|
|
|
PFLEGE & RESTAURIERUNG Projekt "Lill" - Folge 3 Nachdem unsere "Lill" uns 2015 schon so einige schöne Segelstunden und die Teilnahme am "Rendevouz der Klassiker" mit Regatta von Schleimünde zum britischen Yachtclub nach Kiel mit fast trockenem Rumpf beschert hatte, sollte sich nun im Winter 15/16 (bis auf ein gerissenen Plankenstoß unter der Pantry) ausschließlich um ihr Make Up gekümmert werden.
Nach dem Abziehen wurden die größeren Mahagoni Flächen mit Schwingschleifer und Schleifgitter von Mirka in der Körnung 80, 120, 180, und 240er geschliffen. Alles andere von Hand mit oder ohne Schleifklotz in der gleichen Reihenfolge. Der Mast hatte im Frühjahr 2015 nur 5 Schichten D2 bekommen und ist somit vor dem Einlagern unter dem Dachüberhang noch einmal komplett von allen Beschlägen befreit worden. Denn er sollte im Frühjahr 2016 noch mind. 2 Schichten mehr bekommen. Beim Betrachten der Kiste mit den ganzen angelaufenen, teils überlackierten Beschlägen fiel mir der alte ausrangierte kleine Motor eines Filmschneidetisches ein. Ich fand ihn geeignet, um mir eines der Lieblingswerkzeuge von Restauratoren zu bauen.
Es verging eigentlich kaum ein Abend, wo ich nicht ein oder zwei Std. an der Schwabbel Beschlägen zu ihrem alten Glanz verholfen habe. Der Chrom der Winschen war schon so defekt, dass ich ihn als Versuch mit Schleifvlies runter geholt habe. Bisher habe ich in dieser Saison schon 2x eine 1⁄2 Std. mit einem Stück Watte von Never Dull geopfert, um die Lufthutzen, den Deckel für den Heißstrop und die Winschen zu putzen. Ist wohl so ähnlich wie Meditieren. Auf jedem Fall einige „Eyecatcher“ im Blickfeld nach vorne.
Da für unsere Tochter noch das Vorschiff ihr Reich ist, wollte ich es dort vorne etwas heller machen. Die wunderschöne Luke mit ihrer Wellenterasse war ja mit ein Grund, sich für dieses Boot zu entscheiden. So wurde bei Toplicht in eine Linse mit Bronzering investiert. Um sie besser einzupassen, habe ich innen mit 5mm starken Leisten die Luke verstärkt.
Das Glas ist nach dem Lackieren mit 3mm Moosgummi eingesetzt. Lediglich der oberste Spalt zw. Bronzering und Glas ist mit einem klaren MS-Polymer verfugt. Dadurch kann in Zukunft das Glas leicht entfernt werden für Lackierungen etc.. Die alten Lukenverschlüsse sprangen gelegentlich von alleine auf und mussten somit aufwendig gesichert werden. Daraufhin habe ich auch noch in neue Messing-Verschlüsse in Form von alten Fensterriegeln investiert. Der Komfort und vor allem der Lichtgewinn ist erheblich. Das nachfolgende Bild ist bei Regenwetter ohne Blitzlicht aufgenommen. Die Reflexe im Lack vom Mast sind von den Seitenfenstern. Eine Problemstelle an "Lill" stellte noch der nicht originale Beschlag für die Umlenkrollen am Mastfuß dar. Da der Aufbau von Lill, im Gegensatz zu moderneren Folkes, an der Vorderkante nahezu senkrecht ist, hatte die Umlenkrolle des Baumniederholers Spuren in der Halbrundleiste am Kajütdach hinterlassen. Der Beschlag musste mind 25mm erhöht werden.
Die Holz-Verstärkung innen um das Mastloch unter dem Deck war aus Fichte und mit tiefen Senkungen versehen, um den Beschlag mit seinen zu kurzen Gewinden zu befestigen. Das habe ich durch Multiplex Sperrholz mit 5mm Mahagoni Beschichtung ersetzt. Die zu kurzen M10 Gewinde des Beschlages habe ich mit selbst gedrehten Buchsen mit innen M10 Gewindebohrungen aus alten M20 V4A Schrauben neu konstruiert und somit verlängert.
Auf der Bootfit in Bremen habe ich dann 4 Mahagoni-Holzblöcke entdeckt, welche mir für das Folkeboot nicht zu überdimensioniert vorkamen. Beim 2. Mal Auftauchen am Stand war der Verkäufer sichtlich froh, jemanden gefunden zu haben, der mit den Dingern noch was anfangen kann. So wechselten sie für kleines Geld den Besitzer. Zuhause wurden sie schnell zum Ölen & Lackieren zerlegt . Mit großer Freude stellte ich fest, dass sie sogar rollengelagert sind, was sich schon als sehr positiv beim Segeln bemerkbar machen konnte.
Bei einem Bierchen in Schleimünde mit unserem Freund und FKY-Kamerad Holger erwähnte ich, dass ich noch Umlenkrollen für das Kajütdach suchen würde. Vor dem Wintertreffen im Völkerkundemuseum hatte er dann tatsächlich noch welche bei sich gefunden. Leider waren einige Rollen nicht mehr rund. Der Versuch, als gelernter Feinmechaniker die Dinger zerstörungsfrei auseinander zu bekommen, misslang mir. So überlegte ich mir, die Teile aus Messing mit kugelgelagerten Rollen nachzubauen. Aus einer Eichenholzschablone presste ich mir am Schraubstock 2 identische Oberteile. Die nichtrostenden Kugellager im Netz bei Miniatur Kugellager.de bestellt und an der Drehbank die passenden POM Rollen gedreht. So ca. zum halben Preis nachgebaut. Sie passen so besser zum Rest auf dem Kajütdach. Mal sehen, wie lange sie halten. Bisher geht alles leicht und hält.
