"Fiance" - "Oui-oui" - "Lilie" - "Greif" - "Jeni" - "Goa"
Yachten der Int. 5 m Klasse

Text: Hella Peperkorn, Fotos: Eigner


„Fiance“

Manchmal sind Segler auch Jäger, im wahrsten Sinn des Wortes... Dieser Zufall verhalf Peter Schleicher auf die Spur des Yachtbauers, der 1940 seine „Fiance“ nach Zeichnungen von Knud Reimers auflegte. Lange hatte der segelbegeisterte Süddeutsche nach der Historie seines Schiffes gefahndet, um schließlich fest zu stellen, dass der dänische Yachtbauer quasi direkt neben dem gepachteten Jagdrevier auf Fünen seine Werkstatt gehabt hat. A. C. Christensen aus Gerskov hatte allerdings nur zwei Segelyachten gebaut – ansonsten war er eher für robuste Fischerboote bekannt...

Stapellauf

Zur wechselhaften Geschichte der „Fiance“ gehört auch, dass sie während des Weltkrieges als schneller Segler für Waffenschmuggel der dänischen Untergrundbewegung genutzt wurde. Ihre Schnelligkeit konnte sie anschließend bei zahlreichen Regatten ebenfalls unter Beweis stellen. Heute erlebt sie auf dem süddeutschen Steinberger See einen zweiten Frühling, denn Peter Schleicher hat den Fünfer ebenso liebevoll wie aufwendig über mehrere Jahre restauriert.

Bj: 1940, DK
Konstrukteur: Knud Reimers
Werft: A.C. Christensen, Fünen
Länge: 9,20 m
Breite: 1,80 m
Tiefgang: 1,10 m
Deplacement: 2 to
SA: ca. 23 qm
Nr: D 3

„Oui-Oui“

Eine Zufallsbekanntschaft, die vielleicht genau so geschehen sollte, so könnte ich selbst meine erste Begegnung mit der „Oui-Oui“ beschreiben. Wir kamen mit der „Piraya“ von der schwedischen Westküste über Anholt ins gemütliche Ebeltoft, als mich abends ein Anruf aus der Fassung brachte: Hella, melde dich sofort, dein Schiff ist verkauft! Schweren Herzens hatte ich mich vernünftigerweise (!) entschlossen meine kleine GFK-Fahrtenyacht „Myway“ zu verkaufen, denn zwei Schiffe braucht man ja eigentlich nicht. Aber der Entschluss ist eine Sache, der Verkauf eine andere, so wanderte ich traurig spät abends und allein durch den alten Hafen und da lag sie: schmal, schön und weiß schimmernd im sommerlichen Restlicht. Mein Verhängnis war dann das unscheinbare Mini-Schild „Til salg“... Auf unserem Weg zurück nach Kiel begleitete sie uns eigentlich schon (viele Diskussionen: zwei Holzschiffe, doppelte Arbeit, doppelte Kosten, doppelter Spaß...) und mit Vernunft hat ein solcher Kauf ja ohnehin rein gar nix zu tun. Per Auto gleich zurück nach Ebeltoft und Probesegeln (wie „durch Butter“ -), die Entscheidung fiel nicht schwer. Leider gings wegen des beständigen, harten SW dann doch nicht auf eigenem Kiel nach Kiel, doch jetzt liegt sie wohlbehalten an der Förde und wartet auf die vielen (!) anstehenden Arbeiten. Wie die Berliner „Greif“ hat auch die „Oui-Oui“ keinerlei Aufbau und war in den 40er und 50er Jahren als „Spind“ eine der bekannten und schnellsten Yachten ihrer Klasse, woran sich Börge Börresen, Bruder des Yachtbauers Albert Börresen, in einem Brief, den ich liebenswürdiger weise gerade von ihm erhalten habe, noch gut erinnern kann.



Bj: 1943, Dänemark
Konstrukteur: Tord Sunden, Göteborg
Werft: Albert Börresen, Vejle
Länge: 9 m
Breite: 1,90 m
Tiefgang: 1,20 m
Deplacement: 1,7 to
SA:22,50 qm
Nr: D 10


„Lilie“

Es war die berühmte „Liebe auf den ersten Blick“ – Peter Potthoff entdeckte seinen Fünfer beim Besuch in Hamburg. Zusammen mit Segelfreund und späterem Miteigner Kiki Goecke war er gerade in Finkenwerder festgemacht, als der junge Bootsbauer Matthias „Zewa“ Glimm mit der „Lilie“ einlief und bei ihnen längsseits ging. Der Fünfer war zu diesem Zeitpunkt von Grund auf restauriert und hatte sogar eine völlig neue Außenhaut aus formverleimtem Sperrholz bekommen (vgl. Artikel in „Segeln“, 1/89) „Wir sind natürlich gleich umgestiegen und haben das Schiff bewundert. Nach einigen Bieren verstieg sich Zewa zu der Aussage: „Wenn Ihr mir soundssoviel DM gebt, nehme ich nur noch die Kassetten mit und das Schiff gehört Euch.“ Bis zum nächsten Morgen – Kiki und ich hatten in Gedanken schon unsere Jollen verkauft, Sparkonten geplündert, Omas angepumpt, etc. - hatte er sich das wohl noch einmal überlegt...“, erinnert sich Potthoff.

