"Gamla" - Q 13

Text: Sebastian Gerlach


Um die Jahrhundertwende ärgerten sich viele Segler in Oslo darüber, daß ihren traditionellen Colin Archer-Typen die schlanken Hirsche aus England das weit überhängende Yachtheck zeigten. Spitzgatter wurden von der 1906 eingeführten R-Klassen-Vermessung benachteiligt. Wenn man schon nicht konkurrenzfähig sein konnte, so wollte man in Norwegen doch wenigstens mit Spitzgattern unter sich regattieren. 1903 gründete deshalb die Kongelige Norsk Sejlforening(KNS) in Oslo ein Komitee. Dieses arbeitete die Vermessungsbestimmungen für drei Spitzgatterklassen mit 80 m2 (Segelzeichen J), 60 m2 (Segelzeichen Q) und 40 m2 (Segelzeichen V).

Die Details wurden im Jahrbuch 1914 der KNS veröffentlicht. Für die Q-Klasse war die maximale Wasserlinienlänge 7,70m, die Mindestbreite 2,30m, der mindeste Tiefgang 1,25m, der Mindestfreibord 0,60m und die maximale Segelfläche 60 m2. Verdrängung und Konstruktion waren freigestellt, Wohnlichkeitsbestimmungen waren wie bei den R-Klassen.

60 m2 waren wohl etwas viel. 1920 wurde die maximale Segelfläche auf 50 m2 beschränkt. Seitdem wird die Klasse in Norwegen als „50 kvm Spidsgatter“ geführt, auch nachdem die tatsächliche Segelfläche später weiter verringert wurde.

Das erste Boot der neuen Klasse, RANDI, war von dem damals in Oslo lebenden deutschen Graveur und Yachtkonstrukteur W.Schulze gezeichnet worden und wurde 1915 von der Kolbjörnsvik-Bootswerft auf der Insel Hisoy bei Arendal gebaut. 1916 kamen weitere vier Boote dieser Klasse hinzu, darunter DANDY II, die jetzige GAMLA, ebenfalls eine Schulze-Konstruktion und auf der Kolbjörnsvik-Baatbyggeri gebaut (Baunummer 160). Der Eigner Ole Simonson aus Oslo holte damit 1916 bei sieben Regatten fünf erste Preise. Die KUER waren in den zwanziger Jahren eine beliebte Regattaklasse, bis 1923 wurden 25 Boote gebaut.

Regattaufnahme 1916: Dandy II ganz vorn, Randi an dritter Position
1919 wird als Eigner von DANDY II im Jahrbuch der Kongelige Norsk Sejlforening M.Sunstadt aus Oslo genannt, 1921 Reidar Kroog aus Oslo. 1920 wird erstmalig als Segelnummer Q 13 genannt (mit der Numerierung nahm man es damals nicht so genau). 1921 fand ein Namenswechsel statt: HELIO. Weitere Eigner waren 1931/32 R. Gundersen aus Oslo und für die Jahre 1933 bis 38 W.Knudsen aus Blommerholm. 1951 wechselte Q13 noch einmal den Namen in HEIRA II und wurde bis 1959 von Sam Naalsund aus Holmenkollen gesegelt. Für die Nutzung als Tourenschiff war die Segelfläche inzwischen auf 36 m2 reduziert worden, den ursprünglich vorhandenen kurzen Bugspriet gab es nicht mehr, auch der Baum ragte nicht mehr achtern über das Heck.

1958 verzeichnete das Jahrbuch der KNS außer Q13 noch sechs weitere Boote der Q-Klasse: Q2 SPROYT, Q4 MIREILLE, Q7 ELIN, Q15 ULLA, Q22 WIRO und Q26 SIG. 1974 vermuteten Tore Thjomöe und Georg Jensen in einem Aufsatz „Det var en gang - 60 kvm spidsgatter - sejlmerke Q“ (Sejlsport, Oslo, 1974/14, S.25-26), daß inzwischen nun wohl alle Boote dieser Klasse abgewrackt seien, als Mitternachts-Brennmaterial gedient hätten oder am Meeresgrund lägen. Das stimmt aber nicht, denn Q13 GAMLA schwimmt noch.

Zusammen mit meinem verstorbenen Freund Helmut Töbing kaufte ich das Schiff 1960 in Oslo für nkr. 9750,- von Sam Naalsund, Direktor bei Oscar Aalborg Sjöassurance. Den Schiffsnamen änderten wir in GAMLA. 1960 bis 65 segelte GAMLA unter dem Stander des Kieler Yacht Clubs, 1966 bis 83 beim Weser Yacht Club Bremerhaven, seitdem bei der Wassersport-Vereinigung Mönkeberg. In den Jahren 1966 bis 69 und 1978 bis 81 erneuerte Bootsbauer Erich Witt aus Bremerhaven die Bodenwrangen, viele Spanten und Planken, Deck und Kajütseiten. 1966 wurde der 3,5 PS Frederikstadt-Motor gegen einen Volvo Penta MD I ausgetauscht. Der Mast wurde durch einen hochgetakelten etwas kürzeren ersetzt, die Backstagen verschwanden.

Das Schiff ist heute also nicht mehr original. Aber es hat uns in 30 Jahren treu gedient und auf den vielen Urlaubs- und Wochenendreisen so viel Meilen abgeritten, daß eine Erdumrundung dabei herauskommt (21600 sm). Einmal gab es auch noch einen Regattaerfolg. Bei der Seeregatta Kiel - Eckernförde 1961 holte GAMLA sich den ersten Preis in der 6,5 KR-Gruppe, gegen die Konkurrenz der Marine- Boote, zwar mit Hilfe der damals noch günstigen Altersvergütung, aber dafür mit dem Handikap folgender Besatzung: ein Dackel, unsere damals einjährige Tochter Cornelia, zwei Frauen und die beiden Eigner.

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