Beim Überholen des Ausbaumers und dem Großbaum ist mir aufgefallen, dass "Lill" bisher nur mit einem VA-Beschlag für die Großschot und einem für den Baumniederholer auskam. Auf den Fotos der einschlägigen FKY- Regatten werden aber teilweise für jedes 2 Beschläge verwendet. Kurz mal bei der Folkeboot-Zentrale im Shop geschaut, was der Beschlag denn dort kostet und mich dann für einen Selbstbau-Versuch für den Baum- Niederholer entschieden. 3mm starkes V4A Blech lag noch im Materialschrank in ausreichender Größe. Aus Pappe schnell eine Schablone hergestellt. Die Löcher übertragen und dann gebohrt. Am Schraubstock über ein passendes Stück Holz gebogen. Einen passenden Schäkel aus der MUS-Kiste geopfert für die Öse, welche ich dann angeschweißt habe.
Um die kleinen dänischen Positionslichter zu erhalten, musste ich mir neue Kunstoffgehäuseböden drehen. Mit einer Rändelschraube ist jetzt eine exakte Justierung zum Stecker möglich. Ich hoffe sie im kommenden Jahr mal zur "The Run" einsetzen zu können.
Der Rumpf außen wurde an den schadhaften Stellen bis zur Lärche ansonsten nur anständig angeschliffen. Durch die Reparaturen der vorigen zwei Winter ist der Wasserpass vor allem im vorderen Bereich deutlich verschoben. Im UW-Bereich wurden nur die 3cm starke neue Eichen- Kielsohle nach der ersten Saison im Wasser etwas nachgeputzt. Sie ragte durch das Quellen auf jeder Seite ca. 2mm über den Ballast heraus. An den Kielbolzenmuttern oben, an den Wrangen und an der Teerfilzlage zw. Kielplanke und Ballast ist kein zu starkes Quetschen oder Ziehen an den Bolzen zu erkennen. Alle Bolzenmuttern ließen sich noch ohne zu großer Gewalt fester ziehen. Da das Boot erfreulicherweise innen so gut wie trocken ist, sind wohl auch die Eiche-Wrangen in ihrer Form nicht nennenswert verändert. Ich habe dem Rumpf im Herbst innen im UW-Bereich mind. eine 2,5L Dose D1 von Owatrol gegönnt. Das will ich auch jedes Jahr so weiter handhaben.
Nach dem Schleifen folgte dann eine Grundreinigung, um mit dem Beizen des Mahagonis zu beginnen. Ich hatte mit 3 verschiedenen Nitrobeizen von Zweihorn, welche auch untereinander mischbar sind, im Vorwege Versuche machen können. Es empfiehlt sich, die Versuche auch mit dem nachher zu verwendenden Lack mind. 2-3x zu streichen. Nur dann kann man die Farbe und Leuchtkraft wirklich beurteilen, ob es dem Geschmack entspricht.
Nach dem Beizen folgte das Ölen mit D1. Einen kompletten Tag mit 5 und einen halben Tag mit 2 Aufträgen. Dann zog das Mahagoni nicht mehr. Für die ersten Schichten Epifanis haben wir mind. eine Woche gewartet. Zur Zeit haben wir nur 4 Schichten Lack mit einem Zwischenschliff von Hand drauf geschafft. Das ist natürlich noch zu wenig. Es kommt ja wieder eine Wintersaison. Die Teile wie Luken, Spieren, etc. konnten im Keller mit mehr Schichten und Zwischenschleifen versehen werden.
Die schönste Arbeit ist dann ja das Montieren der Beschläge. Gut wenn dann noch jemand hilft, um die Freude an den schönen Dingen teilen zu können und diese auch in Fotos festhalten zu können.
Alle Beschläge werden von mir je nach dynamischer Belastung mit 2mm oder 3mm geschlossenporigem Moosgummi unterfüttert. Dadurch entfällt die Schmiererei mit Klebern, und die Demontage zum Lackieren oder auch nur zum Prüfen geht schnell und ohne Zerstörung vonstatten. Zu beziehen mit oder ohne selbstklebender Beschichtung bei Harry Wegener in Hamburg.
Beinahe hätte ich ja noch vergessen die Reparatur der gebrochenen Dopplung des Bb-Plankenstoßes im Küchenbereich zu erwähnen. Die Nieten wurden vorsichtig entfernt und aus schöner neuer Lärche ein passendes Stück angefertigt, dann an einem Morgen mit meinem Freund und Bootsbaumeister Jan in 10 Minuten mit Kupfer eingenietet.
Am zweiten Wochenende nach Ostern war Kranen bei Henningsen & Steckmest. Wir konnten so dann tolle erste Segeltage Anfang Mai genießen. Z.B. im leeren Hafen von Schleimünde.
PS: Sollten Fragen entstanden sein, kann gerne Kontakt mit mir aufgenommen werden unter: lutz.detlef@t-online.de Folge 1 lesen Sie HIER Folge 2 lesen Sie HIER |
|||
|