Nachdem der vordere Aufbau abgerissen war und auch das Teakholz auf dem Gangbord, kam der verrostete Unterbau zum Vorschein und damit mussten wir auch das restliche Gangbord abreißen, um das darunter liegende Metall zu entrosten und mit einem Rostumwandler, entsprechenden Primern und mehreren Lackschichten zu schützen. Die gesamten verzinkten Stahlspanten waren in sehr gutem Zustand und wurden teilweise im Vorschiff und im Achterschiff lackiert.
Es wurden vorn Balkweger eingezogen um die Auflagen für die Decksbalken zu schaffen. Die Decksbalken wurden aus Fichtenholz mit entsprechendem Sprung für das Deck lameliert und bis zum Hauptschott eingesetzt. Die Aluminium Platten um den Motorraum wurden demontiert und hier konnten wir noch die Bulleyes aus Aluminium retten – reinigen, lackieren und wieder einsetzten.
Das aus Aluminium bestehende Decksgerüst überdem Motorraum konnte gesäubert werden. Das gesamte Vorschiff und auch das Gangbord wurde nun mit 12mm Bootsbausperrholz eingedeckt. Es wurde alles mit Epoxy versiegelt. Das Stabdeck wurde, weil es ja ein Arbeitsschiff war, aus 14mm Oregonpine und Mahagoni Leibhölzern hergestellt. Alle naturfarbenen Hölzer und inzwischen auch das Stabdeck sind nicht lackiert sondern geölt.

Diese Bootsbauarbeiten hat fast ausschließlich mein damaliger Partner Philipp Ramünke gemacht. Diese Partnerschaft ging leider 2004 auseinander. Seitdem bin ich alleiniger Eigner. Die Technik an Bord und auch die Malerarbeiten sowie einfache Holzarbeiten wie z.B. die Wägerungen habe ich manchmal mit Hilfe von Freunden aber doch meistens allein gemacht. Ich könnte noch vieles schreiben aber ich denke, dass die ausführliche Fotodokumentation vieles erklärt.

Bis 2003 habe ich die Stunden aufgeschrieben. Es waren ca. 8000 Arbeitsstunden, die in diesem Projekt von uns geleistet wurden. Seit 2004 sind mindestens noch mal ca. 1500 – 2000 Stunden von mir hineingeflossen.
Da ich selbst keine Bootsbauarbeiten entsprechend ausführen kann, wurde der neue Teak- Schandeckel, der neue Vorlukdeckel, die Relingsleiste und der Motorkasten, der das Fahren mit dem Boot jetzt auch vom Motorengeräusch her zur Freude macht, von der Yachtwerft Meinardus in Brunsbüttel, bei der Jonny im letzten Winterlager gelegen hat, ausgeführt.
Es ist sicherlich das meiste an dem Schiff restauriert worden, aber die Arbeit zur Erhaltung dieses schönen Bootes hört nicht auf.
Es ist immer wieder eine Freude, es zu betrachten und auf dem Schiff zu sein und zu fahren.

Ich wusste nicht, auf was ich mich beim Kauf eingelassen hatte, aber rückblickend kann ich sagen, es war und ist eine schöne lehrreiche Zeit, sich solch einem Restaurierungsprojekt anzunehmen und es durchzuführen.


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