Doch auch Segler treffen sich mindestens zwei mal im Leben und im Juni 1995 war es soweit: Mit einem altersschwachen Pritschenwagen und einem geliehenen Drachen-Trailer machten sich die Binnenländer auf den Weg zur Schlei. Zewa und Silke hatten einen letzten Urlaub mit dem Schiff auf der Ostsee verbracht. Die Lilie war schnell ausgekrant und los ging es zum neuen Revier in Westfalen. Seitdem schwimmt die Lilie im Möhnesee. Die Eignergemeinschaft mit Kiki ist nach drei Jahren beendet worden, seitdem wird die „Lilie“ Einhand oder. mit der Familie (Katharina, Paul (4), Till (1)) gesegelt.

Bj: 1943, Dänemark
Konstrukteur: Tord Sunden, Göteborg
Werft: Georg Andersen, Horsens
Länge: 9 m
Breite: 1,90 m
Tiefgang: 1,25 m
Deplacement: 2 to
SA:22,50 qm
Nr: D 20 (jetzt G 20)

„Greif“

Manchmal braucht es viel Zeit und den Mut, ungeahnte Hindernisse oder Entfernungen zu überwinden, um an das erträumte Schiff zu kommen:
Der Berliner Segler Thomas Hellner bekam sein Schiff auf dem Seeweg – quer über den Atlantik direkt aus Brasilien! Hellner erzählt: „1949 kaufte mein Vater eines von 6 aus Stockholm exportierten 5mR Yachten in Rio de Janeiro. Die Boote sollten zusammen bleiben, um gemeinsam Regatta segeln zu können. So kamen die Boote S52 Sjömey, S81 Vinga, S47 Fri von Tord Sunden, S77 Sjutusa von Arvid Laurien (das einzige außer dem „ Greif“ noch existierende Boot), S70 Monique und S71 Ma petite von Knud H. Reimers nach Sao Paulo auf den Stausee Billings, der größer als der Scharmützelsee ist.
In dem selben Jahr wurde ich in Sao Paulo, Brasilien, geboren.
Unser Familienleben war durch das Segeln mit dem „Greif“, ex “Ma petite“ geprägt. Fast jedes Wochenende segelte unsere Familie entweder 5mR Regatten oder unternahm lange Picknick Törns in die verschiedenen Arme des wunderschönen Stausees . Ebenso schön waren die vielen unvergesslichen Feste, die mit viel Caipirinha und Feijoada (brasilianischer Bohneneintopf) - meist nach den Preisverteilungen der Regatten - ausgiebig gefeiert wurden. Nicht zu vergessen sind die vielen Arbeitsstunden, die zur Erhaltung unseres schönen Bootes beitrugen. Meine 4 Geschwister und ich wurden von Anfang an in das Leben mit dem „Greif“ einbezogen, lernten segeln wie das Laufen und Sprechen. Für mich als kleiner Junge war dies eine sehr intensive und erlebnisreiche Zeit. Der „Greif“ prägt bis heute mein Leben.
Gründer und Mitinitiator dieser vielen Treffen waren Lennart und Allie Svedelius, ein schwedisches Ehepaar, welches zu dieser Zeit in Brasilien lebte (50 Jahre später sollte ich sie in Schweden wieder treffen...).“

"Greif" in Brasilien

Die Segelzeit mit der „Greif“ endete für Hellner mit seinem Umzug 1974 nach Berlin. Doch die Sehnsucht nach dem „Greif“ zog mit. Zwar segelte die Familie bis 1987 das Boot, doch dann konnten die Eltern nicht weiter segeln und die „einzigartige Idee meiner Mutter“ nahm Gestalt an... Was Hellner zu Anfang nicht so recht glauben konnte, wurde Wirklichkeit: Am 1.Juli 1988 kam der „Greif“ mit einem Tieflader in einem 40 Fuß Container zur Drachenwerft von Peter Krüger in Berlin/Heiligensee an - nach einer Übersee-Verschiffung von Santos nach Hamburg mit dem Containerschiff der Hamburg Süd Amerikanischen Dampfschifffahrtsgesellschaft „Copacabana“. „Es war eine überwältigende Freude, meine „Kinderwiege“ mit dem Geruch der alten Baumwollsegel von Hortengreen und Ratsey and Lapton aus den Fünfzigern, getränkt mit dem gewohnten Dreckwasser aus Sao Paulo zu schnuppern. Die Bilge duftete nach dem Altöl des alten Chrysler- Windsors meines Vaters, das er zur Konservierung dort hinein goss. Für mich war ein Stück Heimat und Kindheit in Berlin angekommen!“

