"Fram" - J-Jolle J 287

Text und Foto: K.-P. Best



Es war Liebe auf den ersten Blick. Der Hamburger Manfred Jacob hat eine J-Jolle aus den 20er Jahren in unzähligen Arbeitsstunden zu neuem Leben erweckt. Übertakelt und mit enormem Geschwindigkeitspotenzial lehrt sie ihre Gegner auch heute noch das Fürchten.

Die große Segelfläche fordert viel Gegengewicht auf der hohen Kante
Knapp vor der Ausfahrt aus dem Hamburger Yachthafen holt die Crew bereits die Schoten dichter, und man macht sich bereit für den Einsatz im Trapez. Es geht Richtung Osten, wo der Wind herkommt, rund Hanskalbsand. Mittendrin im Verkehr der Elbe hält Manfred Jacob seine „Fram" am Wind, trimmt das Vorliek und setzt die Großschot noch einmal kräftig durch. Tommi hängt längst langgestreckt im Gurt, beide genießen den schnellen Ritt über die Wellen. Vorm Sand dann schon die erste Wende. Geschwindigkeit ist das Attribut der J-Jolle, dafür wurde sie konstruiert.
Es begann 1909 und erfuhr mit Ende des zweiten Weltkrieges ein abruptes Ende. Erst Anfang der achtziger Jahre erlebte die J-Jolle besonders in Süddeutschland ihr Comeback. Eine Klassenvereinigung hat sich der 22-Quadratmeter-Rennjollen angenommen und macht es nicht zuletzt möglich, dass sich Schiffe dieser Art wie vor vielen Jahren nun wieder gemeinsame Rennen liefern können. Einst von Konstrukteuren wie Reinhard Drewitz gezeichnet, war sie die erste Jollenklasse im DSV und machte Furore auf Europas Binnenseen. Segellegenden wie Manfred Curry mit seiner „Mephisto" mischten kräftig mit in der J-Jollen-Szene. „Sie war wirklich ein Star in ihrer Zeit", meint Manfred Jacob, „und die Magazine waren stets voll von Berichten über ihre Siege."


Daten der Fram: Baujahr 1924 bei Hermann in Hannover, Schwesterschiff der Mephisto. L 6,1 m, B 1,7 m, vermessene Segelfläche 22 qm. Masthöhe 6,2 m, Steilgaffel 4,6 m, Gesamthöhe des Riggs über 8 m, Baum 3,2 m, Verdrängung 350 kg, Tiefgang 1,1 m. - Von dieser Konstruktionsklassenjolle wurden ca. 550 Boote gebaut, heute existieren noch etwa 100, davon regattafähig 25.


Als die 20-Quadratmeter-Klasse ins Leben gerufen wurde und die H-Jolle in Mode kam, verblasste der Glanz ein wenig und begann erst wieder aufzuflackern, als sich die Nationalsozialisten der Jolle noch einmal annahmen und sie in manches Rennen schickten. „Sie war der FD der Vorkriegszeit und die anspruchsvollste Klasse in Europa."

Ablöser FD
Der Flying Dutchman war es dann ja auch, der nach dem Krieg die J-Jolle ablöste. Leichter, einfacher in der Bauweise und billiger in der Anschaffung war der FD, zudem mit der neuen Trapeztechnik ausgerüstet, annähernd so schnell wie die 22-Quadratmeter-Klasse. Für Manfred Jacob ist die J-Jolle, die eigentlich wie i gesprochen wird, ein echtes High-light in der Jollengeschichte.
„Seit langem schon beschäftige ich mich mit der Klasse. Meine ,Fram' habe ich vor gut zehn Jahren restauriert und über l .000 Stunden dafür aufgebracht." Neben einigen Planken mussten am Rumpf 30 Spanten erneuert, Tausende von Kupfemieten nachgeschlagen und verpfropft werden, die Nähte zwischen den Planken aufgefräst und geleistet werden, bevor der Rumpf nach wochenlangen Schleifarbeiten endlich versiegelt werden konnte. Das Deck wurde komplett ausgetauscht, ebenso das Rigg. Der Physiker und EDV-Experte hat eigens für die Berechnung des Riggs ein eigenes Programm geschrieben.

Hightech
Seitdem ihn 1979 die Leidenschaft für dieses Boot gepackt hat, ist die „Fram" seine dritte J-Jolle, und die hat er, wie er sagt, kompromisslos auf Speed restauriert und sich dabei auch modernster Technik bedient. „Was in einer Konstruktionsklasse eben erlaubt ist, das habe ich umgesetzt. Ich wollte sie so wieder herstellen, dass sie das Geschwindigkeitspotenzial der restaurierten Schiffe erreicht, wie sie heute zum Beispiel am Bodensee gesegelt werden." Dreieinhalb Jahre war Manfred Jacob mit dem Projekt beschäftigt und hat dabei viel Know-how entwickelt. Neben einem optimalen Rigg kann er von der Pinne aus Feineinstellungen an den Backstagen vornehmen, den Baumniederholer oder den Traveller bedienen und natürlich den Trimm von Mast und Gaffel vornehmen. Doch das Geschwindigkeitsmoment Nummer eins liegt seit jeher in der übertakelten Segelfläche. Mit 22 Quadratmetern liegt die Klasse gute sieben Quadratmeter über der Fläche einer H-Jolle - bei fast gleicher Länge. Sie allein zu segeln ist daher nicht möglich, zu gering ist die aufrichtende Kraft nur einer Person. Die J-Jolle ist eine Dreimannjolle für eine erfahrene Crew mit Erfolgschancen besonders in schwachen Winden.
„Eine Windstärke und weniger sind für uns in einer Regatta optimal, dann stehen die anderen schon fast, aber wir segeln noch."
Natürlich gewinnt die „Fram" auch bei mehr Wind - wie zum Beispiel die bekannteste Regatta der Klasse, auf dem internationalen J-Jollen-Treffen in Konstanz. Bereits einmal hat Manfred Jacob sie schon gewonnen. Aber auch hoch im Norden hat er abgeräumt: Zweimal schnellstes Schiff im Magistratspreis der Stadt Wedel, an dem auch Stare und Solings teilnehmen. Und - darauf ist er natürlich besonders stolz - er hat den Restaurationspreis des deutschen Boots- und Schiffbauerverbandes bekommen.
Die Crew hat Blankenese schon längst passiert und kramt auf der Rückseite vom Hanskalbsand vorm Wind den Spi raus. Sie sind zufrieden mit den ersten Schlägen im neuen Jahr, für sie ist die Regattasaison eröffnet. Die „Fram" wird vermutlich wieder viele Preise kassieren.

J-Jollen Euro: 7.-9. August 2002


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