Doch dabei ließ es der Berliner nicht bewenden. Das Ehepaar Hellner wollte mit ihrer „Greif“ zurück zu den Ursprüngen des Bootes: Nach Schweden. Im vergangenen Sommer wurde auch dieser Traum mit der Einladung zur Sandhamn Regatta 2004 Realität. Nach guter Planung und mit geliehenem Trailer fuhren sie zusammen mit Freunden nach Stockholm. „Dort wurden wir sehr herzlich von Hans Fungdal, dem Klassenobmann der 5mR Yachten in Schweden, empfangen. Er hatte sich mit viel Mühe um unsere Unterkunft, das Kranen und Maststellen sowie einem Teilschlepp mit seinem Motorboot nach Sandhamn zum Königlich Schwedischen Segelclub (KSSS) gekümmert. Auch für unseren Aufenthalt während der Regatta hatte er für eine sehr gute Betreuung gesorgt“, erinnert sich Hellner.
An dieser Regatta nahmen insgesamt 170 Boote aus mehreren Ländern teil. Aus der Klasse der 5mR Yachten hatten sich mit der „Greif“ immerhin10 Boote gemeldet. An vier Tagen wurden mehrere Regatten gesegelt. Gewertet wurde innerhalb der verschiedenen Bootsklassen. „Nachdem wir bei starkem Wind unseren 60 qm Spinnaker von 1962 zerrissen hatten, bekamen wir sofort einen anderen geliehen!“ erzählt der Berliner, angetan von der „sehr feinen, sportlichen und unkomplizierten Art der Schweden. Hans Fungdal hatte dann zum Abschied noch eine besondere Überraschung für seine deutschen Gäste: die Kopien der originalen Messbriefe aus dem See-und Schifffahrtsmuseum in Stockholm vom „Greif“.

Bj: 1943, Stockholm, Schweden
Konstrukteur: Knud Reimers
Länge: 9,20 m
Breite: 1,80 m
Tiefgang: 1,10 m
Deplacement: ca 1900 kg
SA: 23 qm
Nr.: BRA 1

„Jeni“

„Danmarks smukkeste 5-Meter?“ fragte das „Sejlerbladet“ 1945, da wartete die „Jeni“ noch auf ihren Stapellauf. Gezeichnet und gebaut wurde das smukke Boot vom Folkebootbauer Knud Olsen in Praestö für den Direktor des dortigen Holzlagertransportgeschäftes H.F. Tolderlund. Der Probeschlag auf dem Roskildefjord im frischem Novemberwind 2001 überzeugte Ina und Ernst Ehlert sofort: Wenn ein Boot in dieser Größenordnung, dann die „Jeni“. Beide segeln gern kleine Touren in Küstennähe, für die Gemütlichkeit und gegen die Seekrankheit und so kann man dem Dreiergespann an schönen Sommerwochenenden auf ihrer Tour durch die Flensburger Förde in den Alsensund bis zur Dyvig-Bucht begegnen. Ihre Seetüchtigkeit stellte die „Jeni“ jedoch gleich auf dem Überführungstörn von Kolding nach Flensburg bei 5 Windstärken gegenan unter Beweis. „Richtig trocken wurden wir erst einige Zeit nach unserer Ankunft“, erinnert sich ihr Eigner, aber „wenn man mit dem Paddelboort über den Atlantik kommt, dann müsste man es auch mit der „Jeni“ schaffen“, ist er überzeugt. Die „Jeni“ hat heute keine großen Regattaambitionen mehr, segelt mit einem Folkeboot-Holzmast, das Groß stammt vom H-Boot und die Genua vom Drachen. Insgesamt entspricht die Segelgarderobe aber in etwa der Originalbesegelung.

Bj: 1945, Dänemark
Konstrukteur: Knud Olsen
Länge: 8,50 m
Breite: 1,80 m
Tiefgang: 1,10 m
Deplacement: ca 1535 kg
SA: 22 qm
Nr.: D 23

„Goa“

„Wir sind als High-Tech-Oldtimer verschrien“, sagt Otto Metzner und kann sein Schmunzeln nicht verbergen. Seine „Goa“ ist so steif wie nie zuvor, so schnell wie noch nie in ihrem Segelleben und bislang ganz sicher auch noch niemals so topfit ausgerüstet gewesen. Die Berliner Segler auf den schnellen Drachen oder H-Booten mussten sich in den vergangenen Segelsaisonen warm anziehen, wenn die gut trainierte Crew auf der beinahe vollständig neu aufgebauten „Goa“ mit ihren 33 qm Segelfläche am Wind (Lacustre-Rigg) oder dem 65 qm Spi an ihnen vorbei rauschte. „Vor allem auf Vorwind, halben und Raumschotkursen sind wir kaum zu schlagen“, erzählt Metzner – nur auf der Kreuz, da „holen sie uns wieder“. Die „Goa“ beweist trotzdem ihre unter den hiesigen Fünfern wohl einzigartige Qualität, ist bei fast jeder erreichbaren Regatta dabei – und kommt oft genug als erste durchs Ziel!

Bj: 1946, DK
Konstrukteur: Knud Reimers
Werft: Thorsell & Co, Horsens
Länge: 9,43 m
Breite: 1,80 m
Tiefgang: 1,20 m
Deplacement: 1,8 to
SA: 33 qm
Nr: D 27 (jetzt G 1)



Fuenfer-Riss: "Jeni"

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